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"RB: Ein Verein für Mitläufer" - Das Banner der Union-Fans beim Auswärtsspiel gegen RB Leipzig.

© dpa

Fanübergriffe gegen RB Leipzig: Hilflose Gewalt

Es gibt gute Gründe dafür, dass Konstrukt RB Leipzig abzulehnen. Das rechtfertigt jedoch keine Gewalt gegen Mitarbeiter und Anhänger, meint Dominik Bardow. Er wünscht sich, dass dem Verein mehr Positives entgegengesetzt wird. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Dominik Bardow

Man kann RB Leipzig nicht mögen, sogar ablehnen, dafür gibt es gute Gründe. Das wettbewerbsverzerrende Konstrukt dieses Vereins verletzt das Gerechtigkeitsgefühl vieler Fans, der Marketingzweck verhöhnt die traditionellen Werte vieler Anhänger. Aber Übergriffe wie in Karlsruhe gehen zu weit. KSC-Anhänger verschafften sich Zutritt zum Hotel der Leipziger, hinderten sie dabei, das Stadion zu betreten und zu verlassen. Zuvor warnten schon Drohbriefe an Privatadressen die Leipziger Fans davor, nach Karlsruhe zu kommen. Damit ist eine Grenze überschritten, aber wo liegt sie genau? Eine einfache Sichtweise ist: da, wo geltendes Recht verletzt wird, Straf-, Haus- oder Sportrecht.

Gewaltbereite Fans sind so aus dem Stadion fernzuhalten, aber immer nur nach der Tat. Und es kommen ja immer neue nach. Die Chaoten sind nur die Speerspitze einer Ablehnung, die bis hin zu vielen friedlichen Stadiongängern reicht. Problematischer ist die Schadenfreude, die viele Fans nun empfinden: Gewalt lehnen wir ab, aber gut, dass RB wieder Kontra kriegt. Diese Haltung ist der Nährboden, aus dem sich die Gewaltbereiten bestätigt fühlen. Emotionen gehören zum Sport und zum Fansein, Liebe und Ablehnung, Freude und Wut. Aber hinter dem Zorn auf RB steckt oft nur die Hilflosigkeit, nichts daran ändern zu können, dass der Klub mitspielen darf im Profifußball.

Vielleicht ist das Rote Tuch RB eine gute Gelegenheit, den Umgang der Fans mit ihren Emotionen, vor allem ihren negativen, zu überdenken. Aggression ist nicht die einzige Art, Unzufriedenheit auszudrücken. In ihrer Maßlosigkeit überdeckt sie nur den Kern der Empörung, der oft nicht unberechtigt ist. Oder trifft die falschen, wie die Leipziger Fans, die RB weder gegründet noch in den Profifußball durchgewinkt haben.

Es gibt kreativere Arten, Protest auszudrücken. Nicht gegen, sondern für etwas. Die Fans des 1. FC Union waren ein gutes Beispiel. Sie haben ein Traditionsspiel gegen eine andere Leipziger Mannschaft veranstaltet, die sie als positiven Gegenentwurf zu RB sehen. Die schwarzen Plastiksäcke, die sie im Hinspiel anzogen, waren dagegen fast passive Trauer.

Gemeinsame Aktionen der Fans, etwa gegen neue Sicherheitsvorschriften oder gegen Freundschaftspiele mit RB, hatten durchaus Erfolg, denn sie waren konstruktiv und hatten ein realistisches Ziel. Wer dem, was er ablehnt, etwas Positives entgegensetzt, fühlt sich nicht mehr so hilflos und wütend. Und wird auch eher gehört.

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