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Sport: FC Bayern München: Braucht Bayern Effenberg?

Droben, in der Ehrenloge des Münchner Olympiastadions, saß auch Stefan Effenberg. Mit einer verspiegelten Sonnenbrille, enganliegend von der Nasenwurzel bis an die Schläfen, sah er aus wie Puck, die Stubenfliege.

Droben, in der Ehrenloge des Münchner Olympiastadions, saß auch Stefan Effenberg. Mit einer verspiegelten Sonnenbrille, enganliegend von der Nasenwurzel bis an die Schläfen, sah er aus wie Puck, die Stubenfliege. Und die abschirmenden Augengläser erlaubten dem Beobachter keinen Einblick in die Augen. Die sollen ja der Spiegel der Seele sein.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Bundesliga-Tippspiel: Das interaktive Fußball-Toto von meinberlin.de Online-Umfrage: Gucken Sie Bundesliga zukünftig lieber auf Premiere? Was mag also in Stefan Effenberg vorgegangen sein, dort droben in der Ehrenloge, als er seine Kollegen dort unten auf dem Rasen wirbeln sah? Wie sie mal eben den Meisterschaftszweiten Schalke 04 binnen einer einzigen Halbzeit mit 3:0 demontierten. Und das alles ohne ihn. Mal klatschte er brav, mal pustete er durch, und irgendwie passte er ganz gut dorthin, zwischen die, die zwar mehr oder minder wichtig und verdient sind für den Verein, aber mit dem Geschehen auf dem Rasengeviert nicht mehr viel zu tun haben. Das Mittelfeld ohne Effenberg bot einen Mehmet Scholl in zentraler Position, der wie befreit wirkte. Endlich durfte er den Spielleiter geben, was ihn beflügelte, denn solange Effenberg da ist, nimmt ihn trotz seiner 30 Jahre kaum jemand als potenzielle Leitfigur wahr. Er ist vielen noch immer die "Bravo-Sport"-Ikone, der ewige Bengel.

Aber was Scholl als Spielmacher draufhat, wie er eine Mannschaft, die gewaltig unter Druck steht (es drohte der Absturz auf einen Abstiegsplatz), mit- und herausreißen kann, das bewies der immer noch bübische Star am Sonnabend. Das 1:0 durch Claudio Pizarro bereitete er gegen zwei Schalker trefflich vor. Beim 2:0 nutzte er per Freistoß umsichtig die große Lücke in der Gelsenkirchener Mauer, und den Eckball vor dem 3:0 brachte er genau dorthin, wo er hingehörte - auf den Kopf des Torschützen Niko Kovac. "Natürlich ist das genau so einstudiert. Jeder weiß, wo die Ecke hinkommt" - knapp und präzise berichtete Niko Kovac von der guten Zuarbeit des Kollegen Mehmet Scholl.

Neben Scholl rackerten Niko Kovac und Owen Hargreaves, beide als Neuzugang ohne Titelgewinne respektive Jungstar noch wesentlich hungriger, als Effenberg es bei allen Bemühungen noch sein könnte. Den Führungsanspruch des vielleicht neuen Bayern-Leitwolfs offenbarten auch Scholls Formulierungen nach dem Spiel, die sich anhörten, als befände er sich schon eine Stufe unter Cheftrainer Ottmar Hitzfeld: "In der ersten Halbzeit, das war so, wie wir uns das vorgestellt haben." Oder noch deutlicher: "Ich bin stolz auf meine Mannschaft." Ein Chef hat gesprochen.

Viel war auch geredet worden über die vermeintliche Sattheit der Stars nach drei Meisterschaften in Serie und dem Erfolg in der Champions League. Doch satt scheint bei den Bayern, gemessen an den Eindrücken der letzten Wochen, nur einer zu sein. Das Spiel gegen Schalke offenbarte, dass dieses Problem womöglich eng mit Effenberg verbunden ist, der in seinem definitiv letzten Bayern-Jahr, im Nichts zwischen Champions-League-Gewinn und Rente, zur Lustlosigkeit neigt.

Gegen Schalke bekamen die Münchner Zuschauer die Variante zum temperamentlosen Auftritt von Mönchengladbach präsentiert: Es trafen die Neuzugänge Claudio Pizarro und Niko Kovac, die noch keine großen Erfolge vorzuweisen haben, und es traf und wirbelte Mehmet Scholl, der durch die neue Rolle reichlich hungrig wirkte. Mit oder ohne Effenberg - mangelnder Erfolgstrieb ist für Ottmar Hitzfeld offenbar kein Problem: "Ich kenne keinen Fußballspieler, der satt ist. Ansonsten wäre er nicht erfolgreich wie die Bayern-Spieler."

Dennoch wird auch der zuversichtliche Hitzfeld abwarten müssen, wie sich die Dinge mit Stefan Effenberg entwickeln, wenn er wieder dabei ist und die Macht zurückfordert. Zurzeit ist Scholl der bessere Effenberg. "Der FC Bayern ist ohne Stefan Effenberg gut, aber mit ihm noch besser", hat Mehmet Scholl den Interviewern zwar versprochen. Aber ganz sicher waren sich seine Zuhörer nicht.

Detlef Dresslein

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