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Sport: Fast gewonnen

Deutschland spielt selbstbewusst gegen Holland, führt 1:0 – muss aber am Ende mit einem 1:1 zufrieden sein

Knapp zehn Minuten waren noch zu spielen, als den Deutschen für wenige Sekunden die Konzentration abhanden kam. Auf der linken Abwehrseite vertändelte der gerade eingewechselte Ernst den Ball, van der Meyde konnte flanken, und in der Mitte lief der bis zu diesem Zeitpunkt blasse van Nistelrooy in Position. Wörns klebte an ihm, aber der drehte sich geschickt um die Achse, traf den Ball und platzierte ihn ins linke lange Eck. Kahn war geschlagen, ein Schock für die Deutschen, die schon vom ersehnten Auftaktsieg träumten, aber am Ende mit dem 1:1 zufrieden sein mussten.

Es war viel spekuliert worden über Taktik, über das richtige System. Hollands Trainer Advocaat musste nach den Testspielniederlagen auf das alte, in Holland so geliebte, 4-4-3 umstellen, die Deutschen wiederum spielten mit nur einer Spitze. Aber so funktionierte es: Hinten stand die deutsche Abwehr mit Wörns und Nowotny innen meistens sehr sicher, im Mittelfeld zwangen die Deutschen den Gegner durch frühes Attackieren zu langen Pässen. Aber die kamen kaum an, nur in der zweiten Minute, als die Deutschen noch schliefen, tauchte van Nistelrooy plötzlich frei vor Kahn auf, kam aber nicht mehr an den Ball.

Es läuft die 30. Spielminute, als Torsten Frings sich den Ball auf der linken Seite zum Freistoß zurechtlegt. Er schlägt die silbern schimmernde Kugel in den holländischen Strafraum. Ein, zwei, drei Spieler steigen hoch, versuchen den Ball zu berühren, der aber senkt sich weiter hinter sie, passiert auch noch Torwart van der Sar, um schließlich gegen den holländischen Pfosten zu prallen und von dort ins Netz. 1:0 für Deutschland. Hollands Fans, die fast Dreiviertel des Stadions in Porto füllen, verstummen. Jetzt jubeln die Deutschen, „Holland wir hören nichts“. Mit diesem Tor startet Deutschland in die laufende Europameisterschaft, aber es reichte nicht zum Sieg.

Dabei sah es lange so aus, denn die Deutschen spielten selbstbewusst, die Holländer begannen, in Respekt zu erstarren, zumindest zweitweise in der ersten Halbzeit. Wenn die Deutschen dann auch noch schnell nach vorne spielten, zum Beispiel über Hamann, Frings und Lahm bekamen die Niederländer Probleme. Auch bei den Standardsituationen, auf die die Deutschen so gehofft hatten,wurde es immer wieder gefährlich im Strafraum der Holländer. Wörns allein hätte schon die Führung erzielen können, stets eilte der Innenverteidiger mit nach vorn, bekam den Ball, aber scheiterte mit Kopf oder Fuß gleich mehrfach.

Während Kuranyi vorne versuchte, die holländische Viererkette zu beschäftigen, rannte hinter ihm Michael Ballack quer über den Rasen: hinten, vorne, links, rechts. Gegenspieler Davids kam da kaum mit, konnte sich dafür selbst nicht genügend um den eigenen Spielaufbau kümmern und wurde folgerichtig in Halbzeit zwei ausgewechselt. Mehrere unnötig harte Fouls signalisierten, dass die Holländer sauer waren, unzufrieden mit der eigenen Leistung, auf der Suche nach dem eigenen Spiel – und nach Torchancen. Aber die bekamen sie noch.

In Hälfte zwei bestand die Gefahr, dass die Deutschen sich zu weit zurückziehen würden. Die Engländer waren gegen Frankreich dafür bestraft worden, verloren in der letzten Minute noch das Spiel. Teamchef Völler reagierte, brachte den jungen Schweinsteiger für Schneider und stärkte mit dieser Einwechslung auch das kreative Element. Aber am Ende musste auch er mit dem 1:1 leben.

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