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An die Bälle, fertig, los. Am Sonntag startet die Frauen-WM mit Fatmire Bajramaj.

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Fatmire Bajramaj: "Wir haben Gartenzwerge als Slalomstangen benutzt"

Was sie nicht mehr hören will: „Typisch Ausländer.“ Was sie gerne riecht: Cherrytomaten. Was Lira Bajramaj ändern würde: ihre Nase – nach der Karriere. Ein Gespräch vor Beginn der Frauenfußball-WM.

Frau Bajramaj, seit Monaten sieht man im Fernsehen Bilder von fliehenden Menschen aus Nordafrika…

… und ich muss da immer hinschauen. Ich leide mit ihnen. Wie sie in diesen vollen Booten sitzen und womöglich kentern. Wie sie nur mit ein paar Sachen in der Hand ihre Heimat verlassen. Kürzlich wurde das in einer Reportage aus Tunesien gezeigt, da fühle ich schon sehr stark mit.

Weil es Sie an Ihre eigene Geschichte erinnert?

Ja, die kommt dann hoch, doch was diese Menschen durchmachen, das habe ich nicht im Geringsten erlebt. Bei denen geht es um Leben und Tod. Schrecklich.

Sie waren fünf Jahre alt, als Ihre Eltern mit den drei Kindern aus dem Kosovo flohen. Haben Sie damals begriffen, was passiert?

Überhaupt nicht. Wir wurden angezogen und es hieß: So, wir fahren jetzt zu Oma und Opa, die sind in Deutschland. Ich dachte: Oooch, schön!

Die Flucht führte über Mazedonien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und die Tschechoslowakei nach Deutschland. In Autos, zu Fuß und im Boot. Das muss eine Strapaze gewesen sein.

Ich erinnere mich, dass es eng war im Auto, wir waren zu zehnt oder elft. Ich weiß auch noch, wie ein Polizist mit der Taschenlampe auf jede Person gezielt hat, die im Auto saß, das muss an einer Grenze gewesen sein. Ich fand das interessant, wie der uns gezählt hat, eins, zwei, drei, vier. Ich habe vermutlich mit meinem älteren Bruder gedacht: Was für ein Abenteuer! Immer ruhig sein, nur gucken, nicht reden, nicht lachen, nicht weinen. Ich glaube, wir waren auch sehr ängstlich. Mein Bruder Flakron war ja noch kleiner, der hat viel geweint, und da musste ich auch weinen. Ich erinnere mich, wie meine Mutter mir die Hand vor den Mund hält und sagt: „Psssst, sei leise.“ Wir weinten dann so verdrückte, kleine Tränchen.

Es hat Ihre Eltern die Ersparnisse gekostet, nach Deutschland zu kommen.
Fünf Mark hier, zehn Mark da – es musste ja dauernd jemand bestochen werden. Ihr wollt weiter? Gebt uns was! Für eine Familie aus dem Kosovo war das viel Geld. Das wurde mir aber erst später erzählt, als ich größer war. Auch, dass mein Vater bei fremden Menschen geklopft und um Essen gebeten hat. Solche Sachen haben die Eltern damals geschickt vor uns Kindern verborgen.

Die Grenze nach Ungarn galt als große Hürde. Sie schildern in Ihrer Autobiographie, wie Leute am Straßenrand sitzen, die es nicht geschafft haben.

Ich sehe Sie noch vor mir, völlig fertig, alle weinten und baten immer wieder: Lasst uns durch, bitte! Es hat nicht geholfen, sie mussten zurück, und ich weiß bis heute nicht: Warum gerade die?

Nun sind Sie ein Star, haben einen deutschen Pass, die weltgrößte Sportartikelfirma macht zur WM eine Werbekampagne mit Ihnen. Ist Ihnen das kleine Dorf Gjurakovc überhaupt noch gegenwärtig?

Oh ja. Dieser riesige Bauernhof. Wie wir Fangen spielten, oder: Wer als Erster einen Apfel vom Baum holt, gewinnt. Wir hatten selbst eine Schaukel gebaut, so krasse Spielsachen wie hier gab es da nicht. Und ich liebte das frische Obst und den Gemüsegarten, ich roch gern an allem, was selbst geerntet war. Heute sind die Tomaten im Supermarkt eingepackt, ich halte meine Nase dran: nichts! Dann sagen meine Mädels …

… Ihre Mitspielerinnen und Freundinnen …

… immer: Du bist echt krank. Wissen Sie, was noch wirklich gut riecht? Diese kleinen Cherrytomaten mit dem Grünzeug dran.

Von Diego Maradona bis Sepp Maier erzählen alle Fußballgrößen, sie hätten schon als Kinder ein inniges Verhältnis zum Ball gehabt. Sie auch?

Ich habe sehr gern die Kickers geguckt, kennen Sie die?

Nein.

Wer die Kickers sind und wie es Bajramaj in ihrer Kindheit ergangen ist, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Fatmire „Lira“ Bajramaj, 22, ist Fußballprofi und ein Star des Deutschen Nationalteams, mit dem sie 2007 die Weltmeisterschaft gewann.
Fatmire „Lira“ Bajramaj, 22, ist Fußballprofi und ein Star des Deutschen Nationalteams, mit dem sie 2007 die Weltmeisterschaft gewann.

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Das waren Zeichentrickfilme im Fernsehen, und Gregor war mein Held. In einer Folge hat der Trainer zu ihm gesagt: Wenn ihr richtig gut werden wollt, müsst ihr den Ball überall mit hinnehmen, egal, ob ihr auf die Toilette geht oder schlafen oder zur Schule. Ich habe das dann gemacht! Mein Ball lag im Unterricht unter meinem Sitz, sogar unter meiner Decke im Bett. Es war ein sehr, sehr alter und abgenutzter Lederball, das Geschenk eines Nachbarn.

Wann haben Sie das erste Mal einen Ball getreten?

Mit sechs, in der ersten Klasse in Mönchengladbach. Nach der Schule sagte mein Bruder, komm, wir spielen. Und ich so: Und was? Fußball. Sie haben mich ins Tor gestellt, da war ich schlecht, die anderen Jungs wollten mich nicht mehr mitmachen lassen. Nach und nach haben sie gemerkt, mit mir kann man gewinnen. Von da an ging es jeden Tag nach der Schule auf den Bolzplatz, so ein klassischer Käfig. Ich war immer das einzige Mädchen.

Sprachen Sie deutsch?

Anfangs war ich scheu und habe mich nicht getraut, aus Angst, etwas Falsches zu sagen.

Sie wurden gehänselt.

Ja, klar. Jeder hatte diese Markensachen und ich immer die billigsten. Ich habe dann recht schnell die Sprache gelernt und irgendwann war auch die Schüchternheit weg. Wenn nun einer sagte: Du blöde Kuh, oder: Du Ausländerin, dann habe ich mich gewehrt, auch körperlich.

Als Sie in den frühen 90er Jahren im Flüchtlingsheim lebten und später mit den Eltern in einer Wohnung, war es für Ausländer nicht gerade gemütlich in Deutschland. Es gab Überfälle, Brände wurden gelegt. Haben Sie feindselige Situationen erlebt?

Bei uns gab es auch Neonazis, ich wusste nur gar nicht, was das ist und was die wollen. Bis eine Lehrerin mir erklärte: Denen gehst du besser aus dem Weg, die haben etwas gegen Ausländer. Wir wussten also, wenn wir Glatzen sehen und Stiefel, müssen wir abhauen. An einer Bushaltestelle haben sie uns mal angemacht: Ihr dürft hier nicht sitzen, ihr Scheißtürken! Als sie uns angreifen wollten, habe ich die Erfahrung gemacht: Schnelle Beine helfen nicht nur beim Fußball. Aber der Klassiker war eigentlich die Bemerkung: typisch Ausländer. Das bekam ich wirklich häufig zu hören, egal was ich gemacht habe.

Heute ist das anders?

Ich habe hier in Potsdam mal aus Versehen jemandem die Vorfahrt genommen. Er meinte, ich solle meine Scheibe runterkurbeln. Dann er: Mach das das nächste Mal in deinem Dorf! Ich sag so: Bitte was? Und er: Ja, da wo du her kommst, da kannst du so Auto fahren, hier nicht. Ich erzähle besser nicht, wie ich diesen Typen beschimpft habe.

Und?

Wochen später sehe ich ihn beim Einkaufen, so ein Gesicht vergesse ich nie. Sagt er zu mir: Hallo, Sie sind doch die Fatmire Bajramaj von Turbine. Ich sage: Ah, jetzt bin ich die Fußballspielerin für Sie? Ich sollte doch in mein Dorf zurück! Das geht gar nicht, tschüss.

Sie haben als Kind versucht, Tricks von Ronaldinho nachzumachen. Woher kannten Sie den?

Mein Vater ist ja fußballverrückt, was an Spielen im Fernsehen kam, wurde geguckt. Da sah ich diesen Brasilianer mit dem Zopf, der alle ausgetrickst hat. Ich hab mir seine Finten gemerkt und am nächsten Tag gesagt: Jungs, lasst uns das mal versuchen. Und wenn meine Eltern weg waren, haben wir ihre Gartenzwerge als Slalomstangen aufgestellt und sind rumgedribbelt, Übersteiger links, Übersteiger rechts, dann aufs Tor schießen. Wenn das Auto der Eltern zu hören war, wurden die Gartenzwerge einfach schnell wieder an ihre Plätze gestellt.

Sie haben auch jonglieren geübt?

Stundenlang, den Ball hoch halten, mit dem Knie, dem Fuß, dem Kopf, der Schulter, der Hacke. Wir haben die Zeit genommen. Ich war nur die Zweitbeste, aber eine Stunde und zehn Minuten hat mein Ball nicht den Boden berührt, ich konnte mich sogar nebenbei unterhalten.

Wie erklären Sie einem Laien des Frauenfußballs, was für ein Typ Spielerin Sie sind?

Ich habe Spielwitz, Schnelligkeit, Technik.

In der Nationalmannschaft sieht man Sie im linken Mittelfeld spielen, Franck-Ribéry-artig. Bei Turbine Potsdam sah man Sie eher weiter vorne in der Mitte, ähnlich wie Thomas Müller vom FC Bayern München.

Ich würde sagen, ich bin eher wie Özil. Müller ist abgezockt vor dem Tor, das bin ich nicht. Ich bin die Vorbereiterin, die die guten Pässe spielt.

Sie wechseln jetzt nach Frankfurt, nach zwei Jahren bei Turbine Potsdam und dem legendären Trainer Bernd Schröder. Was, glauben Sie, hat er uns über Sie gesagt?

Mein Temperament findet er super, oder?

Na ja.
Dass ich ehrgeizig bin, eine Kämpferin? Er hat sicher mein Ballgefühl erwähnt. Und dass ich zu wenig nach hinten arbeite. Er hat bestimmt gesagt, ich bekäme unnötige gelbe Karten. Ich sei zu ballverliebt. Ja, wenn ich den Ball habe, dann sehe ich nur noch das Tor vor mir und weiß: So, jetzt ab nach vorne!

Schröder erzählte, Sie hätten eine gute Intuition dafür, Fehler nicht zu machen.

Hat er das gesagt? Stimmt.

Spieler, die den Ball nie abgeben, sind nicht sonderlich beliebt.
Früher hab ich den Ball gar nie abgespielt. Noch in meiner Duisburger Zeit, das ist ja eine Spitzenmannschaft, wollte ich alles alleine machen. Bis der Trainer mich nicht aufgestellt hat. So wurde mir gezeigt: Stopp, so geht es nicht weiter. Ich habe das nicht verstanden. Ich dachte, ich mache doch alles richtig. Straßenfußballer sind halt mal so.

Gab es einen Moment, in dem es bei Ihnen Klick gemacht hat?

Wann es war und warum Sie heimlich Fußball spielen musste, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

In der Nationalmannschaft. Da durften alle normal spielen, ich sollte als Einzige den Ball mit dem zweiten Ballkontakt gleich weitergeben. Und ich so: Okay, Lira, dann bist du jetzt die mit den zwei Kontakten. Es ging. Über Bernd Schröder sagt Ihre Kollegin Babett Peter: „Er hat ein Sortiment an Geräten, die nur zum Quälen da sind. Da gehen ihm die Ideen nie aus.“ Verspielten Typen wie Ihnen kann das nicht gefallen. Es war teilweise furchtbar. Jumps zum Beispiel. Da kriegst du Schuhe, die haben keine Stütze für die Ferse, da läuft man nur auf den Zehen, und schwer sind die auch noch. Er stellt dann Hütchen auf und wir müssen springen, springen, springen. Das geht voll auf die Waden. Und er ruft nur: Weiter, los, los! Dann hängt er uns Gewichte an die Oberschenkel oder auf den Rücken.

Sie haben es gehasst.

Ich war froh, dass mich einer so zwingt, es bringt mich weiter. Nach zwei Jahren zeigt die Waage drei bis vier Kilo mehr Muskelmasse. Kraft, Athletik, Tempo, Ausdauer – alles hat sich bei mir verbessert. Das Training ist intensiv, aber abwechslungsreich. Oder Intervalltraining, zehn Minuten mit Puls 80, zehn Minuten mit Puls 190, ich dachte: Boah, du schaffst das nicht. Ich bin manchmal so kaputt, dass ich etwas esse, telefoniere und sofort einschlafe.

Sie sind Vollprofi, Sie trainieren zwei Mal täglich, es gibt in Deutschland vielleicht drei Dutzend Frauen, die davon gut leben können.

Ja, ich mache nichts anderes, es ist mein Beruf. Seit ich weiß, dass die Weltmeisterschaft 2011 in Deutschland stattfindet, bereite ich mich darauf vor: Ich will dafür topfit sein. Danach möchte ich irgendetwas mit Kosmetik oder Visagistin lernen, das habe ich mir schon lange vorgenommen. Ein eigenes Studio – das ist mein Traum.

Frau Bajramaj, wir testen mal kurz Ihre Kompetenz in Sachen Frauenfußball …

… oh mein Gott!

1996 wurde Ihr Sport olympisch. Wie oft haben die Nationalspielerinnen damals trainiert?

Zweimal in der Woche?

Dreimal. Sie bekamen wie jede Spielerin nach dem WM-Erfolg 2007 vom DFB 55 000 Euro Prämie. 1989 haben die deutschen Frauen die Europameisterschaft gewonnen. Was erhielten die?

War das nicht so ein Kaffee-Service …

… aus Porzellan, mit roten Blumen gemustert plus Zuckerdose.

Ich habe das in einem Museum gesehen, wir Spielerinnen haben uns kaputt gelacht. Das zeigt, was sich da in 20 Jahren verändert hat.

Wann fand das erste Spiel zwischen Frauen statt, und wie viele Zuschauer waren da?

Vor 60 Jahren? 17 000 Zuschauer?

Es war 1895, vor 116 Jahren, England-Süd gegen England-Nord. Immerhin 10 000 Leute schauten zu. Inzwischen ist Frauenfußball professionell, wenn man mit DFB-Trainern spricht, erklären die: Taktisch und technisch gebe es zwischen Frauen und Männern keine großen Unterschiede mehr, selbst die Laufstrecken pro Spiel hätten sich angeglichen. Trotzdem verlieren Sie mit dem Nationalteam gegen eine gute Jugendmannschaft.

Die Jungs sind mit 14 schon über 1,80 groß und haben voll die Muskeln – die schlagen Bälle problemlos über 50 Meter. Mein kleiner Bruder ist Amateur und haut den Ball aus dem Stand weiter als ich mit Anlauf. Da haben wir Frauen keine Chance.

Der größte Unterschied ist das Tempo. Frauen legen in einem Spiel von 90 Minuten etwa drei Prozent der gesamten Laufstrecke mit höchster Geschwindigkeit zurück, Männer zehn bis 15 Prozent.

Wenn wir gegen die B-Jugend von Borussia Dortmund spielen, denke ich: Irre, wie rennt der denn jetzt an mir vorbei! Die kombinieren blitzschnell bam, bam, bam. Aber das ist Training für uns, in einem Turnier müssen wir ja nicht gegen eine Männermannschaft spielen. Wieso vergleicht man uns denn damit?

Der Zuschauerschnitt in der Bundesliga der Frauen lag bei 836. Es gab ein Spiel mit 78 Besuchern. Fürchten Sie das Eröffnungsspiel im Berliner Olympiastadion, das mit 76 000 Plätzen ausverkauft sein wird?

Ich kann mir gar nicht vorstellen, was das für eine Atmosphäre ist. Ob wir Spielerinnen uns dann überhaupt noch gegenseitig hören? Ich freue mich auf diese Kulisse.

Stimmt es eigentlich, dass Sie das WM-Finale 2003 im Fernsehen gar nicht angeschaut haben? Auch da gewannen die deutschen Frauen.

Ich hab das wirklich nicht geguckt. Wie alt war ich da? 15. Vermutlich war ich irgendwo draußen, selbst Fußball spielen. Damals hat die Nia Künzer in der Verlängerung das tolle Kopfballtor gemacht, oder? Das wurde sogar Tor des Jahres. Ich dachte: Das ist ja cool!

Ihr Vater wollte nicht, dass Sie kicken. Sie mussten es heimlich tun.

Für ihn war Fußball ein Männersport. Er sorgte sich, ich könnte mich verletzen, deshalb hat er’s mir verboten. Als es ein Schulturnier gab, kamen der Sportlehrer und der Schulleiter zu uns nach Hause, mein Vater hat sie weggeschickt: Nein, meine Tochter spielt nicht mit. Hab ich dann doch. Ich habe sogar seine Unterschrift gefälscht, mit meiner typischen Grundschulschrift: Ismet Bajramaj. Ich glaube, meine Klassenlehrerin hat es bemerkt. Ich war ja auch heimlich im Verein. Bis er mich erwischt hat, weil mein Bruder gleichzeitig ein Spiel hatte. Vater sagte zu mir, zieh dein Trikot aus und warte im Auto. Ich hab meine Sachen eingepackt und zu meinen Jungs gesagt, mich seht ihr nicht wieder. Die Fahrt nach Hause war die Hölle, obwohl es nur fünf Minuten waren. Er hat nichts gesagt, ich hab nichts gesagt. Im Wohnzimmer fing ich an zu weinen, und er meinte: Ich fand’s toll, ich wusste gar nicht, dass du so gut bist. Aber warum hast du mich angelogen? Und ich antwortete: Damit ich machen kann, was mir Spaß macht.

Der Start in eine schnelle Karriere.

Na ja, erstmal kam er mit so pinken Klamotten, damit ich wie ein Mädchen aussehe. Pinke Sporthosen, pinkes Oberteil. Ich sollte aussehen wie eine fußballspielende Prinzessin. Und ich sag: Papa, das ziehe ich nicht an! Ich wollte wie die Jungs sein.

Und heute gehören Sie für ältere Spielerinnen zur „Generation Nagellack“ oder „Tussi-Fraktion“.

Warum sich Bajramaj gerne schminkt und wie viel man als Frauenfußballerin verdient, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Ich gehe immer geschminkt ins Training oder zum Spiel, ich male mir auch die Fingernägel an. Für mich ist das normal. Ich war nur die Erste, deshalb wurde darüber geredet.

Es lässt sich gut vermarkten: das kickende Model. Sie sind die mit den schönen Werbeverträgen.

Ich fühle mich so einfach wohl, ich hatte ja nicht mit 16 den Plan: Ich schminke mich, falle auf und die Medien stürzen sich auf mich. So war das nicht!

In Ihrer Autobiographie klagen Sie darüber, Frauenfußball würde „nur auf einen ,lesbischen Wuchtbrummensport’ reduziert“. Wie haben Sie das mitbekommen?

So mit 16, wenn ich erzählt habe, ich spiele jetzt Bundesliga. Ach, hat es dann geheißen, das sind doch alles Frauen, die Frauen lieben, Lesben. Ja, vielleicht ist das Verhältnis bei den Spielerinnen so halbe-halbe, doch für mich ist das kein Thema. Politiker sind schwul, Sänger sind schwul, im Fußball gibt’s das eben auch. Ich finde es unwichtig. Außerdem bin ich so erzogen worden, dass es zu meiner Religion nicht passen würde. Es wird auch keine Nacktfotos von mir geben, die Anfrage vom „Playboy“ habe ich sofort abgesagt.

Sie sind Muslimin. Spielt das in Ihrem Alltag eigentlich eine Rolle?

Na, ich rolle nicht meinen Teppich aus und bete Richtung Mekka. Ich bete im Auto, vor dem Einschlafen, einfach mal so, ich bete für Gesundheit, für meine Eltern. Mit Gott zu reden gibt mir Kraft und ein schönes Gefühl. Ich muss dazu nicht meine Lippen bewegen, Sie würden das gar nicht mitkriegen.

Erinnern Sie sich an Ihr erstes, selbst verdientes Geld?

Ja. Das war in der Niederrheinauswahl. Das Fahrgeld wurde mir ersetzt, und ich bekam 15 Euro Tagegeld. Das durfte ich behalten, und ich dachte: Boah, krass. Meinen ersten Profivertrag bekam ich mit 16, das war ein tolles Gefühl – auch, wenn es nur um 500 Euro im Monat ging. Ich bin sofort in den nächsten Klamottenladen.

Die besten Spielerinnen verdienen, so berichten Insider der Branche, etwa 5000 Euro im Monat. Sie bekommen als Sportsoldatin zusätzlich ein Salär von der Bundeswehr. Kommt Ihnen das ab und an seltsam vor?

Natürlich denke ich manchmal: Du spielst nur Fußball, und dein Vater muss neun Stunden als Busfahrer arbeiten und hat am Ende weniger. Aber was soll ich machen?

Vielleicht Schuhe kaufen? 300 Paar sollen Sie inzwischen haben.

Falsch. Das wäre ja völlig übertrieben. Es sind vielleicht 100 oder 150 Paar Schuhe, die ich habe, die meisten sind in einem Schrank im Keller. Aber keine Sorge, ich halte meine Finanzen zusammen.

Wann haben Sie eigentlich erfahren, was der Name Fatmire bedeutet?

Schon im Kosovo. „Fat“ ist auf Albanisch Glück und „Mire“ ist Schönheit. Ich bin ja auch glücklich, ich bin dankbar für mein Talent, mir fehlt nichts, meiner Familie geht es gut, ich habe das tolle Leben, wie ich es mir immer gewünscht habe.

Warum sich Bajramaj gerne schminkt und wie viel man als Frauenfußballerin verdient, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Doch, meine Nase. Ich habe mir beim Kopfball zweimal die Nase gebrochen, mein Knorpel hier ist schon total verschoben. Aber das lasse ich natürlich erst nach meiner Karriere machen – vielleicht kriege ich wieder mal einen Ellenbogen auf die Nase, dann wäre es ja rausgeschmissenes Geld.

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