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Sport: Fast alles ist nachweisbar

Deutsche Dopingfahnder sind optimistisch

Das Neue an den Jahresbilanzen der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) ist, dass es auf einmal auch um Griechenland gehen kann. Nachdem gestern die Nada in Bonn ihren Arbeitsnachweis für das vergangene Jahr vorgelegt hatte und die Verantwortlichen damit einigermaßen zufrieden schienen, verfinsterte sich ihre Miene schnell bei der Frage nach den beiden griechischen Sprintern Kostas Kenteris und Ekaterina Thanou. Die beiden waren trotz versäumter Dopingkontrolle vom griechischen Leichtathletik-Verband nicht gesperrt worden. „Ich bin schockiert“, sagte Nada-Geschäftsführer Roland Augustin, „wenn das die Umsetzung des Wada-Codes ist, dann bekommen wir Probleme.“

Der Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) ist sozusagen das internationale Grundgesetz für den Kampf gegen die Manipulation im Sport. Er gilt seit dem vergangenen Jahr, und deshalb glaubt Augustin: „2004 war der Beginn eines neuen Zeitalters.“ Seitdem ist auf der ganzen Welt einheitlich bestimmt, was Doping ist und wie es bestraft werden muss. Der Wada-Code hat jedenfalls viele Grenzen eingerissen, deshalb ist die Arbeit der Nada nun nicht mehr auf deutsche Athleten beschränkt. Die Bilanz der Nada umfasst auch zum ersten Mal Kontrollen von deutschen Sportlern durch ausländische Organisationen.

Zur Internationalisierung passt ebenfalls gut, dass der prominenteste deutsche Dopingfall des vergangenen Jahres im Ausland aufgedeckt wurde. Die Triathletin Nina Kraft wurde nach ihrem Sieg beim Ironman auf Hawaii der Einnahme des Blutdopingmittels Erythropoetin überführt. Dieser Fall war der Tiefpunkt in der nationalen Dopingbilanz. Insgesamt wurden 72 deutsche Sportler im vergangenen Jahr positiv getestet und dafür bestraft, 28 davon für die Einnahme von Anabolika. Trotz des Aufkommens anderer Substanzen wie Wachstumshormonen sind Anabolika immer noch nicht aus der Mode gekommen. Bei den Olympischen Spielen gingen 16 der 23 Dopingfälle auf Anabolika zurück. Nada-Geschäftsführer Augustin befürchtet jedoch auch eine Zunahme von Cannabis-Fällen. „Da kommt noch einiges auf uns zu, weil THC in der Gesellschaft weit verbreitet ist. Gerade junge Athleten werden mit Cannabis konfrontiert.“ Im vergangenen Jahr gab es im deutschen Sport 19 positive Befunde von Cannabis.

Dennoch sind die Verantwortlichen der Nada optimistisch, weil es mit dem Wada-Code nun eine verbindliche Grundlage für den Kampf gegen Doping gibt. Zuversichtlich zeigte sich auch Klaus Müller, der Leiter des Doping-Kontrolllabors in Kreisch. „Wir sind in der Lage, fast alle Substanzen nachzuweisen“, sagte Müller. Die Entwicklung neuer Substanzen könnten sich nur die größten Pharmakonzerne leisten. Der Leistungssport sei als Absatzmarkt zu klein, neue Dopingpräparate seien nicht zu befürchten. „Die Analytik ist nicht das Nadelöhr der Dopingproblematik. Das große Problem sind die Kontrollen“, sagte Müller.

Das bestätigte auch die deutsche Weltklasse-Fechterin Claudia Bokel, die sich im Beirat der Aktiven des deutschen Sports um Doping kümmert. „Bei großen nationalen und internationalen Wettkämpfen sind die Kontrolleure einfach nicht erfahren genug“, sagte sie und wollte auch noch auf Kenteris und Thanou eingehen: „Das ist ein Rückschlag im Anti-Doping-Kampf.“

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