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Björn Kircheisen am Boden. Seine Sportart hat auch so ihre Probleme.

© dpa

Existenzkampf: Lückenbüßer Nordische Kombination

Die Nordische Kombination ist im Winter nur Füllprogramm – und kämpft um ihre Existenz. Ein ähnliches Schicksal wie den Ringern droht der Sportart aber wohl nicht - vorerst zumindest.

Die billigsten WM-Tickets für die Langlauf-Wettbewerbe kosten im Fleimstal 13,50 Euro. Beim Skispringen ist man schon ab 9,75 Euro dabei. Nur bei der Nordischen Kombination darf man kostenlos zuschauen. Das ist eines von vielen deutlichen Anzeichen dafür, wie es um diese Sportart bestellt ist. Die Duathleten stehen bei den nordischen Disziplinen im Schatten der Skispringer und Langläufer, die eigentlich nur halb so viel können wie die Kombinierer. „Man merkt, dass wir als Lückenbüßer benutzt werden“, sagt Bundestrainer Hermann Weinbuch dem Tagesspiegel mit Blick auf den Weltverband und das mächtige Fernsehen: „Die Kombi wird reingeschoben, wo es eben passt.“ Das ist im Weltcup so, und das ist auch bei der Weltmeisterschaft nicht anders.

Am vergangenen Sonntag wurde ein Springen trotz irregulärer Bedingungen durchgezogen, weil laut Weltverbands-Spartenchef Lasse Ottesen kein Ausweichtermin vorgesehen war. „Man arbeitet zwei Jahre für diesen Wettkampf und dann soll man gute Miene zum bösen Spiel machen“, schimpft Weinbuch, der zweimal vergeblich bei der Jury interveniert hatte. Solche Wettkämpfe schädigen das angekratzte Image der Sportart weiter. Wie überhaupt viele Probleme der Kombinierer selbstverschuldet sind.

Während die Langläufer attraktive neue Wettkampfformate wie die Tour de Ski entwickelten, verzettelten sich die Kombinierer mit ihren Neuerfindungen – vom Massenstart bis zum Hurricane-Wettbewerb. Wegen der sinkenden Popularität wurde 2008 ein einheitliches Wettkampfformat von nur noch einem Sprung und einem Langlauf über zehn Kilometer eingeführt. „Die Einschaltquoten haben zwar seitdem eine gute Entwicklung genommen, aber manchmal ist das immer Gleiche ein bisschen langweilig“, findet Weinbuch.

Bei dieser WM wird deshalb am Samstag der Teamsprint getestet, der im Langlauf längst olympisch ist. Überhaupt bemüht sich Ottesen nach jahrelanger Stagnation um Verbesserungen, aber so richtig viel getan hat sich laut Weinbuch nicht: „Die Probleme, die es vorher gab, haben wir immer noch. Wir müssen weiter um Anerkennung und unsere Existenz kämpfen.“ Das äußert sich zum Beispiel darin, dass das deutsche Team seit Jahren mit dem gleichen Budget arbeiten muss. Selbst spektakuläre Erfolge wie die sechs Medaillen bei der WM 2011 in Oslo haben daran nichts geändert. In Italien haben die Deutschen vor dem zweiten Einzelwettbewerb am Donnerstag bislang nur Bronze durch Björn Kircheisen gewonnen.

Die Kombinierer haben Glück, dass sie für ihre kostenintensive Sportart die Wettkampfstätten der Skispringer und Langläufer mitnutzen können. Damit dürfte der Disziplin, die seit den ersten Winterspielen 1924 dabei ist, ein Schicksal wie den Ringern erspart bleiben. „Ich habe keine Befürchtungen, dass die Kombination aus dem Olympiaprogramm fliegt. So schlecht sehe ich uns dann doch nicht“, sagt Weinbuch. Um die Sportart attraktiver zu machen, fordert er, dass Skispringen und Laufen nicht durch stundenlange Pausen getrennt sind: „Das müsste unmittelbar hintereinander stattfinden, der Langlauf gleich an der Schanze. Dann hätten wir die Stadionatmosphäre und die Zuschauer könnten die tollen Leistungen der Athleten nachvollziehen.“ Damit die Wettbewerbe künftig populärer werden, könnten zudem Frauen in die Männerwelt einsteigen. Weinbuch hat zuletzt zwar behauptet, dass sein Sport „bisher nur etwas für echte Männer ist“. Nun sagt er jedoch: „Meine Frau sagt zwar, dass ich ein Macho bin. Aber so ein Mixed-Wettbewerb wie im Skispringen wäre auch in der Kombination gut. Der war hier bei der WM sein Eintrittsgeld definitiv wert.“

Lars Becker

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