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Nur für Nachtsportler: Ohne Sommerzeit hätten die Athleten bei der Leichtathletik-EM in Berlin im Dunkeln laufen müssen.

© Sven Hoppe/dpa

EU-Abstimmung zur Zeitumstellung: Warum dem Sport die Sommerzeit so lieb ist

Die EU-Umfrage zur Zeitumstellung ist beendet. Der Deutsche Olympische Sportbund befürchtet Probleme für den Fall, dass die Sommerzeit abgeschafft wird.

In der Hitze des Sommers ist einem so gar nicht nach Streiten zumute. Die Politik hat es dennoch mal wieder geschafft und einen Dauerbrenner auf den Plan gebracht: Die Zeitumstellung provoziert alljährlich Ärger, und nun könnte vielleicht endlich eine Lösung her. Abschaffen, ändern, beibehalten? Diesmal ist die Diskussion auch im Sport angekommen. Die EU-Kommission hat ihre Bürger, Mitgliedsstaaten und Interessenträger aufgefordert, sich bis Ende der laufenden Woche zum Sachverhalt zu äußern. Geht es nach dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), darf gern alles bleiben, wie es ist – oder es soll dauerhaft Sommer sein.

Der DOSB hat seine Argumente pro Sommerzeit dieser Tage in einem Positionspapier veröffentlicht. Kurz gefasst lässt sich sagen: Die Winterzeit tut dem Sport nicht gut. Vor allem dem Nachwuchs- und Breitensport. In den Hallen lässt sich zwar auch ohne Tageslicht trainieren. Aber im Sommer hüpft und springt und läuft es sich eben am besten an der frischen Luft. Und wenn die Sonne dazu fehlt, fehlt auch die Lust. Eine Stunde früher würde es dunkel, wenn die Winterzeit Standard würde. Für den DOSB macht diese Stunde schon den Unterschied, denn sie raube dem Sport Trainingszeiten und Leistungspotenziale.

Auf eine Stunde kommt es nicht an

Ist das wirklich so? Nachgefragt beim Berliner Hockey-Club. 1440 Mitglieder hat in 40 Mannschaften hat der Verein, von den Kleinkindern bis zur Bundesliga. „Die laufen uns wahrscheinlich nicht davon“, sagt BHC-Geschäftsführer Patrik Schnauck. Die Schüler haben ohnehin die frühen Trainingszeiten. Nach der Ganztagsschule trainieren sie von 16 bis 19 Uhr. Das sei bei den meisten Berliner Vereinen so, sagt Schnauck, weil die Jungen und Mädchen ja erst nach der Schule zum Training können. Auf eine Stunde kommt es da kaum an.

Den Erwachsenen sei es egal, sagt Schnauck. Training sei Training: Wer feste Zeiten hat und im Spielbetrieb sportliche Ziele, den kümmern Wetter und Lichtverhältnisse wenig. „Spät trainieren bei uns die Bundesligateams, und die trainieren sowieso“, sagt Schnauck. Für die sind die Zeiten durch den Lärmschutz und die Arbeit der Platzwarte sowieso begrenzt. In der Woche ist um 22 Uhr Schluss. Und wenn es früher dunkel wird, geht das Flutlicht an, drei Trainingsplätze sind beim BHC damit ausgestattet. Dadurch fallen für die Vereinsmitglieder keine zusätzlichen Kosten an, selbst wenn in der Winterzeit eine Stunde früher angeknipst wird. Weil der Verein öffentliche Plätze nutzt, ist das Bezirksamt zuständig. Das geht den meisten Berliner Vereinen so, sagt Schnauck.

So viel zu den sportlichen Parametern. Anders sieht es schon mit dem Vereinsleben aus. Beim Berliner HC fürchten sie, dass die Dunkelheit sich auf das Soziale und die Vereinskasse auswirken – etwa in Sachen Gastronomie. „Normalerweise ist es so: Die Eltern holen die Kinder vom Training ab, sie essen hier, gehen noch mal auf den Spielplatz“, sagt Schnauck. Bis abends um halb zehn ist es im Sommer hell. „Wenn es früher dunkel wird, gehen die Familien auch eher nach Hause.“ Für das Miteinander, was das organisierte Vereinsleben ja oft ausmacht und vom reinen Sporttreiben unterscheidet, wäre eine Weiterführung der Sommerzeit also wünschenswert.

Vereine klagen über Mangel an Sportstätten

Sonst hält man eine mögliche Änderung bei den Hockeyspielern für weit weniger schlimm als vom DOSB dargestellt. Sorgen bereiten den Berlinern andere Umstände: Die Sportlandschaft wächst nicht mit der Stadt. Es fehlt an Hallen und Plätzen. „Berlin investiert zwar in Bewegungsflächen“, sagt Patrik Schnauck. „Aber das ist nichts, was den Vereinen hilft. Wir brauchen halt ein Hockeyfeld mit Toren.“

Dem Sportentwicklungsbericht, den der DOSB zitiert, zufolge klagt ein Drittel der deutschen Vereine über einen Mangel an Sportstätten. Der Landessportbund Berlin (LSB) schätzt das Problem ähnlich ein. 660 000 Berliner sind in Vereinen organisiert. „Die Plätze in der Stadt sind voll ausgelastet“, sagt LSB-Präsident Klaus Böger. „Es sind zu wenige. Manche sind durch die intensive Nutzung dazu in sehr schlechtem Zustand.“ Zeitumstellung hin oder her: Was nützen einem in der Dunkelheit 1000 Plätze mit Flutlicht, wenn die Glühbirnen durchgebrannt sind? Hier gilt es laut Böger erst einmal zu investieren. „Wo Schulen gebaut werden, müssen auch Sportplätze hin“, sagt der LSB-Präsident. Er ist froh, dass die Politik den Landessportbund bei neuen Planungen mit einbezieht. Aber das reiche eben nicht, wenn vorhandene Anlagen verfallen, sagt er. „Das ist das echte Problem.“

Grundsätzlich teile man beim Landessportbund die Position des Deutschen Olympischen Sport-Bunds, sagt Klaus Böger. Aus Berliner Sicht muss er aber sagen: „An der Frage der Sommerzeit wird sich die Zukunft des organisierten Sports nicht entscheiden.“

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