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Hoeneß

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FC Bayern: Rote Köpfe, kühle Hände

Ein schreiender Uli Hoeneß, meckernde Fans und ein gewohnt lockerer Franz Beckenbauer: Die Hauptversammlung beim FC Bayern gestaltete sich emotional.

Der Ralf hat das vermutlich gar nicht böse gemeint. Der Ralf, Pullover mit Hemd drunter, Brille, hat nur höflich dargelegt, dass die Stimmung bei Heimspielen des FC Bayern nicht gut sei. Die 1105 Vereinsmitglieder, die zu dieser Jahreshauptversammlung gekommen waren, haben geklatscht, und dann ergriff Uli Hoeneß das Wort. Er wurde rot im Gesicht, seine Arme flogen durch die Luft, als hätte er jegliche Kontrolle über sie verloren, und mit jedem Wort wurde er lauter. „Das ist populistische Scheiße!“, rief er. „Was bildet ihr euch ein? Was glaubt ihr, wer ihr seid?“ Weiter: „Für die Scheiß-Stimmung seid ihr selber verantwortlich!“ Und weiter: „Was glaubt ihr denn, wer dafür sorgt, dass ihr für sieben Euro in die Südkurve dürft? Die Leute in der Loge, denen wir das Geld aus der Tasche ziehen!“ Später sagte noch Karl- Heinz Rummenigge: „Ihr lebt doch in einer ganz anderen Welt“, und wäre nicht der gewohnt lockere Franz Beckenbauer da gewesen – man hätte fast befürchten müssen, dass Hoeneß und Rummenigge die Fans an Ort und Stelle verprügeln.

Die Versammlung am Montagabend war wie ein Spiegel des Vereins. In den über vier Stunden zeigte der FC Bayern alles, was er hat. Beckenbauer, den lustigen Aufsichtsratsvorsitzenden, der kabarett- ähnlich von der Reise erzählte, die „der Uli, der Kalle und ich“ nach Italien zur Verpflichtung von Luca Toni unternahmen. Karl Hopfner, den ruhigen Geschäftsmann, der sachlich über den Rekordumsatz und Rekordgewinn sprach, Hoeneß, den immer wieder erstaunlich dünnhäutigen Manager, und schließlich Rummenigge, den kühlen Taktiker. Auf seinen Auftritt war man besonders gespannt, nach der Kritik an Trainer Ottmar Hitzfeld in den vergangenen Tagen.

Nun, Rummenigge erzählte von einem Gespräch mit Hitzfeld und reichte ihm symbolisch vom Podest aus die Hand. Es war eine kühle Hand, denn er entschuldigte sich nicht. Und sagte noch, der Trainer sei alleine für Taktik und Aufstellung verantwortlich, „aber vor manchen Entscheidungen würde ich mir wünschen, dass er mit den Verantwortungsträgern spricht“. Hitzfeld saß in der ersten Reihe, mit versteinerter Miene. Es war, als wollte Rummenigge noch einmal zeigen: Schaut her, wir sind nett zueinander, aber der Chef bin ich. Niemand steht über dem Verein, und der Verein, das sind Rummenigge und Hoeneß. Und so ist auch der heftige Wutausbruch von Uli Hoeneß als Resultat eines jahrelang dahinkochenden Konfliktes zu verstehen, der zwischen einigen Fanklubs und der Vereinsführung besteht – weil sich die Fanklubs immer wieder mal gegen den Klub auflehnten.

Als die Versammlung um kurz nach elf vorbei war, trat Rummenigge vor die Mikrofone und beschwerte sich darüber, dass die Medien Kritik nicht richtig deuten könnten, und Hitzfeld spurtete zum Ausgang. Und Hoeneß? Der verschwand, ohne ein Wort zu sagen. Sein Kopf war noch immer rot. Michael Neudecker

Michael Neudecker

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