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Fernando Alonso, 35, fährt seit 2001 in der Formel 1. Zweimal wurde der Spanier seitdem Weltmeister: 2005 und 2006 im Renault. Derzeit steht er bei McLaren-Honda unter Vertrag.

© dpa

Fernando Alonso im Interview: "Langsamfahren macht keinen Spaß"

Fernando Alonso spricht vor dem Großen Preis in Singapur am Sonntag über die Gründe für den Abwärtstrend der Formel 1, seine beiden schweren Unfälle und andere Rennserien.

Herr Alonso, Sie haben zuletzt sehr deutlich die Formel 1 kritisiert. Für die nächste Saison sind wieder Änderungen geplant: eine neue Aerodynamik der Autos und breitere Reifen. Ist das der richtige Weg?

Schwer zu sagen, ich bin kein Technikexperte, der erklären kann, wie die Autos wieder attraktiver werden. Ich fahre sie nur. Andererseits ist die Kritik an der Formel 1 ja etwas, das man von vielen Seiten hört, besonders von den Fans: Zu langsam, zu leise, zu wenig extrem. Als Folge davon ist die Formel 1 spätestens seit fünf Jahren in einem Abwärtstrend.

Wie sehen das die Fahrer?

Wir denken doch das Gleiche. Nur dass manche es eben laut sagen und andere eher nicht. Vor allem die nicht, die es gar nicht anders kennen. Die saßen noch im Go-Kart oder in irgendwelchen Nachwuchsrennserien, als die Formel 1 noch wirklich attraktiv war. Ich glaube, die Teams und der Weltverband Fia haben das jetzt allmählich auch verstanden und versuchen, es nächstes Jahr zu verbessern, wieder schnellere, extremere Autos zu schaffen. Also sollten wir jetzt einmal abwarten, ob das die richtige Richtung ist.

Ist die Formel 1 als Ganzes durch die derzeitige Situation in Gefahr?

Die Formel 1 wird nie wirklich in Gefahr sein. Der Name, die Marke, das ist zu stark. Es gibt mal bessere, mal schlechtere Zeiten, aber die Formel 1 wird immer die Formel 1 bleiben. Sie ist stärker als jede spezielle Ära der Autos.

Hat die heutige Technologie auch die Einflussmöglichkeiten der Fahrer in der Entwicklungsarbeit eingeschränkt?

Ja, das ist sicher so. Aber die Welt hat sich nun einmal verändert. Die technische Revolution, der wir gegenüberstehen, wirkt sich auch in diesem Bereich aus. Die Autos sind einfach extrem komplex geworden. Vor ein paar Jahren waren sie noch einfacher, da musste man einfach nur schnell fahren. Aber diese Autos damals am Limit zu bewegen, war nie einfach, denn sie waren sehr schnell. Manchmal ging man da schon fast über die Grenzen der Physik oder dessen, was einem möglich schien, hinaus.

Wie ist die Situation nun?

In den vergangenen 15 Jahren liegt der Sport immer mehr in den Händen der Ingenieure und der technischen Arbeitsgruppen, die über die Regeln entscheiden. Die wollen die faszinierendsten Maschinen schaffen, die sie schaffen können. Aber es sind und bleiben Maschinen, letztlich Spielzeuge. Allerdings sind es jetzt ihre Spielzeuge, nicht mehr unsere.

Diese Situation scheint Sie noch mehr zu frustrieren als die Tatsache, dass Sie jetzt bei McLaren-Honda schon einige Zeit ohne Sieg- oder gar WM-Chancen sind.

Im Prinzip erzähle ich das Gleiche doch schon seit zwei Jahren: Die Autos sind schwerer und langsamer als früher. Wir müssen ständig nur Reifen und Sprit sparen, von der ersten Runde an. Und das geht alles gegen den Instinkt der Fahrer. Langsam fahren macht keinen Spaß. Man will immer so schnell fahren wie möglich. Selbst wenn man nur in einem Go-Kart unterwegs ist. Und dann kommt man zu einem Grand Prix und fährt langsam, weil dadurch das Rennergebnis insgesamt besser wird. Das ist doch widersinnig.

Die Langsamkeit ist also das Problem?

Nicht nur. Die Autos sind auch körperlich keine echte Herausforderung mehr. Ich weiß noch, bei meinen ersten Tests haben die Ingenieure gesagt, ich solle nicht mehr als 50, 60 Runden fahren. Weil man danach kaputt war, dann konnte man den Kopf nicht mehr gerade halten. Heute steigt ein Neuling bei den Wintertests ein und fährt gleich mal 150 Runden am Tag. Es geht gar nicht darum, ob man gewinnt oder nicht. Es geht um das Gefühl, das einem das Auto gibt.

Wenn das 2017 nicht wirklich besser wird, hören Sie dann auf?

Sehr gut möglich. Ende 2017 läuft mein Vertrag bei McLaren-Honda aus, ich muss also neu verhandeln. Dabei muss ich auch meine persönliche Situation betrachten. Ich bin jetzt 35 Jahre alt, nächstes Jahr dann 36. Wenn es vielleicht mein zweites Jahr in der Formel 1 wäre, ich mir noch Träume erfüllen müsste, vielleicht noch meinem ersten Sieg, meinem ersten WM-Titel hinterherjagen würde oder noch Geld bräuchte, dann wäre das etwas anderes. Aber jetzt, nach 16 Jahren, da brauche ich das alles nicht mehr. Da brauche ich nur noch Spaß.

Könnten Sie dann in einer anderen Rennserie antreten?

Warum nicht? Aber wir werden sehen.

Haben die zwei schweren Unfälle, die sie in den vergangenen beiden Jahren hatten, eine Rolle bei ihren Gedanken um das Rennfahren und das eventuelle Aufhören gespielt?

Nicht wirklich. Das ist Zufall. Manchmal hat man acht oder neun Jahre nix, und dann passieren schon mal innerhalb von zwei Monaten zwei schwere Unfälle. Das hat für mich nichts verändert. Ich fühle mich im Auto immer noch sehr sicher. Die Sicherheitsstandards in der Formel 1 sind unglaublich. Das ist vielleicht das Positivste an der gesamten Formel-1-Entwicklung der vergangenen 15 Jahre, wie sich die Sicherheit in allen Bereichen weiterentwickelt hat.

Sie bekommen nächstes Jahr einen neuen, jungen Teamkollegen, den Belgier Stoffel Vandoorne. Ändert das etwas für Sie?

Nein. Ich habe ja immer gesagt, dass mir jede Entscheidung recht ist. Stoffel ist sehr schnell, dabei aber sehr ruhig und konzentriert im Auto. Er ist auf jeden Fall reif für die Formel 1. Aber es ist für die Jungen heute auch einfacher als zu meiner Zeit. Erstens, weil eben die Autos keine so große Herausforderung mehr sind. Und zweitens, weil die Jungs durch die viele Simulatorarbeit heute ganz anders vorbereitet sind.

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