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Korken schon in Spiel zwei. Davor hatte Justin Pogge am Freitag gegen München einen guten Einstand in Berlin hingelegt.

© Bernd König/Imago

Experimente und Notkäufe: Das Torhüterproblem bei den Eisbären nimmt kein Ende

Seit Mitte 2018 haben die Eisbären schon auf fünf verschiedene Torhüter gesetzt. Eine diskutable Personalpolitik auf dieser Position.

So was wünscht sich kein Eishockeytorhüter. Ein Schuss, abgegeben von der Mittellinie, landet im Tor. Für Justin Pogge bedeutete dieser zweite Gegentreffer am Sonntag in Iserlohn nach 153 Sekunden das Ende seines Arbeitstages. Gleich bei seinem zweiten Spiel für die Eisbären war das eine Demütigung für den neuen Goalie.

Auch wenn Trainer Serge Aubin das mit der Auswechslung runter moderierte: „Justin hat eine falsche Bewegung gemacht. Er hatte wohl damit gerechnet, dass Iserlohn tief spielt.“ Das heißt, den Puck in die Bande hinter dem Tor spielt und nicht ins Tor. Aber da war Iserlohns Torschütze Bobby Raymond eben etwas pfiffiger.

Auf der Torhüterposition fehlt es den Eisbären an Konstanz

Die Eisbären verloren 2:5, später mit Sebastian Dahm im Tor. An sich keine Katastrophe, die Berliner liegen gut im Rennen um einen Platz für die Play-offs in der Deutschen Eishockey-Liga. Nach 34 von 52 Spielen sind sie Vierter und spielen mit kleinem Kader bisweilen groß auf, so etwa am Freitag beim 4:3 gegen Tabellenführer München.

Aber was die Torhüter angeht, mangelt es an Konstanz. Pogge ist bereits der fünfte Torwart, der seit Mitte 2018 als Nummer eins und damit als Nachfolger von Petri Vehanen gehandelt wurde – eine diskutable Personalpolitik auf dieser Position.

Der Finne Vehanen war mit seiner Routine ein Faktor dafür, dass die Berliner vier Spielzeiten lang besser abschnitten, als sie eigentlich waren. Sein damaliger Trainer Uwe Krupp sagte das sehr deutlich: „Vehanen hat der Mannschaft sehr oft den Arsch gerettet.“

Die Torhüter der Eisbären kommen nicht recht auf die Beine

In die erste Saison nach Vehanen gingen die Eisbären mit dem Torhüterduo Marvin Cüpper und Maximilian Franzreb. Doch Cüpper verletzte sich schon vor dem ersten Punktspiel, ist heute beim Kooperationspartner Lausitzer Füchse im Zweitliga-Kader, hat aber aufgrund der Verletzung seit vergangener Saison nur zwei Spiele bestritten. Franzreb wurde vergangene Saison nach wenigen Spielen mit Kevin Poulin ein erfahrener Mann vor die Nase gesetzt. Allerdings gefiel Poulin den Verantwortlichen auch nicht, mit Saisonende war der Kanadier schon wieder weg.

Maximilian Franzreb wollte angeblich schon vor der Verpflichtung Pogges gehen, weil er keine Perspektive mehr in Berlin sah. Nun spielt er in Bad Tölz in der DEL2. Poulin hat lange gebraucht, um einen Klub zu finden. Am 26. Dezember bekam er einen Probevertrag für die Grand Rapids Griffins in der American Hockey-League. Cüpper dazugezählt, kommen die einstigen Torhüter der Eisbären nicht so recht auf die Beine nach ihrer misslichen Zeit in Berlin.

Zum Wegschauen. Seit er in Berlin ist, muss Sebastian Dahm mit Kritik leben.
Zum Wegschauen. Seit er in Berlin ist, muss Sebastian Dahm mit Kritik leben.

© Nordphoto/Imago

Auch Sebastian Dahm, immerhin als dänischer Nationaltorhüter gekommen, steht seit Saisonbeginn in der Kritik. Sein Trainer Serge Aubin hat ihn mal gelobt und dann mal wieder durch die kleine Blume kritisiert, Rückhalt hatte der Rückhalt wenig.

Der ehemalige Eisbären-Torwart und heutige Nachwuchstrainer René Bielke sieht ein strategisches Problem. „Du brauchst einen Torhüter, so etwa Alter 28, der das Team über Jahre konstant begleitet. Nur so bekommst die Kurve nach oben.“ Die Personalie Justin Pogge, 33 Jahre alt, sieht Bielke als „Notkauf“. Zu diesem Zeitpunkt der Saison bekomme man keinen starken Torwart im besten Alter mehr, glaubt er.

Opfer eines Experimentes – Pogges Karriere bekam schon früh einen Knick

Dabei ist es allerdings erstaunlich, dass die Eisbären trotz ihrer Probleme mit den Torhütern eine starke Saison spielen. Die Siege gegen die großen Mannschaften wie München, Mannheim und Straubing zeigen allerdings auch, dass mit mehr Ruhe auf der Torwartposition noch mehr möglich wäre. Solche Spiele wie das am Sonntag in Iserlohn werfen das Team eben zurück, die Hoffnung mit Justin Pogge einen soliden Torhüter geholt zu haben, zerschlug sich schnell – wobei Trainer Aubin in dieser Hinsicht auch nicht unbedingt große Geduld zu unterstellen ist.

Natürlich kennt der Torschütze des seltsamen zweiten Iserlohner Tores vom Sonntag, kennt der Kanadier Bobby Raymond den Kanadier Pogge, beide haben sogar schon beim selben Team (Charlotte Checkers) in Nordamerika gespielt, allerdings nicht im selben Jahr. Aber die Biographie von Justin Pogge ist in der dortigen Eishockeyszene bekannt. Dabei wurde Pogge einst als großes Talent gehandelt. Mit 22 schien er auf dem Sprung in der National Hockey League zu sein. Aber es langte nur zu sieben Einsätzen für die Toronto Maple Leafs. Danach ging es eher bergab, führte ihn seine Karriere durch viele Länder Ligen, zuletzt hinunter bis in die schwedische zweite Klasse.

Justin Pogge selbst glaubt, dass er seinerzeit in Toronto Opfer eines Experimentes wurde. „Die Medien sprachen sogar vom 'Pogge-Experiment'“, sagte Pogge 2016 der "Hockey News". Er sei nur zu den Spielen eingeflogen worden. „Danach haben sie mich zurück in die Minor-League geschickt. Wo sollst Du dich da zu Hause fühlen?“ Für die Eisbären wäre es besser, wenn Pogge schleunigst auch gefühlt in Berlin ankommt.

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