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Kritisch. Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG.

© Sven Hoppe/dpa

FC Bayern München: Warum Karl-Heinz Rummenigge Recht hat

Der FC Bayern fährt eine eher konservative Transferpolitik. Das ist richtig, denn auf Dauer verspricht diese Strategie den größten Erfolg. Ein Kommentar.

Von David Joram

Kommentare, die aus dem Hause des FC Bayern in die Fußballrepublik ausgesandt werden, sind häufig sehr spitz formuliert. "Giftpfeile" nennt sie die Fachwelt gern. Ungeschlagener Spitzenreiter ist im Verschicken eines solchen fraglos Uli Hoeneß, der Vereinspräsident, der immerzu überzeugt davon ist, dem gemeinen Fußballvolk aus der Seele zu sprechen. Stichwort Özil, der "ein gut vermarktetes Produkt von seiner Agentur" sei, "die ihn viel besser darstellt, als er eigentlich ist".

Moderater wirkt da schon Karl-Heinz Rummenigge. Zumindest ein Giftpfeilchen hat er im vereinseigenen TV-Kanal nun aber auch losgelassen - Richtung Deutsche Fußball-Liga (DFL). „Was ich bei der DFL vermisse, ist das Thema Visionen und Pläne. Wo will die Liga hin? Wie kommt sie dahin?“, sagte Rummenigge. Was Rummenigge noch sagte, war: „Jeder muss seine eigene Philosophie finden. Man muss das Geld auch sinnvoll einsetzen, um auf der grünen Wiese erfolgreich zu sein.“

Um Geld sinnvoll einsetzen zu können, muss natürlich erstmal welches da sein. Weshalb Rummenigges Hinweis an die DFL ungefähr so verstanden werden darf: Er, der vernünftig wirtschaftende Bayern-Repräsentant, vermisst einen Plan, wie auch andere deutsche Profiklubs in diese Lage versetzt werden könnten. Oder, kurz gesagt: Wie will die DFL ihren Mitgliedern mehr Geld beschaffen?

Rummenigge ("Wir sind sehr an Konkurrenz interessiert") hat da natürlich schon länger einen Vorschlag parat: Die Liga solle sich Investoren öffnen, wofür sie die als investorenfeindlich geltende "50+1"-Regel abschaffen müsste. Ob das gut ist, wenn die - dann etwas vermögenderen - Klubs fremdbestimmt werden, darüber debattierten die Gelehrten in den vergangenen Monaten und Jahren schon intensiv. Sie werden das Thema in der kommenden Zeit vermutlich auch nicht aussparen können. Denn wo der deutsche Fußball hin will (international ganz weit nach oben) und für was er stehen will (einflussreiche gesellschaftliche Kraft), ist mit dieser Debatte eng verknüpft. Geht es bald nur noch um Geld und Erfolg zulasten sozialer Verantwortung - oder geht es im Fußball eben doch noch um mehr?

Zyklen sind entscheidend

Was das alles mit der Transferpolitik des FC Bayern zu tun hat? So einiges. Das Erfolgsmodell der Roten basiert auf ihrem Erfolg, der immer wieder bestätigt werden muss. Am besten auch mal mit einem Titel in der Champions League. Doch die immensen Summen, die etwa Paris Saint-Germain oder Manchester City ausgeben, scheut der Klub (noch). Für die Größenordnung, in der die Bayern spielen, ist ihr wirtschaftliches Verhalten eher konservativ. Interessant ist aber vor allem: Obwohl Geld vorhanden wäre, wollen die Bayern ihre Taktik nicht ändern. Man habe zwar beim FC Bayern die Möglichkeiten, um einen großen Transfer zu machen, tat Rummenigge kund. Aber: "Ob es notwendig ist, weiß ich nicht. Nur kaufen, um die Öffentlichkeit glücklich zu machen, bringt nichts."

Rummenigge hat Recht. Der sportliche Erfolg hängt in erster Linie mit einer langfristigen Strategie zusammen, nicht mit kurzfristigen Megatransfers. In einem enthemmten Fußballkapitalmarkt wird es für deutsche Teams darum gehen, eine Elf nachhaltig zu formen, weniger darum, sie vor jeder Saison neu einzukaufen oder einzelne vermeintliche Wunderstürmer zu verpflichten. Es geht darum, sich weniger vom Tagesgeschäft beeinflussen zu lassen und mehr in Zyklen zu denken - so wie sie es beim FC Bayern auf höchstem Niveau vormachen.

Die aktuelle Elf, die in die Tage gekommen ist, hat in dieser Saison nochmal das Potenzial für den Champions-League-Titel (auch wenn wieder im Halbfinale Endstation sein könnte). Sie ist das Produkt einer langen Entwicklung. Aus dieser Elf werden mit Ribéry, Robben oder Lewandowski nach und nach Weltklasse-Kicker ausscheiden. Die Nachfolgelösungen müssen dann aber keine "fertigen" Weltstars sein. Es dürfen auch hoch begabte Bundesliga-Spieler wie Leon Goretzka oder Serge Gnabry sein, talentierte Jungkicker aus dem Ausland, die im Windschatten der Etablierten heranreifen können, natürlich genauso. Gut möglich, dass deshalb der Champions-League-Pott für die Bayern ein paar Jahre lang schwer zu gewinnen sein wird.

Was das macht? Letztlich wenig. Beim FC Bayern wissen sie: Zyklisch gedacht wird sich die gute Arbeit in bestimmten Phasen immer bezahlt machen.

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