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Kommt alle mit. Jürgen Klopp (rechts) hofft in Basel auf die Atmosphäre eines Heimspiels.

© REUTERS

FC Liverpool gegen FC Sevilla: Europa League: Basel ist so rot wie Anfield

Zigtausende Fans des FC Liverpool folgen der Einladung von Jürgen Klopp. Im Finale der Europa League geht es für ihn auch darum, eine durchwachsene Saison zu retten.

Basel döste noch friedlich in den Morgen hinein, als am Dienstag die Rote Armee einmarschierte. Die Kombattanten waren bester Laune, sie scherten sich herzlich wenig um militärischen Gleichschritt und schienen sich auch zu früher Stunde schon mit geistigen Getränken gestärkt zu haben. Basel leuchtete so rot, wie es sonst in Liverpool rund um die Anfield Road der Fall ist. Dass sich die Stadt am Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Schweiz für drei Tage lang als exterritorialer Bestandteil der nordenglischen Hafenstadt fühlen darf, liegt vor allem an Jürgen Klopp.

Der deutsche Fußballlehrer hat erstens den FC Liverpool in das Finale der Europa League geführt und zweitens in einem seiner berühmten emotionalen Anfälle alle Fans seiner Mannschaft zum Endspielort nach Basel eingeladen. „50 000, 60 000, vielleicht 100 000 Leute“ in den berühmten roten Leibchen sollten doch bitte dabei sein und eine Atmosphäre erzeugen, wie sie im Viertelfinale etwa seinem früheren Klub Borussia Dortmund zum Verhängnis geworden war. Klopp hat dann schnell gemerkt, dass das „nicht besonders schlau von mir war“ und auch bei den traditionell zurückhaltenden Baslern nicht unbedingt auf große Sympathien stoßen würde. Aber eine einmal ausgesprochene Einladung lässt sich so leicht nicht mehr zurücknehmen. Zwar bekommt der FC Liverpool für das Endspiel am Mittwochabend (20.45 Uhr, live auf Sky und Sport 1) gegen den FC Sevilla im gerade 35 000 Zuschauer fassen St. Jakob-Park nur ein Kontingent von 10 600 Karten. Aber um solche Details haben sich echte Fußballfans noch nie geschert, und welche Fans könnten echter sein als die vom FC Liverpool?

Für beide Klubs geht es um viel nach einer durchwachsenen Saison

Das „Liverpool Echo“ jedenfalls notierte bei der Recherche vor Ort, es habe sich eine Anhängerschaft aus Stockholm, Amsterdam, Kopenhagen, Frankfurt oder Paris auf den Weg nach Basel gemacht, nicht zu vergessen die stattliche Abordnung aus Liverpool. Es wird also ein Heimspiel werden für Klopp und seine Spieler, zumal die Spanier bei ihrer Mission, die Europa League zum dritten Mal in Folge zugewinnen, nur mit 7000 Aficionados unterstützt werden. Für beide Klubs geht es um viel, ja beinahe alles nach einer nicht gerade wohlgeratenen Saison in der heimischen Meisterschaft. Sevilla hat das internationale Geschäft über den nationalen Weg als Siebter ebenso verpasst wie Liverpool auf Platz acht.

Jürgen Klopp weiß, dass sie sich an der Merseyside schon ein bisschen mehr von ihm erhofft haben, und in diesem Sinne definierte er den Gewinn der Europa League beizeiten als das eigentliche Ziel einer Saison, die er nach seiner Berufung im vergangenen Oktober erst spät beeinflussen konnte. Der Sieger dieses international zweitrangigen Wettbewerbs ist in der kommenden Saison automatisch für die Champions League qualifiziert. „Sevilla ist nicht besser als wir“, sagt Klopp relativiert und diese Mut machende Einschätzung gleich damit, „dass wir auch nicht besser als Sevilla sind“.

Zum Saisonausklang der Premier League gab es am Sonntag ein 1:1 bei West Bromwich Albion, wo Klopp allerdings eine Mannschaft aufgeboten hatte, die sich nur deshalb nicht als halbe B-Elf bezeichnen ließ, weil es eine komplette B-Elf war. „In Basel wird es um Kleinigkeiten gehen“, sagt Klopp und ein jeder seiner Spieler möge doch bitte die Atmosphäre des Finales genießen. „Wenn du den Druck spürst, hast du keine Chance.“ Und was könnte den Druck schon besser umwandeln als das Privileg, daheim zu spielen? In einer Liverpooler Exklave am Dreiländereck Deutschland-Frankreich- Schweiz, die am Dienstag friedlich von der Roten Armee besetzt wurde.

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