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Stichfest: Der deutsche Säbelfechter Nicolas Limbach überzeugte zum Beispiel im Mannschaftskampf gegen Russland.

© dpa

Fechten: Nicht das letzte Gefecht

Eine neue Generation von Säbelfechtern holt Teambronze in Leipzig – und hat wie ihr Sport Perspektiven.

Wie entspannt die deutschen Säbelfechter in diesen Tagen sind, ließ sich am Mittwochmorgen in Leipzig beobachten. In einer Ecke der Arena Leipzig hatte ihre Pressekonferenz gerade begonnen, als sie von einer Durchsage unterbrochen wurden: „Die Fahrer der Wagen mit dem Kennzeichen…“ Es folgten die Nummernschilder dreier Autos, die im absoluten Halteverbot standen. Die Säbelfechter Björn Hübner und Benedikt Beisheim grinsten, Vilmos Szabo, Säbel-Bundestrainer der Männer, blickte irritiert drein – dann sprachen alle weiter über ihre Bronzemedaille vom Vortag. Nach 20 Minuten, als die Pressekonferenz beendet war, drückte der Bundestrainer einem seiner Fechter einen Autoschlüssel in die Hand und sagte: „Das war unser Bus.“

Der Bus ist in der Zwischenzeit nicht abgeschleppt worden. Irgendwie hätte das auch nicht gepasst zu der guten Bilanz der Säbelfechter bei der Europameisterschaft in Leipzig. Drei von fünf Medaillen des Deutschen Fechter-Bundes wurden mit dem Säbel erkämpft. Auch die Bronzemedaille der Männer am Dienstag hatte kaum einer auf der Rechnung gehabt. „Wir haben fünf Jahre lang auf den Arsch bekommen“, sagt Björn Hübner, „es wurde jetzt einfach Zeit, dass wir etwas gewinnen.“ Zuvor hatten auch Nicolas Limbach mit Silber und vor allem Sybille Klemm mit Bronze überrascht. Am heutigen Abschlusstag der EM in Leipzig tritt die Mannschaft der Säbelfrauen zum letzten Gefecht an. „Mit einer Medaille zu rechnen, wäre vermessen“, sagt Frauensäbel-Bundestrainer Eero Lehmann, „aber vielleicht ist eine Überraschung möglich.“

Das Säbelfechten erlebt zurzeit eine Renaissance im Deutschen Fechter-Bund. Zu Beginn der Neunzigerjahre war die Waffengattung um Weltmeister Felix Becker erfolgreich, auch bei den Olympischen Spielen 2000 in Sydney holten die Säbelfechter zwei von fünf deutschen Medaillen. Anschließend aber wurde es ruhig. „Es gibt immer solche Wellen“, sagt Sportdirektor Manfred Kaspar. Gegenwärtig heben sie den Verband wieder aufwärts. Ein bedeutender Grund dafür liegt in Dormagen, wo Bundestrainer Vilmos Szabo in den Neunzigerjahren einigen Kindern das Säbelfechten beigebracht hat. Sie hießen Nicolas Limbach, Max Hartung und Benedikt Beisheim, sind später Junioren-Weltmeister geworden und seit Dienstag auch Besitzer einer EM-Bronzemedaille. Björn Hübner aus Tauberbischofsheim ergänzt die aktuelle deutsche Säbelmannschaft. „Die Zusammenarbeit zwischen den Vereinen ist sehr gut“, sagt Bundestrainer Eero Lehmann. Zu Zeiten des verstorbenen Bundestrainers Emil Beck sei das noch anders gewesen. „Die aktuelle deutsche Generation etabliert sich gerade erst“, sagt Sportdirektor Manfred Kaspar. Und sie ist den ganz großen Erfolgen schon recht nah.

Am Dienstag führte das Team um Limbach im Halbfinale gegen den Favoriten Italien mit 25:13 – und stand vor einer Sensation. Dann erhielt der 20 Jahre alte Max Hartung vom elf Jahre älteren Aldo Montano eine Fechtlehrstunde, die nicht enden wollte. 3:17 war der junge Deutsche gegen den Olympiasieger von 2004 unterlegen, als er endlich von der Planche durfte. Das Halbfinale war damit verloren: 37:45.

Nicolas Limbach kann an der Demontage seines Teamkollegen sogar etwas Positives finden. „Das war interessant für die Zuschauer, da geschieht etwas auf der Bahn“, sagt der Weltranglistenerste, „so etwas kann im Florett oder im Degenfechten nicht passieren.“ Auch andere Nationen entdecken zurzeit die Attraktivität des Säbelfechtens, der einzigen Hieb-Waffe im Fechten. Auch in den USA, in Asien und Südamerika wird vermehrt mit dem Säbel gefochten.

Was für das deutsche Säbelteam den Nachteil birgt, dass die Weltspitze breiter und ausgeglichener geworden ist. Neben einem guten Abschneiden bei der WM will es sich für die Olympischen Spiele in London 2012 qualifizieren. Was schwer genug wird, zwölf Mannschaften streben nach acht Plätzen. „Wir wollen uns für London qualifizieren“, sagt Björn Hübner, „und das werden wir auch.“ Das ist auch neu bei den deutschen Säbelfechtern, dieses Selbstbewusstsein.

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