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Sport: Extreme Mittellage (Kommentar)

Was für ein tolles Finale. Es hielt überbordenes Glück bereit und abgrundtiefe Tragik.

Was für ein tolles Finale. Es hielt überbordenes Glück bereit und abgrundtiefe Tragik. Es spendete Lohn für aufopferungsvolle Arbeit, wie bei der Eintracht in Frankfurt und deren Trainer Felix Magath. Böse ließ es das Schicksal zuschlagen und Tränen fließen in Ulm. Und mancherorts ging es ehrlich zu, dass es eine Freude war. Dass die längst abgestiegenen Arminen aus Bielefeld gegen den VfB Stuttgart aus einem 0:3-Rückstand noch ein Unentschieden machten (und dadurch völlig selbstlos Hertha BSC das Gefühl wahren ließ, eine aufstrebende Macht zu sein), kann als Beleg genommen werden, dass das Produkt Bundesliga in sich gesund ist. Es wird eben nicht nur kalkuliert, sondern einfach Fußball gespielt, selbst wenn es ohne jeglichen merkantilen Sinn ist. Ein tolles Finale eben.

Und qualitativ und im internationalen Vergleich? Mhm, wohl nicht ganz so toll. Da sind die Meister aus München, die von Unterhachinger Lust und Ehrlichkeit abhängig waren und sich nun in einen Richtungsstreit begeben. Sollen sie die Inflation der Preise für gute Spieler mitmachen oder sollen sie darauf vertrauen, dass sie mit ihren im europäischen Rahmen eher bescheidenen Mitteln weiter Erfolg haben? Da ist Bayer Leverkusen, das sich viel Anerkennung erworben hat und nun darauf aufbauen könnte, wenn die Trauerarbeit vollbracht und die Gefahr eines Traumas gebannt ist.

Und sonst? Die Kleinen, am Ende der Tabelle, die sind immer da, heißen mal Ulm, mal Bielefeld, mal Duisburg oder Freiburg. Die machen ihren Job - so gut, wie ihnen eben möglich. Dazwischen, da, wo die Ansprüche höher sind, da scheint es etwas zu kränkeln. Es mangelt an Konstanz und Kontinuität.

Es ist ja nett für München, sich nun Hauptstadt des Fußballs nennen zu können, mit dem Deutschen Meister, dem Champions-League-Qualifikanten 1860 und dem im Mittelfeld gelandeten Aufsteiger aus der Vorstadt Unterhaching. Aber, sich mit den Unfußballern aus Unterhaching zu schmücken, ist nun wahrlich keine Zier. Und der Erfolg der doch arg rustikalen Löwen ist wohl eher Produkt des Glücks als einer steten Qualitätsmehrung. Es hätte auch die anderen aus dem Mittelbau treffen können, oder auch nicht. Der 1. FC Kaiserslautern reibt sich auf an einem despotischen Trainer. Borussia Dortmund hat die glückhafte Errettung vor einer nahenden Katastrophe zu verarbeiten. Die Berliner von Hertha BSC, deren Möglichkeiten zwischen Champions League und dem UI-Cup genannten Ananas-Pokal schwankten, laufen der vollmundigen Zukunft noch etwas hinterher. Und der Hamburger SV mit seinem offensichtlich umsichtigen Trainer Frank Pagelsdorf und dem schönen neuen Stadion steht erst am Anfang einer Entwicklung. Der VfB Stuttgart bleibt weiterhin von jeglicher Seriosität entfernt (wofür die ominöse Einladung an Österreichs unsäglichen Polit-Kasper Haider nur weiterer Beleg ist), und Schalke 04 hat den Zug nach oben verpasst und wirkt derzeit so, als suchte man noch den Bahnhof. Mittelmaß im Mittelbau.

Sehr gut ist das alles abzulesen am Zustand der Nationalmannschaft. Die Güte von Bayern und Bayer wird erzeugt von einem Spieler, der dort nicht mitmachen will und von denen, die dort ihrer Herkunft wegen nicht mitmachen dürfen. Die anderen, die die dürfen und wollen, schaffen es, der Schweiz zu trotzen. Chapeau. Mithin ein tolles Finale, aber das einer Liga in extremer Mittellage.

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