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In Abwehrstellung. Bayerns Franck Ribery (M.) gegen Hamburgs Rafael van der Vaart (r.). Javi Martinez kann gegen Juventus nicht helfen, der Spanier fehlt gesperrt.

© AFP

FC Bayern gegen Juventus: Menschelnde Maschinen

Nach dem 9:2-Sieg gegen den HSV geht der FC Bayern gut vorbereitet ins Viertelfinale der Champions League. Gegen Juventus bereitet jedoch die Abwehr sorgen.

Jupp Heynckes hat es eine in die Jahre gekommene italienische Diva angetan. Jedenfalls, so gestand der Trainer des FC Bayern München, habe er in der vergangenen Woche viel Zeit mit ihr verbracht. „Ich bin mit der alten Dame abends ins Bett gegangen und morgens mit ihr aufgestanden“, verriet er schmunzelnd. Nein, Frau Heynckes muss sich keine Sorgen machen um die Treue des Gatten, denn es waren wohl nur Statistiken, Bilanzen und Berichte seiner Mitarbeiter über Juventus Turin, im Volksmund auch „Alte Dame“ genannt, die dem Coach den nächtlichen Schlaf raubten.

Das kleine Geständnis zeigt aber, dass der Gegner im Champions-League-Viertelfinale in der heimischen Arena (20.45, live bei Sky) Heynckes zuletzt offensichtlich mehr beschäftigte, als er zugeben wollte. „Es ist nicht nur eine sehr gut strukturierte Mannschaft“, ist sein Fazit nach den gemeinsamen Stunden, „sondern Juventus hat auch Attribute, die man bei italienischen Teams nicht so oft sieht.“ Damit meint Heynckes, der am Dienstag nur den gesperrten Javier Martinez ersetzen muss, vor allem ein ansprechendes Offensivspiel.

So gesehen war das Bundesligaspiel am Samstag kein guter Test, denn der Hamburger SV trat weder gut geordnet noch ideenreich auf, sondern eher wie ein hilfloser Haufen aufgescheuchter Osterküken. Der glanzvolle 9:2 (5:0)-Sieg der Münchner taugt vermutlich nicht einmal dazu, den Italienern große Angst einzujagen. „Wir tun gut daran, das Spiel am Samstag zu vergessen“, sagte Heynckes deshalb. „Die Champions League ist ein ganz anderes Niveau.“

Seine Spieler scheinen den Auftrag ihres Trainers beherzigt zu haben, zumindest erwähnten Thomas Müller und Toni Kroos am gestrigen Montag den höchsten Bundesligasieg der Bayern seit 25 Jahren nicht mit einem Wort. Aber ganz aus den Köpfen ist die Begegnung dann doch nicht, dafür sorgten die beiden späten Hamburger Treffer.

Die beiden Gegentore, jeweils per Kopf erzielt, wären angesichts der Gala der Münchner keiner großen Erwähnung wert gewesen, und auch die nachlassende Konzentration in der Schlussphase des Spiels wären mit der Leichtigkeit des Seins durchaus plausibel zu erklären gewesen. Doch ein Trend bereitet den Verantwortlichen Sorgen: Sieben Gegentore mussten die Münchner in den vergangenen drei Wochen hinnehmen, in jedem der vier Spiele mindestens eines und damit mehr als in den ersten beiden Monaten der Saison. Vier davon außerdem nach Eckbällen. „Das ist ärgerlich und sollte uns wachrütteln“, sagte Matthias Sammer. Der Sportvorstand hob gleich noch seinen Zeigefinger, indem er an die schmerzhafteste Niederlage des Vereins in der jüngsten Vergangenheit erinnerte – gegen den FC Chelsea vor bald einem Jahr. „Das Champions-League-Finale ist noch gar nicht so lange her“, mahnte er. Damals bedeutete Didier Drogbas Kopfballtor nach einer Ecke den Anfang vom Ende für die Münchner Träume.

Heynckes sprach die Nachlässigkeiten schon am Tag danach deutlich an. „Gegen den HSV fällt es vielleicht nicht ganz so auf, wenn einer einen Schritt weniger macht“, weiß Toni Kroos. „Gegen Juventus wird es auffallen.“ Der Tabellenführer der Serie A wird sich in der Defensive nicht so leicht überrumpeln lassen wie die überforderten Hamburger – und nach vorne mehr Zielstrebigkeit zeigen. „Wir brauchen einen großen Plan und eine Strategie“, sagte Sammer.

So wie vor gut zwei Jahren. Im Dezember 2009 hatten die Bayern mit einem 4:1-Sieg in Turin im letzten Moment das Aus in der Vorrunde verhindert – und waren anschließend bis ins Finale durchmarschiert. „Dieses Spiel wurde damals als Wende gesehen“, erinnert sich Müller. Dieses Mal müssten die Bayern allerdings nicht sehr viel ändern, Entschlossenheit und Siegeswille haben sie schon weit gebracht in dieser Saison, aber eben noch nicht ans Ziel. „Dass es in den letzten Wochen ein bisschen gemenschelt hat“, sagt Sammer, dafür müsse man Verständnis haben. „Aber jetzt wollen wir wieder Maschinen sein.“ Die bis zum Saisonende wie geschmiert laufen – auch bei Ecken des Gegners.

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