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Fans von Eintracht Frankfurt halten zu Spielbeginn der Partie gegen Leipzig Plakate als Protest gegen das Montagsspiel hoch.

© Uwe Anspach/dpa

Fanprotest gegen Montagsspiele: Die echten Fußball-Liebhaber schlagen zurück

Die Montagsspiele sind ein Symbol sowohl für die Kommerzialisierung als auch für die Verlogenheit des Fußballs. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Heute Abend steht für den 1. FC Köln mal wieder eine Menge auf dem Spiel. Der Tabellenletzte der Fußball-Bundesliga spielt bei Werder Bremen und möglicherweise um die letzte Chance, den Abstieg noch zu verhindern. Die Ergebnisse der Konkurrenz am Wochenende waren durchaus günstig: Der HSV hat verloren, Mainz und Wolfsburg auch. Die Kölner könnten erstmals seit dem zweiten Spieltag den letzten Tabellenplatz verlassen und mit einem Sieg den Abstand auf die Nicht-Abstiegsplätze auf fünf Punkte verkürzen. Mit anderen Worten: Das Spiel in Bremen ist nicht wichtig für den FC; es ist immens wichtig. Und trotzdem werden die Kölner auf die Unterstützung ihrer aktiven Fans verzichten müssen. Die bleiben lieber zu Hause, weil für sie „die Grenze des Hinnehmbaren endgültig überschritten“ ist.

Fernsehzuschauer sind den Vereinen wichtiger als Stadionbesucher

Damit sind nicht etwa die Leistungen der Kölner Spieler gemeint. Es geht allein um die Terminierung des Spiels. Fußball am Montagabend löst bei den Fans ungefähr so viel Begeisterung aus wie eine Einladung zum Schlachtfest unter Vegetariern. Zum dritten Mal in dieser Saison findet heute Abend ein Bundesligaspiel am Montag statt – und zum dritten Mal wird dieses Spiel von mehr oder weniger massiven Protesten der Fans begleitet.

Die Debatte ist nicht ganz frei von Verlogenheit. Natürlich bringt der zusätzliche Termin der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und damit jedem einzelnen Klub auch ein bisschen mehr Geld aus der TV-Vermarktung. Aber es ging nicht zuletzt um längere Pausen für die deutschen Teilnehmer an der Europa-League. Dass Hertha BSC schon in der Vorrunde an Östersunds FK scheitert, kann man schlecht der DFL vorwerfen. Sämtliche Bundesligisten haben der Einführung von Montagsspielen zugestimmt; plötzlich aber sind alle dagegen, weil ihre Fans protestieren. Natürlich ist der Termin an einem Wochentag ungünstig für jemanden, der am nächsten Morgen wieder arbeiten muss. Würde Borussia Dortmund aber am Dienstagabend, also ebenfalls unter der Woche, in der Champions League gegen den FC Barcelona spielen, wäre das Stadion (anders als vor zwei Wochen gegen den FC Augsburg) garantiert ausverkauft.

Lionel Messi verdient mehr als 3000 Krankenschwestern

Der von den aktiven Fans geschickt konzertierte Protest gegen den Montag ist daher auch Symbolpolitik – weil der Montag exemplarisch für eine Entwicklung steht, die für viele immer unerträglicher wird: zum Symbol für eine ungehemmte Kommerzialisierung des sogenannten Volkssports Fußball. Was hat das Ganze noch mit dem normalen Volk zu tun, wenn Lionel Messi mehr verdient als 3000 Krankenschwestern?

Letztlich zeigt der Fußball mit der Einführung der Montagsspiele, dass ihm der Fernsehzuschauer wichtiger ist als der Stadiongänger. Dass der Kunde Vorrang hat vor dem echten Liebhaber. Insofern ist es nur logisch, dass sich die Liebhaber immer mehr wie Kunden benehmen, wie kritische Konsumenten: Dieses Produkt schmeckt uns nicht. Mit originellen Spruchbändern wird man den Profifußball kaum zum Umdenken bewegen. Der Fußball wird sich nur dann ändern, wenn man ihn dort trifft, wo es ihm wirklich weh tut. An seiner wirtschaftlichen Basis.

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