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Der Fall der Managermarke Hoeneß ist nicht aufzuhalten.

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FC Bayern München: Hoeneß - die strauchelnde Managermarke

Der Aufsichtsrat des FC Bayern steht hinter dem Chef. Uli Hoeneß darf zunächst Präsident bleiben. Natürlich. Doch der Fall der Managermarke Hoeneß ist nicht aufzuhalten, meint der Medienexperte Mike Kleiß.

Uli Hoeneß hat sich endgültig verzockt! Lassen wir die Steuermillionen einmal völlig außen vor. Den Vorwurf der Steuerhinterziehung soll nun endlich zunächst ein ordentliches Gericht klären. Und wollen wir hoffen, dass der Staatsanwalt nicht wirklich ein Angebot bekommt, das er nicht ablehnen kann. In alter Patenmanier.

Wer glaubt, dass die Entscheidung des Aufsichtsrates gestern eine Überraschung war, dass es eine Entscheidung war, die der Rat selbständig getroffen hat, der kennt den FC Bayern nicht. Der kennt die PR und Markenarbeit des Vereins nicht. Außerdem haben viele mit der wahren Macht des Uli Hoeneß nicht gerechnet. Das Oberhaupt der Familie ist untouchable! Das zeigte sich spätestens gestern. Selbst der Bayerische Ministerpräsident, der bis vor einigen Tagen noch sehr barsche Töne fand, wandelt sich wundersam! "Es ist in meinen Augen vertretbar, wenn Uli Hoeneß bis zur vorläufigen Klärung der Angelegenheit durch die Staatsanwaltschaft als Präsident im Amt bleibt. Dafür hätte ich Verständnis. Er muss nicht vorher zurücktreten, ehe die Behörden abschließend ermittelt haben. Dafür gibt es die Rechtsstaatlichkeit”, sagte Horst Seehofer in der Online-Ausgabe der Münchner Abendzeitung.

Warum stellt man sich noch immer hinter Hoeneß? Warum ist er noch immer auf freiem Fuß? Warum ist er noch immer Präsident des FC Bayern? Geht das alles wirklich mit rechten Dingen zu? Oder ist er etwa tatsächlich der neue Pate? Der, den zwar ein Stein in seinem Schuh drückt, der nicht gut schlafen kann, aber am Ende doch die Haltung vertritt: “Halte Deine Freunde nahe bei Dir, aber Deine Feinde noch näher”!

Der FC Bayern und sein Kommunikationsdirektor Markus Hörwick haben mit Uli Hoeneß auf die Strategie Managermarke gesetzt. Was aber ist eine solche Managermarke? Wie funktioniert das Prinzip? Ein Beispiel für die Spezies Managermarke ist Claus Hipp. Ohne ihn wäre seine Babynahrung nie derart glaubwürdig und deshalb erfolgreich. Josef Ackermann – ohne ihn hätte die Deutsche Bank zwar ihren Namen, jedoch nicht einen solchen Bekanntheitsgrad. Wolfgang Grupp - der Trigema-Chef ist aus den Talkshows Deutschlands nicht mehr wegzudenken, der Nervfaktor ist ähnlich hoch wie bei der Seitenbacher Werbung, Grupp ist jedoch mehr als nur reiner Markenbotschafter. Managermarken wie er haben eine wertsteigernde Wirkung für das Unternehmen. Setzt man Managermarken strategisch klug ein, ist ein messbarer Wettbewerbsvorteil für das Unternehmen zu verzeichnen.

Der Manager selbst wird mehr und mehr zum Markenartikel. Je mehr Vertrauen ihm geschenkt wird, je glaubwürdiger er ist, je deutlicher sein Markenversprechen ist, je sichtbarer seine Markenwerte werden, desto mehr Macht bekommt der Manager. Im eigenen Unternehmen, in der Öffentlichkeit, in der Politik, in der Gesellschaft. Uli Hoeneß war sicher eine der besten Managermarken, die Deutschland je hatte. Hoeneß hatte alles, was eine Managermarke haben muss: Die Menschen identifizierten sich mit ihm und damit auch mit dem FC Bayern. Sie vertrauten  ihrem Uli, sie akzeptierten ihn, auch wenn er unbequem wurde. Er hat einen Bekanntheitswert, der dem von Coca Cola sehr nahe kommt.

Und zu guter letzt stand Uli Hoeneß vor allen Dingen für eins: für Qualität. Der FC Bayern ist die erfolgreichste, qualitativ hochwertigste Fußballmarke Deutschlands. Und sollten die Bayern das Champions League-Finale gewinnen, ganz Europas. All das sind Markenwerte, all diese Markenwerte konnte Hoeneß erfüllen. Damit jedoch nicht genug. Wieder unter reinen Managermarkengesichtspunkten, machte sich Hoeneß quasi unsterblich. Er startete als Manager, wurde ein Sprachrohr, entwickelte sich zur Speerspitze, zur Galionsfigur und schließlich zur Ikone. Und mehr als Ikone geht nicht. Jeder einzelne Punkt zahlt direkt auf die Marke FC Bayern München ein. Uli Hoeneß war quasi der Motor, der Beschleuniger, der Turbo, der Treiber der Marke Bayern München. Und davon profitierte selbstverständlich auch die Politik.

Der Schaden, der durch den Steuerskandal um den Bayernpräsidenten entstanden ist, ist in Wahrheit noch gar nicht abzusehen. Im Vordergrund stehen natürlich die nicht angegebenen Millionen. Die sind im Vergleich zu dem, was nun droht, wenn überhaupt Peanuts. Mit diesem Fehler pulverisiert der Präsident den eigenen Markenkern. Stellen Sie sich vor, Claus Hipp würde sich selbst anzeigen. Weil er verseuchtes Fleisch bewusst in seine Babynahrung gemischt hat, für die er mit seinem Namen steht. Es wäre das sichere Ende für sein Unternehmen. So bleibt nun abzuwarten, wie hoch der finanzielle Schaden am Ende wirklich werden wird. Die Marke FC Bayern wird sicher nicht sterben, aber sie wird nachhaltig leiden. Da hilft auch ein Franz Beckenbauer dieses Mal nicht. Und das obwohl er erstaunlicher Weise schon bereits vor der Tagung des Aufsichtsrats wusste, dass ein Rücktritt des Präsidenten kein Thema war. „Der Einzige, der diese Entscheidung treffen kann, ist Uli selbst“, sagte Beckenbauer. „Es wird keiner von den Aufsichtsräten die Stimme erheben und etwas Negatives sagen. Dazu haben sie viel zu viel Respekt vor Uli.“

Mit Verlaub: Mit Respekt hatte die Entscheidung des Gremiums nichts, aber auch gar nichts zutun. Hier hat man klar die Entscheidung getroffen, den Paten nicht ganz stürzen zu wollen, vor allen Dingen aber die Umsätze zu retten. Und Uli Hoeneß trifft am Ende sicher keine Entscheidung mehr. Nicht über die Marke FC Bayern München. Der Aufsichtsrat des FC Bayern kann einfach nur hoffen, dass die Stimmung nicht auch noch in Richtung bzw. direkt gegen den Verein kippt. Um die finanziellen Einbußen etwas in den Griff zu bekommen. Ferner muss man aufpassen, dass sich hier nicht eine Dauerkampagne gegen den Verein entwickelt. Uli Hoeneß wird akzeptieren müssen, dass er nie wieder eine Ikone sein wird. Wer glaubt, einmal eine Ikone zu sein bedeutet, diesen Status auch für immer zu behalten, der irrt gewaltig. Gute Freunde kann ja bekanntlich keiner trennen. So hat wenigstens Franz Beckenbauer Hoffnung: „Es spricht für Uli, dass der Aufsichtsrat sein Angebot abgelehnt hat. Ein toller Vertrauensbeweis für Uli. Jetzt kann ich nur hoffen, dass er möglichst gut aus der Steueraffäre herauskommt.“

Wäre Beckenbauer ein guter, ehrlicher Freund, würde er Uli Hoeneß auf seinem letzten Weg begleiten. Auf dem Weg in den verdienten Ruhestand, mit Würde, mit Anstand, mit Haltung. Wie es sich für eine Ikone gehört. Und auch für eine gute Managermarke, die ihren Dienst getan hat.

Mike Kleiß ist Medien- und Markenexperte. Mit seiner Kommunikationsagentur Medienhafen Köln arbeitet er erfolgreich in den Bereichen Marke, PA, PR und Strategie.

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