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Sport: Filippo Inzaghi: Kleiner Mann ganz laut: Von seinen Torjäger-Qualitäten ist der Italiener überzeugt

Gottseidank, sagen die Italiener, gottseidank versteht Dino Zoff auch einiges vom Fußball. Als es darum ging, wer für die "squadra azzurra" Tore schießen soll bei de EM in Belgien und Holland, hat der Nationaltrainer nämlich im letzten Moment doch entschieden, Simone Inzaghi daheim zu lassen.

Gottseidank, sagen die Italiener, gottseidank versteht Dino Zoff auch einiges vom Fußball. Als es darum ging, wer für die "squadra azzurra" Tore schießen soll bei de EM in Belgien und Holland, hat der Nationaltrainer nämlich im letzten Moment doch entschieden, Simone Inzaghi daheim zu lassen. Ein Inzaghi sei genug, sagt Zoff. Ihm war wohl auch der Rummel zu groß, wie er zuletzt im Finale der Seria A veranstaltet wurde um die beiden treffsicheren Brüder Fillipo von Juventus Turin und Simone, den zwei Jahre Jüngeren vom Champion Lazio Rom.

Kein Tag im Schlussakt der Seria A, an dem nicht Mama Marina im Fersehen interviewt wurde über ihre berühmten Söhne. Den wahren Drahtzieher hinter den Karrieren der beiden Torjäger haben die Korrespondenten jedoch auch ausgemacht. Giancarlo Inzaghi, der Vater, der als der Peter Graf des italienischen Fußballs gilt. Und dieses Image färbt auch etwas ab auf die Söhne.

Die Geschichte, warum nun der 26-jährige Fillipo die Kohlen aus dem Feuer holen soll für das Land des dreimaligen Fußball-Weltmeisters, führt zum nationalen Problem der teuersten Liga der Welt. Längst haben die Klubs mit den ganz tradiotionsreichen Namen ihre Idendität verkauft. Bei Meister Lazio führt der Argentinier Veron Regie, bei Juve dreht sich alles um den Franzosen Zidane und den Holländer Davids, und in Florenz heißt der Chef Rui Costa aus Portugal. Ähnlich verhält es sich mit den besten Stürmern. In den vergangenen zwei Jahren führten entweder der Brasilianer Ronaldo, der Deutsche Bierhoff oder dessen neuer Partner beim AC Mailand, der Ukrainer Schewtschenko, die Torschützenliste an. Dann folgten die beiden Argentinier Batistuta und Crespo und auf Platz fünf oder sechs irgendwann der erste Italiener.

Immer wieder brachten die Skribenden der Gazettas ihre Sehnsüchte zu Papier, warum diesem Land, das sich als die Heimat des modernen Fußballs bezeichnet, keine Söhne mehr geboren werden wie Rivera oder Riva, der Jahrhundert-Stratege und Jahrhundert-Torjäger auf dem Stiefel. Zum Teil konnte Christian Vieri diese Bedürfnisse nach Toren befriedigen, die jenem Helden gelten, der sich im Angriff den Ball schnappt und dann den Abschluss erzwingt. Vieri war bei Inter Mailand einer der letzten großen Einzelgänger im Sturm. Er entschied Spiele ganz allein. Doch seit ein paar Wochen schreiben die Italiener von ihrem Supermann nur noch in der Vergangenheitsform. In dem Adonis und Athleten stecken samtene Knochen und ganz sensible Muskeln - Vieri droht die Invalidität.

Bis kurz vor EM-Meldeschluss hatten nicht nur Dino Zoff, sondern alle wahren Tifosi gehofft, bei Vieri könne vielleicht doch noch ein kleines Wunder geschehen. Nun aber erhält Fillipo Inzaghi allein die Verantwortung für Tore zugeschoben; ein ganz anderer Typ, ein schneller Flitzer und guter Dribbler, vor allem aber ein Abstauber. Inzaghi braucht die Hilfe der Mannschaft für seine Tore. Er verkörpert jenen Stil, den die Deutschen früher an den Italienern so gehasst haben. Inzaghi fällt bei jedem Luftzug um, provoziert Fouls und täuscht mit Schwalben wie kaum ein anderer Profi der Seria A. Auch außerhalb des Platzes zeigt er sich gern als kleines egoistisches Großmaul. Besonders gespannt sind die Tifosi, wie Inzaghis jüngster Streit mit Juventus-Präsident Agnelli ausgeht. Falls man ihm nicht auch zehn Millionen Mark zahlen werde wie seinem Teamgefährten Del Piero, wolle er Juve verlassen, hatte Inzaghi angekündigt. Diese Rotznase solle die Klappe halten, hatte Agnelli gekontert. Doch das letzte Wort behielt vorerst Inzaghi: "Wer mich kritisiert, der zweifelt am Fußball selbst."

Martin Hägele

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