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Sport: Falsch gepfiffen

Eine Schiedsrichterin empört die SCC-Volleyballer

Berlin - Selbst Ilja Wiederschein wurde die Sache allmählich zu bunt. „Tut mir leid“, sagte der Zuspieler des Tabellenführers Evivo Düren mitfühlend zum Gegner, „aber wir haben schließlich die Schiedsrichterin nicht mitgebracht.“ Den Volleyball-Bundesligisten SC Charlottenburg trösteten Wiederscheins Worte nur wenig. Beim 1:3 im Spitzenspiel gegen Düren fühlte sich der SCC vor allem im dritten Satz durch Fehlentscheidungen von Hauptschiedsrichterin Heike Kraft krass benachteiligt. Selbst SCC-Trainer Michael Warm, sonst ein kühler und sachlicher Analytiker, ereiferte sich: „Die gute Frau hat ja mehr Fehler gemacht als beide Mannschaften zusammen.“

Heike Kraft bringt viel Erfahrung mit auf den Schiedsrichterstuhl. Die 43-Jährige aus dem schwäbischen Besigheim gehört zum internationalen Kader des Deutschen Volleyball-Verbandes, sie leitete in dieser Saison bereits elf Bundesligaspiele (Männer und Frauen). Doch sie eckt auch an. Ein Spieler der TG Rüsselsheim, der lieber ungenannt bleiben möchte, hat sie vor nicht allzu langer Zeit mal als „autoritär und arrogant“ erlebt.

Nach ihrer Leistung in Berlin will der SCC Heike Kraft in Zukunft als Schiedsrichterin rigoros ablehnen. Schriftlich wird SCC-Geschäftsführer Günter Trotz in Kürze diese Bitte an den Schiedsrichter-Einsatzleiter Hans-Peter Hartwich weiterleiten. Sollte Kraft doch noch mal für ein Spiel des SCC angesetzt werden, droht Manager Kaweh Niroomand: „Dann treten wir nicht an. Dafür nehmen wir auch eine Bestrafung in Kauf.“

Bei Thorsten Endres, dem Ligasekretär der Deutschen Volleyball-Liga, findet Niroomands Haltung wenig Verständnis. „Das sind Äußerungen, die unsere Sportart nicht weiterbringen“, sagt Endres. „Wenn wir solchem Druck nachgeben, dann setzen nachher die Vereine die Schiedsrichter für ihre Spiele noch selber ein.“ Allerdings will Endres sehr wohl die Vorfälle vom Sonntag aus der Sömmeringhalle einer gründlichen Analyse unterziehen. Er selbst hat das Spiel zwar nicht gesehen, hofft aber, dass es eine Videoaufzeichnung gibt. Er verspricht: „Wenn der Verein recht haben sollte, dann werden wir das Nötige veranlassen.“

Es gab nach dem Spiel einige recht forsche Töne von Verantwortlichen und Spielern des SCC gegenüber der Schiedsrichterin. Die zeigte keinerlei Diskussionsbereitschaft, verschwand aus der Halle, ohne sich, wie das sonst bei ihren Schiedsrichterkollegen üblich ist, noch mal kurz im VIP-Raum blicken zu lassen. Für eine Stellungnahme war Heike Kraft gestern nicht zu erreichen.

Thorsten Endres kritisiert die vom SCC gewählten Umgangsformen: „Unter fairer und respektvoller Zusammenarbeit verstehe ich etwas anderes.“ Eine Bestrafung, wie sie zum Beispiel beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) im Falle von Schiedsrichterbeleidigungen üblich ist, braucht der SCC aber nicht zu befürchten. „Das sieht unsere Ordnung gar nicht vor“, sagt Endres. Volleyball gilt als weitgehend konfliktfreier Sport, ein allzu rigider Strafenkatalog war deshalb bislang völlig überflüssig. Und auch der SCC will jetzt zurückrudern, ein klein wenig zumindest. Günter Trotz sagt: „Die Sache darf jetzt auf keinen Fall eskalieren.“

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