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St. Pauli

© dpa

FC St. Pauli: Kein müder Millerntaler

Den bargellosen Verkauf im Stadion - bei Schalke 04 oder Bayern München gibt es ihn schon. Bei Fußball-Zweitligist FC St. Pauli regt sich nun der Fan-Zorn gegen die Einführung des "Millerntalers".

Kein Bier mehr auf St. Pauli? Das klingt absurd, könnte aber bald passieren. Denn die Fans des Zweitligisten FC St. Pauli wollen künftig die Getränkestände am Hamburger Millerntor boykottieren. Anlass ist die umstrittene Einführung des „Millerntalers“, eines bargeldlosen Zahlungssystems, wie es bereits in vielen modernen Stadien üblich ist.

Beim Freundschaftsspiel gegen Hannover 96 in der vergangenen Woche war die Reform auf Flyern angekündigt worden: „Dein Astra bekommst du nicht mehr für schnöde Euro, sondern für einen Bier-Taler aus der neuen Millerntaler-Währung.“ Schon zum ersten Heimspiel der Rückrunde sollen Bier und Bratwurst mit Verzehrcoupons im Design von Pokerchips bezahlt werden, die man an Buden im Tausch gegen Euro erhält. Ausgedacht haben sich das Verein und Caterer, um den Imbissbetrieb zu vereinfachen. Doch noch am Tag der Ankündigung formierte sich Protest gegen das Plastikgeld im Internet. Mehr als 2000 Fans haben bereits eine Petition unter dem Motto „Eure Taler sind nicht unser Bier“ unterschrieben. Viele wollen bei der Partie gegen Jena am 8. Februar auf Bier verzichten, um das Catering-Unternehmen mit Einbußen abzustrafen.

Überraschend sind diese Reaktionen nicht. Zuletzt hatte sich bei der Diskussion um den Verkauf des Stadionnamens gezeigt, dass viele Fans auf dem Kiez neuen Marketing-Ideen skeptisch gegenüberstehen. Hinter dem Millerntaler wittern sie „Profitgier“. Sie sind überzeugt, dass der Caterer auf Mehreinnahmen durch nicht zurückgegebene Plastikchips spekuliert. Und in der Tat: Bei Vereinen, die den bargeldlosen Zahlungsverkehr schon eingeführt haben, gibt es durchaus Nachteile für Besucher: In der Allianz-Arena, wo bei Spielen des FC Bayern fast alles mit der Arena-Card gezahlt wird, kann das Restguthaben nur an Spieltagen vor Anpfiff oder bis zu zwei Stunden nach Spielende ausbezahlt werden. Ein Nachteil vor allem für die Fans der Gäste, die nach dem Spiel schnell zum Bus oder Zug müssen. Sie können die Karte zwar zur Rückerstattung einschicken, aber dann wird eine Bearbeitungsgebühr von einem Euro fällig. Ähnlich ist es beim FC Schalke 04. Das Restgeld der „Knappenkarte“ wird zwar an Automaten erstattet, doch wer wegen ein paar Euro nicht anstehen möchte oder es im Fantaumel vergisst, zahlt drauf.

St. Paulis Klubführung hat es versäumt, den Fans die Idee rechtzeitig schmackhaft zu machen. Denn auf den Flyern steht nicht, was die Stadionbesucher vom Millerntaler haben. Inzwischen räumen die Initiatoren ein, dass „die durchaus unglückliche Art und Weise der Bekanntmachung“ zu „ungewollter Aufregung“ geführt hat. Nicht genutzte Taler könnten umgetauscht werden, heißt es beschwichtigend. Zudem soll das Bezahlen mit Euro weiterhin möglich sein. Für wie viele Stände das gilt, ist aber noch unklar.

„Der Millerntaler kommt definitiv“, sagt Vereinspräsident Corny Littmann. Derzeit sieht es aber nicht so aus, als ob sich die Fans überzeugen lassen. Vielleicht wird ihnen die Entscheidung zum Boykott ja erleichtert: Sollte die Polizei die Partie gegen Jena als Sicherheitsspiel einstufen, gäbe es am 8. Februar ohnehin nur alkoholfreies Bier am Millerntor.

Dagny Lüdemann

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