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Pusch

© Imago

Fechten: Vermisste Ägypter und zerlegte Zimmer

Zum 50. Mal findet das Fechtturnier "Weißer Bär" statt – an aufregenden Geschichten mangelt es nicht.

Berlin - Im vergangenen Jahr fehlten plötzlich die Ägypter. Sie waren angemeldet, ihre Hotelzimmer gebucht, aber auf der Planche tauchten sie nicht auf. Nach detektivischer Kleinarbeit erfuhren sie beim Fecht-Club Grunewald später, dass die Ägypter zum Militärdienst eingezogen worden waren. Der Krieg zwischen Israel und der Hamas in Gaza hatte getobt.

„Aber solche Zwischenfälle“, sagt Dietrich Dupke, „sind normal.“

Beim „Weißen Bären“, dem größten Männer-Degen-Fechtturnier der Welt, sind sie eben einiges gewöhnt. Und niemand hat mehr erlebt als Dietrich Dupke, das Ehrenmitglied des Fecht-Clubs Grunewald, des Veranstalters. Zum 50. Mal findet an diesem Wochenende der „Weiße Bär“ statt, und Dupke war von Anfang an dabei. Zehn Jahre lang als Fechter, seither als „Mädchen für alles“.

Die Kosten für die Hotelzimmer der Ägypter musste der Verein tragen, aber das ist der schon gewöhnt. Immer wieder kommt es vor, dass angemeldete Athleten nicht auftauchen. Oft gibt es Visaprobleme, vor allem bei Athleten aus osteuropäischen Ländern. Manchmal aber auch fehlt der Wille. Vor Jahren hatten sich drei georgische Fechter angemeldet. Doch die wollten lieber nach Paris, deshalb hatten sie nicht mal die komplette Ausrüstung im Gepäck. In Frankfurt am Main wollten sie in ein Flugzeug nach Paris umsteigen. Dagobert Remuss, der damalige Organisationschef, erfuhr davon und zwang das Trio telefonisch ins Flugzeug nach Berlin, Tickets hatten sie bereits von Remuss erhalten. Auf die Planche freilich ging nur einer von ihnen.

1960, als das erste Turnier in der Ruhemann-Halle in Wilmersdorf stattfand, da war das Ganze noch eine intime Angelegenheit. Fechter aus Berlin stellten den Großteil der insgesamt 25 Teilnehmer, darunter waren noch ein paar westdeutsche Athleten – heute sind es mehr als 300 Fechter. Veranstalter war damals noch der Berliner Fechterbund. Erst als das Turnier 1976 zur Internationalen Deutschen Meisterschaft aufgewertet wurde, mit Erfolgsprämien, bezahlter Unterkunft und Tagegeldern, da kamen auch viele Ausländer. Aus dem Westen selbstverständlich, besonders aus Dänemark und Schweden. 1977 waren auch die Chinesen da, einmal nur. „Aber mit denen war es sehr locker“, erzählt Dupke. Die Ostblockländer rückten erst nach der Wende an, da aber nachdrücklich. Einerseits sportlich: Der Russe Pawel Kolobkow gewann dreimal den „Weißen Bären“. Alexander Pusch aus Tauberbischofsheim hält den Rekord: fünf Siege.

Andererseits blieben sie auch außerhalb der Planche in Erinnerung, die Osteuropäer. Vor drei Jahren zerlegten Georgier und Ukrainer ein Hotelzimmer. Sie waren nachts in Streit geraten. Die Kosten, 400 Euro, teilten sich die Streithansel später brüderlich. Anita Herrmann, die Vorsitzende des Fecht-Clubs Grunewald, hat die Geschäftsführung des Turnierhotels in diesem Jahr bereits eindringlich gebeten: „Legt die Russen und die Ukrainer nicht auf eine Etage.“ Georgier sind 2010 nicht dabei.

Das größte Kontingent stellen natürlich die Deutschen; am Start ist auch der Weltranglisten-Zweite Jörg Fiedler aus Tauberbischofsheim. Zwei Ägypter sind auch gemeldet. Ob sie kommen, wusste gestern noch niemand; viele Athleten landen erst in der Nacht zum Samstag in Berlin. „Ob sie da sind“, sagt Anita Herrmann, „weiß ich erst zu Turnierbeginn.“

„Weißer Bär“, Korber-Zentrum, Samstag 9 Uhr, Sonntag 9 Uhr. Sonntag, 14.30 Uhr: Finals im Haus des Deutschen Sports, Olympiapark, Hanns-Braun-Straße.

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