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Felix Magath beim VfL Wolfsburg: Ausland im Inland

Felix Magath reizen beim VfL Wolfsburg Machtfülle und Gestaltungsspielraum nach englischem Vorbild.

Am Ende ist Felix Magath doch bei einem internationalen Verein gelandet, irgendwie zumindest. Eigentlich hatte der Fußballtrainer seinen neuen Arbeitsplatz nach seiner Entlassung beim FC Bayern München im Januar eher im Bereich Real Madrid oder FC Chelsea gesehen. „Aber schon bald wurde mir klar, dass bei den ausländischen Spitzenvereinen keine Stelle frei wird“, sagte Magath. Also entschied er sich für den VfL Wolfsburg, das Ausland im Inland. „Wenn man einmal bei Bayern Trainer war, ist es schwierig, in der Bundesliga zu bleiben“, sagte der 53-Jährige. „Eine der wenigen Möglichkeiten war der VfL. Er hat eine Struktur, die aus meiner Sicht zukunftsweisend ist.“ Gestern präsentierte der Bundesligist seinen neuen Trainer, der nach englischem Vorbild gleichzeitig auch Sportdirektor, Jugendkoordinator und Mitglied der Geschäftsführung wird.

Nachdem der Volkswagen-Konzern jahrelang zugesehen hat, wie sein Geld im VfL ohne erkennbares Konzept und ersichtlichen Erfolg versickerte, forcierte er nun eine Strukturänderung. „Wir wollen den VfL sportlich und wirtschaftlich voranbringen“, sagte Hans Dieter Pötsch, Vorsitzender des Aufsichtsrats der VfL-Fußball-GmbH. „Dazu braucht es neue Impulse und ungewöhnliche Ideen.“ Der „rote Faden“ des neuen VfL-Leitbilds sei die „Bündelung sportlicher Verantwortung unter Einbeziehung der Jugendarbeit“, erklärte Pötsch.

Letztlich war es wohl dieser Gestaltungsfreiraum als Trainermanagergeschäftsführer, gepaart mit den kolportierten vier Millionen Euro Jahresgehalt, der Magath in die fußballerische und gesellschaftliche deutsche Provinz lockte. „Es geht darum, dass ich meine Vorstellungen ohne Reibungsverluste durch andere Meinungen durchsetzen kann“, sagte Magath. In gewisser Weise ist er damit sogar besser gestellt als Chelseas Trainer Jose Mourinho. Er hat zwar weniger Geld zur Verfügung, aber auch keinen Abramowitsch, der ihm hineinredet.

Aufsichtsratschef Pötsch ist überzeugt, dass Magath der richtige Mann ist, weil er sich seinen Namen „nicht nur mit dem Einkauf großer Namen, sondern auch als Macher der jungen Wilden in Stuttgart“ geschaffen habe. Den VfB Stuttgart hatte Magath aus einer ähnlich starken Position heraus mit eigenen Nachwuchsspielern in die Champions League geführt – eine Leistung, die nur allzu gut ins Vermarktungskonzept von VW passen würde. Der Traum von der europäischen Eliteliga ist in Wolfsburg vorerst eigentlich offiziell eingefroren worden, doch mit Magaths Ankunft bildeten sich sofort die ersten Tautropfen. Der Trainer verglich den Verein mit dem italienischen Rekordmeister Juventus Turin, der auch eine große Nähe zu einem Weltkonzern habe, und mit den großen englischen Klubs, die potente Kapitalgeber im Rücken hätten. „Die Tendenz wird auch in Deutschland kommen. Und da will ich mit Wolfsburg in der Poleposition sein und nicht hintendran.“

Auch bei der Formulierung seiner Ziele blieb Magath in diesen Sphären: „Titel sind für mich das Maß aller Dinge. Ich sehe hier diese Möglichkeit, nicht kurzfristig, aber vielleicht in fünf Jahren.“ Um den VfL titelreif zu bekommen, wird Magath vor allem das planerische Aufgabenfeld seiner Dreifachtätigkeit ausgiebigst beackern müssen. „Wenn man zwei Jahre in Folge nur knapp dem Abstieg entrinnt, dann liegt das nicht nur am Trainer“, sagte Magath. „Hier müssen strukturelle Veränderungen vorgenommen werden.“ Mit Hilfe der Kontakte von Volkswagen in Argentinien und Brasilien möchte er VfL-Fußballschulen in Südamerika aufbauen, denn „dort laufen doch Millionen von interessanten Fußballern herum, die man zum VfL holen kann“. Zuvor wird es aber andere Neuverpflichtungen geben. Nachdem in Diego Klimowicz und Mike Hanke der komplette erste Angriff den Verein verlassen hat, ist „die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass noch ein Stürmer geholt wird“, sagte Magath, der angekündigt hatte, dass er seine Kontakte zu Bayern München nutzen wolle, um „den einen oder anderen mitzubringen“.

Die Personalie Horst Heldt hingegen hat keine vornehmliche Dringlichkeit. Natürlich würde er den Sportdirektor des VfB Stuttgart liebend gern verpflichten, wie er jüngst angekündigt hatte. „Aber ich glaube nicht, dass der VfB ihn gehen lässt.“ Also wird Magath die Herausforderung VfL Wolfsburg zunächst allein schultern müssen. Immerhin hat er dadurch einen Vorteil bei der Fehlersuche: „Wenn es nicht läuft, dann weiß ich sofort, bei wem ich die Schuld suchen muss: bei mir selbst.“

Christian Hönicke[Wolfsburg]

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