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Nicht Real, nicht Barca – wir. Atletico Madrid gewann im letzten Jahr mit der Europa League als einzige spanische Mannschaft einen europäischen Titel. Der erneute Triumph wird indes schwer: Topvereine aus ganz Europa sind unter den 48 Mannschaften.

© picture alliance / dpa

Europa League: Der kleine Bruder wächst

Die Europa League steht traditionell im Schatten der finanz - und prestigeträchtigen Champions League. Doch in diesem Jahr nehmen mit dem FC Liverpool, Inter Mailand und Olympique Marseille internationale Spitzenvereine teil.

Zwei Neuigkeiten wurden unlängst vermeldet, die zur hiesig belächelten Europa League passen: Der Fernsehsender Kabel 1 strahlt statt wie bisher zwei, künftig lediglich eine Partie pro Spieltag mit deutscher Beteiligung aus. Und der VfB Stuttgart bleibt auf seinen Tickets für das erste Gruppenspiel gegen Steaua Bukarest sitzen – erst 10.000 Karten sind verkauft. Und trotzdem: Die Europa League fristet ihr Dasein als belangloser kleiner Bruder der großen Champions League zu unrecht. Denn attraktiver als in diesem Jahr war der Wettbewerb noch nie.

Allein 19 Mannschaften gehören zum Feld der 48 Teilnehmer, die in den letzten drei Jahren wenigstens einmal in der Champions League vertreten waren. Mit dem FC Liverpool, Inter Mailand und Olympique Marseille spielen sogar drei ehemalige Titelträger mit. Borussia Mönchengladbach beispielsweise trifft in Gruppe C auf eben Marseille und Fenerbahce Istanbul – und das liest sich kaum schlechter als die diesjährige Gruppe A der Champions League mit Paris Saint- Germain, dem FC Porto und den Dynamos aus Zagreb und Kiew. Nicht zu vergessen: Sobald die – für Zuschauer immer attraktivere – K.-o.-Phase beginnt, rutschen die nach den Gruppenspielen in der Champions League drittplatzierten Vereine ebenso in die Europa League. Wer sich also noch nicht für die ersten Spiele begeistern kann, sollte sich spätestens dann die hochklassigen Begegnungen nicht entgehen lassen. „Die Europa League ist inzwischen mehr als zweite Klasse“, sagt Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer von Bayer Leverkusen. Auch Leverkusen spielt in diesem Wettbewerb.

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Was Vermarktung und vor allem die Einnahmen anbelangt, ist der zweite europäische Vereinswettbewerb nicht mit der Champions League vergleichbar: 8,6 Millionen Euro haben Dortmund, Schalke und Bayern bereits als Antrittsprämie kassiert. Für den Titelgewinn gibt es in dieser Saison bis zu 60 Millionen Euro – ohne Zuschauereinnahmen. Doch in den letzten Jahren ist auch die Europa League für die teilnehmenden Vereine finanziell attraktiver geworden: Der Europäische Fußballverband (Uefa) schüttet in dieser Saison einen Rekordbetrag von mehr als 200 Millionen Euro aus, immerhin 1,3 Millionen gibt es als Startprämie. Und jenseits der Hochkaräter spielen immer auch Vereine in der Europa League, die ohnehin mit weniger Mitteln wirtschaften. So freute sich beispielsweise der letztjährige Viertelfinalist Hannover 96, unglücklich gegen den späteren Titelträger Atletico Madrid ausgeschieden, über einen Gewinn von drei bis fünf Millionen Euro.

Unerwarteter Geldregen durch Zuschauereinnahmen

Hannovers sieben Europa-League-Heimspiele waren nahezu ausverkauft, ebenso die des FC Schalke, des zweiten deutschen Vereins in der vorigen Saison. Die Vorverkäufe in Stuttgart und Leverkusen verlaufen bisher schleppend, die Lust der Fans auf den Wettbewerb hat immer auch mit Anspruchsdenken (Leverkusen sieht sich eigentlich als Champions-League-Teilnehmer) und der aktuellen Form des Teams (Stuttgart ist Tabellensechzehnter) zu tun. Bei Mönchengladbach ist der Gegentrend zu sehen: Nach 16 Jahren Europa-Abstinenz sind für das Heimspiel gegen Istanbul keine Tickets mehr zu bekommen, gegen Marseille nur noch wenige. Und selbst für die Partie gegen Zyperns Meister Limassol wurden bereits mehr als 30.000 Karten verkauft. In Hannover hat der freie Verkauf erst jetzt begonnen, doch Dauerkartenbesitzer und Vereinsmitglieder haben bereits je 26.500 Tickets für die Heimspiele erworben.

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Jedes Jahr gibt es in der Bundesliga Mannschaften, die sich am Saisonende unerwartet in der vorderen Tabellenregion wiederfinden; im vorigen Jahr Mönchengladbach als Vierter, zuvor Hannover und Mainz auf den Europa-League-Rängen. Für diese Vereine sind die Mehreinnahmen natürlich ein unerwarteter Geldregen, für die Spieler ist das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs ein Riesenerfolg. Die Geschichte der großen Europapokalnächte muss eben nicht immer im Bernabeu geschrieben werden.

Zudem gebührt der Europa League ein Dank: Durch das gute Abschneiden der deutschen Vereine in den vergangenen Jahren in diesem Wettbewerb konnte Deutschland in der Uefa-Fünfjahreswertung den vierten Startplatz in der Champions League ergattern. Denn trotz der finanziell vergleichsweise stiefmütterlichen Behandlung der Uefa gibt es in den europäischen Wettbewerben die gleiche Punktzahl für Sieg oder Unentschieden.

Vier Bundesligaklubs haben also in den nächsten Jahren die Chance auf das Geld aus der Champions League. „Wer sich dann über die Einnahmen aus der Europa League beschwert“, sagt Wolfgang Holzhäuser, „muss eben in der kommenden Saison besser spielen.“ Bis dahin erwarten Fußballfans hochklassige Partien. Bis zum 15. Mai, dem Finale der Europa League in Amsterdam.

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