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© Imago

Eurocup: Betrug per Trikottausch

Es geht um Betrug, Lügen, gefälschte Identitäten, herausgeworfene und jahrelang gesperrte Trainer und Spieler. Es geht um Alba Berlins heutigen Gegner: Galatasaray Istanbul steckt im Chaos.

Berlin - Galatasaray Istanbul ist vor dem Eurocup-Spiel in Berlin (18.30 Uhr, Arena am Ostbahnhof) in einen riesigen Skandal um seinen Center Cemal Nalga verwickelt, der in der Saisonvorbereitung nach einer Tätlichkeit für fünf Spiele gesperrt wurde – und in Testspielen bei den Frankfurt Skyliners und in Ludwigsburg dennoch auflief. Allerdings nicht in seinem Trikot mit der Nummer 15, sondern in dem mit der Nummer 7 seines verletzten Teamkollegen Tufan Ersöz.

Es dauerte zwei Monate, ehe das Täuschungsmanöver publik wurde. Als Nalga im ersten Punktspiel der türkischen Liga gegen Oyak Bursa auflief, legte der Kontrahent Einspruch ein, weil Nalga die Sperre noch nicht abgesessen habe. Doch Galatasaray konnte den türkischen Verband glauben machen, alles sei ordnungsgemäß abgelaufen – der Protest wurde abgelehnt. Erst als Fotos und Videos auftauchten, die Nalga im Trikot mit der Nummer sieben zeigten, brach das Lügen-Konstrukt zusammen. Galatasaray entließ die beteiligten Trainer und Geschäftsführer, vor zwei Wochen sprach der türkische Verband drastische Strafen aus: zwei Jahre Sperre für Nalga, drei Jahre für Cheftrainer Okan Cevik, vier Monate für Ersöz. Der Klub wurde aus dem Pokal ausgeschlossen, die ersten fünf Ligaspiele wurden als Niederlagen mit je 0:20 Punkten gewertet und Galatasaray mit minus fünf Punkten ans Tabellenende gesetzt. Nach der Heimniederlage am Sonnabend gegen Tofas Bursa hat Galatasaray neun Punkte Rückstand auf den Vorletzten. Der Klub hat Protest gegen die Strafe eingelegt.

„Wir haben die ganze Sache ein bisschen belächelt“, sagt Alba-Spielmacher Steffen Hamann über das Chaos beim Gegner, „die Liga ist bekannt für Tumulte.“ Alba-Trainer Luka Pavicevic spricht davon, dass „der Klub etwas erschüttert worden ist, aber sie haben eine starke Mannschaft“. Zweimal binnen acht Tagen treffen die bislang im Eurocup ungeschlagenen Berliner auf Galatasaray, es sind Schlüsselspiele auf dem Weg in die nächste Runde. Wozu Galatasaray fähig ist, zeigte das Team am Tag nach Bekanntgabe der Strafen, als es dank Center Radoslav Rancik, der 39 Punkte erzielte, Mariupol 96:82 schlug. Nach der 87:95-Niederlage vergangene Woche in Teramo erklärte der neue Trainer Cem Akdag: „Ich kenne das Team noch nicht sehr gut. Wir werden jetzt anfangen zu arbeiten.“

Das Statement ist auf der Eurocup-Homepage zu finden, wo im Teamporträt über Galatasaray der Skandal mit keinem Wort erwähnt wird. Der Text schließt mit den Worten: „Dieses Jahr wird Galatasaray auf allen Ebenen Erfolg anstreben dank hingebungsvoller Spieler, Manager und Fans, die Istanbul zu einem ganz besonderen Klub machen.“ Der gesperrte Cemal Nalga steht auf jener Eurocup-Homepage noch als Nummer 15 in Galatasarays Kader, als wäre nichts geschehen. Der 22-Jährige, der schon im türkischen Nationalteam zum Einsatz kam, erklärte im Fernsehsender „NTV Spor“, er habe die Anordnungen seiner Vorgesetzten ausführen müssen wie ein Soldat. „Das war schließlich mein Trainer und ich habe seinen Befehlen zu gehorchen, so wie im Militär die Anordnungen der Vorgesetzten absolute Gültigkeit haben.“

Es bleiben freilich Fragen: Wieso war es so wichtig, dass Nalga in den Testspielen zum Einsatz kam? Und wusste Frankfurts Trainer Murat Didin, Türke und vor zweieinhalb Jahren noch Coach bei Besiktas Istanbul, tatsächlich nicht, dass beim Gegner der 2,08 Meter große Center Nalga im Trikot des elf Zentimeter kleineren Aufbauspielers Ersöz steckte?

Helen Ruwald

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