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Freunde fürs Leben? Das werden DFB-Präsident Wolfgang Niersbach (links) und Fifa-Chef Joseph Blatter wohl kaum noch.

© dpa/Carstensen

Fifa-Korruptionsskandal: Joseph Blatter schießt gegen seine Widersacher

Nach seiner Wiederwahl geht Fifa-Präsident Joseph Blatter seine größten Widersacher hart an. Während sich der Konflikt mit der Uefa zuspitzt, bemüht sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wieder um Ausgleich.

Von Johannes Nedo

Es ist ein Bild vom perfekten Familienidyll. Der Großvater sitzt milde lächelnd neben seiner Enkelin auf dem Sofa, und daneben strahlen noch dessen Tochter und der Schwiegersohn in die Kamera. Ein Fotomotiv, wie es bei vielen Familien gerahmt im Regal steht. Und doch unterscheidet sich die Aufnahme, die Familie Blatter am Sonntag veröffentlicht hat, fundamental von denen aller anderen Familien dieser Welt. Denn hinter den vier selig blickenden Blatters steht etwas, das nur diese Familie präsentieren kann: der goldene WM-Pokal.

Joseph Blatter geht weiter in die Offensive – und der Fifa-Präsident, der am Freitag trotz des neuerlichen Korruptionsskandals in seinem Weltverband in seine fünfte Amtszeit gewählt wurde, fährt dabei eine Doppelstrategie. Zum einen setzt er auf menschelnde Familien-Home-Stories, wie die am Sonntag in der größten Schweizer Boulevardzeitung „Blick“. Da berichtet der 79-Jährige, wie müde er nach diesen so schweren vergangenen Tagen sei. Und seine Tochter Corinne Blatter Andenmatten erzählt gerührt, wie stark er doch sein musste zuletzt – dass er aber nur bei der Geburt der Enkelin geweint habe. Hachgott.

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Der DFB reagiert verwundert auf Blatters Schilderungen

Doch in dem gleichen Interview fährt Blatter auch wieder die Krallen aus. Erneut attackiert er seine Widersacher aus den europäischen Fußball-Verbänden, besonders den DFB-Chef Wolfgang Niersbach und den Uefa-Präsidenten Michel Platini. Und er bedient sich dabei eines überaus prominenten Kronzeugens: Franz Beckenbauer. Blatter berichtet: „Ich habe mit Franz Beckenbauer telefoniert. Er sagte mir, er habe den deutschen Verbandspräsidenten zusammengefaltet, weil der gegen mich stimmte.“ Welch‘ eine Provokation! Zudem outete er Beckenbauer damit als seinen klaren Unterstützer. Doch der Ehrenpräsident des FC Bayern München bemühte sich schleunigst, diesen Eindruck wegzuwischen. Der 69-Jährige wies Blatters Äußerungen am Sonntag zurück: „Ich habe mit Wolfgang Niersbach freundschaftlich telefoniert. Von Zusammenfalten kann überhaupt keine Rede sein.“ Auch der DFB reagiert verwundert auf Blatters Schilderungen. Ein Verbandssprecher widersprach ihnen ebenfalls.

Noch schärfer greift der Schweizer aber seinen französischen Rivalen an. Auf die Frage, von wem er am stärksten enttäuscht worden sei, antwortete er in dem Interview: „Von Michel Platini.“ Er wirft dem Uefa-Präsidenten vor, in der Nacht vor der Wahl am Freitag in einer E-Mail alle 209 Fifa-Mitgliedsländer aufgefordert zu haben, gegen ihn und für den jordanischen Herausforderer Prinz Ali bin al-Hussein zu stimmen. Blatter berichtet zudem von dem Vier-Augen-Gespräch zwischen ihm und Platini am Donnerstag. Platini habe ihn zum Rücktritt aufgefordert. „Er meinte allen Ernstes, ich würde ein gigantisches Fest bekommen und dürfte mein Büro behalten“, sagt Blatter und beendet seine Tirade gegen den Uefa-Chef mit den Worten: „Es war null Respekt gegenüber meiner Person da.“

Blatter muss weitere Attacken von der US-amerikanischen Justiz fürchten

All seine neuen Anschuldigungen lassen darauf schließen, dass sich der Konflikt zwischen ihm und der Uefa weiter zuspitzt. Dabei war DFB-Präsident Niersbach am Samstag bereits wieder um Ausgleich bemüht. Er hatte sogar davon gesprochen, dass die Beziehung zu Blatter eigentlich „in Ordnung“ sei. Der Fifa-Chef scheint dies jedenfalls nicht so zu sehen.

Platini äußerte sich zu Blatters Vorstoß zunächst nicht. Jedoch bekräftigten andere europäische Verbände ihren Willen, die Fifa weiter unter Druck zu setzen. Der Däne Allan Hansen, Mitglied im Exekutivkomitee der Uefa, fordert einen Austritt der Uefa aus dem Weltverband. Und der Präsident des englischen Verbands, Greg Dyke, betonte, England würde einen Uefa-Boykott der WM unterstützen. Am Samstag wollen sich die Europäer in Berlin vor dem Champions-League-Finale besprechen, ob und wie sie gegen die Fifa vorgehen.

Blatter muss also weitere Attacken fürchten, besonders aber von der US-amerikanischen Justiz. Denn Richard Weber, Chef der Ermittlungsabteilung bei der US-Steuerbehörde, sagte bezüglich des Fifa-Skandals: „Wir gehen davon aus, dass weitere Personen in Straftaten verwickelt sind.“

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