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© dpa

Fastende Fußballer: Wer ist so frei?

Kontroverse um fastende Fußballer beim Ramadan: Die meisten muslimischen Profisportler in Deutschland fasten nur an spiel- und trainingsfreien Tagen.

Berlin - Die Religionsfreiheit ist ein elementares Grundrecht. Aber wie weit sie am Arbeitsplatz oder in einer Schule ausgeübt werden darf, darüber gibt es immer wieder Streit. Hier stoßen oft die Interessen des Arbeitgebers auf die subjektiven religiösen Pflichten der Arbeitnehmer. Sportverträge bilden da keine Ausnahme: Der jüngste Fall der drei muslimischen Profis Soumaila Coulibaly, Pa Saikou Kujabi und Oualid Mokhtari vom Zweitligisten FSV Frankfurt zeigt, wie heikel das Thema der Glaubensausübung auch im Sport ist.

Am Dienstag wurde bekannt, dass die drei Muslime eine Abmahnung erhalten haben, weil sie, ohne es mit ihrem Verein abzusprechen, während des Ramadan-Monats gefastet hatten. Für gläubige Muslime heißt das, während der 30 Tage des Ramadans von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang keine Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, auch keine Flüssigkeit – was die körperliche Leistungsfähigkeit vermutlich erheblich einschränkt. Bei fehlender Aufnahme von Flüssigkeit drohen Kreislauf- und Konzentrationsschwächen, Krämpfe und Muskelverletzungen.

Aus diesem Grund halten sich die meisten muslimischen Profisportler in Deutschland nur mit Abstrichen an die Regeln des Ramadans: Sie fasten nur an spiel- und trainingsfreien Tagen. So jedenfalls handhaben es der Franzose Franck Ribéry (Bayern München), Serdar Tasci oder Sami Khedira (beide VfB Stuttgart). Es geht aber auch anders: Der Tunesier Jawhar Mnari vom 1. FC Nürnberg steht während des Ramadans um vier Uhr morgens auf, um zu essen und zu trinken. Die drei abgemahnten Spieler des FSV Frankfurt sollen die erste, die gemäßigtere Variante gelebt haben. Der Klub begründete jedoch Zweifel an dieser Lebensweise mit dem Hinweis auf die vereinseigene medizinische Abteilung, die erst aufgrund einiger körperlichen Schwächen der Spieler überhaupt Verdacht geschöpft habe.

Des Weiteren bestritt die Rechtsabteilung des FSV Frankfurt heftigst, dass der Grund für die Abmahnung ein religiöser gewesen sei. „Der FSV Frankfurt hat in allen Arbeitsverträgen seiner Spieler lediglich geregelt, dass jegliches Fasten genauso wie alle Arten von Diäten, vor ihrer Durchführung mit dem Verein abzusprechen sind“, heißt es in einer Erklärung. Das solle vor allem die bessere Betreuung seitens der Mannschaftsärzte gewährleisten. Die Abmahnungen seien daher „nicht aufgrund der Tatsache des Fastens“ erfolgt, sondern wegen einer „nicht eingehaltenen Abspracheverpflichtung der Spieler“.

Da Heilfasten während der Saison unter Profifußballern nicht sehr verbreitet sein dürfte, bleiben Zweifel an dieser arbeitsrechtlich durchaus plausiblen Begründung. Die meldet Frank Rybak, Anwalt der Spielergewerkschaft der Vertragsfußballer, an: „Die Abmahnungen sind ganz klar auf das Fasten gestützt und nicht auf die Verletzung einer Absprache.“ Der Fachanwalt für Arbeitsrecht ist sich sicher, dass die entsprechende Vertragsklausel in ihrer Pauschalität unwirksam ist. Steffen Lask, Berliner Anwalt für Sportrecht, hingegen kann sich durchaus vorstellen, dass die Abmahnungen der Spieler gerade wegen der sehr allgemein gehaltenen Klausel rechtmäßig sind. Sollte der Grund für diese Vereinbarung, wie von Frankfurt angegeben, tatsächlich die Physis der Sportler sein, „so kann sie durchaus rechtswirksam sein“, sagt Lask. Beide Juristen betonen jedoch auch, dass auch das hohe Gut der Religionsfreiheit durch einen Arbeitsvertrag eingeschränkt werden dürfe, wenn sie die Ausübung der Tätigkeit direkt beeinflusse – wovon im Falle eines Sportlers während des Ramadans auszugehen ist. „Jedoch nur wenn die Einschränkung sachdienlich erfolgt“, sagt Lask.

Ob die drei Frankfurter juristisch gegen den Verein vorgehen wollen, ist weiterhin nicht bekannt. Ohnehin ist eine Abmahnung nur von Bedeutung, wenn sich ein ähnlicher Vorfall in naher Zukunft wiederholt. Andernfalls verjährt sie nach einem Jahr. Genau dann, wenn der nächste Ramadan ansteht.

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