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Sport: Finale Fahrt

Auf der Rennstrecke in Suzuka wurden viele Titelkämpfe entschieden – heute ist die Formel 1 dort zum vorerst letzten Mal zu Gast

Suzuka steht für vieles. Für die 8, denn es ist die einzige Rennstrecke der Formel 1 in dieser Form – der Kurs unterquert sich selbst durch eine Brücke. Für unberechenbares Wetter vom strahlenden Sonnenschein bis zum Monsunregen. Vor allem aber steht Suzuka für: Entscheidung. Vor dem Rennen am heutigen Sonntag (7 Uhr MESZ/live bei RTL und Premiere) wurde in den vergangenen zwanzig Jahren insgesamt zehnmal der Weltmeister auf der Honda-eigenen Rennpiste gekürt. Mit einem Sieg könnte Michael Schumacher Suzuku sogar zum Abschied die elfte WM-Entscheidung bescheren, wenn sein Kontrahent Fernando Alonso keine Punkte holt. Ab 2007 findet der japanische Grand Prix in Fuji statt, auf dem Kurs des Konkurrenten Toyota. Doch der Name Suzuka wird Teil der Formel 1 bleiben, man wird ihn erwähnen müssen, wenn man über große Finals spricht.

Bereits das erste Formel-1-Rennen in Suzuka brachte die Entscheidung über die Titelvergabe. Genauer, sie fiel eigentlich schon vor dem Rennen: Nigel Mansell verletzte sich bei einem Trainingsunfall 1987 am Rücken und konnte nicht starten. Damit war Nelson Piquet kampflos Weltmeister. 1988 war der Kampf dafür umso härter. Ayrton Senna errang seinen ersten WM-Titel mit einem Sieg über seinen McLaren-Teamkollegen Alain Prost. Senna war am Start der Motor abgestorben, und nur dank der abschüssigen Geraden brachte er das Auto wieder in Gang. Nach einer fantastischen Aufholjagd vom 14. Platz überholte er nach 27 Runden schließlich Prost, der an der Spitze hatte vorneweg fahren können. Anschließend zeigte der bis dahin als eiskalt verschriene Brasilianer erstmals öffentlich Gefühle und weinte hemmungslos. „Es war für uns beide ein unglaublich hartes Jahr“, sagte er, „ich bin froh, dass es vorbei ist.“ In Bezug auf ein spannendes WM-Finale war es jedoch erst der Anfang.

Ein Jahr später stritten die beiden Konkurrenten in Suzuka erneut um den Titel, und diesmal ging es nicht so glimpflich ab. Prost war sich der Tatsache bewusst, dass er nicht gewinnen musste, um Weltmeister zu werden – ein Ausfall beider Piloten würde ihm genügen. Wieder hatte Senna den Start verloren, doch sieben Runden vor Schluss setzte er in der engen Schikane zum Überholen an. Sein französischer Rivale nahm diese Einladung an, lenkte 20 Meter früher ein als normal, wie Helikopteraufnahmen bewiesen, und schob so beide Autos von der Strecke. Senna konnte zwar weiterfahren und gewann trotz Reparaturstopp sogar noch. Kurz darauf wurde er allerdings wegen Anschiebens und Abkürzens der Schikane disqualifiziert – Prost war Weltmeister.

Zwölf Monate später hatten sich die Verhältnisse umgekehrt. Diesmal kam Senna als WM-Führender nach Japan. Wieder gewann Prost – inzwischen bei Ferrari – den Start, doch seine Führung hielt nur bis zur ersten Kurve: Senna torpedierte beide Autos ins Kiesbett und sich zum Titel. „1990 war die Konsequenz von 1989“, gab der Brasilianer später zu. „Ich ging mit dem Vorsatz ins Rennen: Wenn Prost den Start gewinnt, dann halte ich voll drauf.“

Auch in der folgenden Saison fiel die Entscheidung in Suzuka. Diesmal kämpfte Senna gegen Nigel Mansell, und wieder entschied ein Unfall das Duell. Mansell flog schon nach zehn Runden von der Strecke – allerdings ohne Feindkontakt. In den nächsten vier Jahren fielen die Entscheidungen auf anderen Strecken, erst 1996 war Suzuka wieder Schauplatz des finalen Duells. Damon Hill sicherte sich mit einem souveränen Sieg den Titel vor seinem Williams-Teamkollegen Jacques Villeneuve, der, chancenlos auf Platz vier liegend, nach 37 Runden wegen eines weggebrochenen Rades ausfiel.

Zwei Jahre später ging Mika Häkkinen mit vier Punkten Vorsprung auf Michael Schumacher in den Endspurt und holte mit einem Sieg auch seinen ersten Titel. Schumacher hatte sich zwar die Poleposition gesichert, doch technische Probleme am Ferrari riefen einen Startabbruch hervor, und der Deutsche musste sich beim zweiten Start ganz hinten anstellen. Eine Aufholjagd nützte nichts mehr, nach 32 Runden riss Schumacher ein Reifenschaden aus dem Rennen.

Zum nächsten entscheidenden Rennen in Suzuka reiste Häkkinen 1999 mit vier Punkten Rückstand auf Eddie Irvine. Doch dann setzte sich der Finne mit einem Sieg zum zweiten Mal hintereinander durch, sein Ferrari-Rivale wurde nur Dritter. 2000 holte sich dann zum ersten Mal Michael Schumacher einen Titel in Japan. Mika Häkkinen hatte acht Punkte Rückstand und hätte gewinnen müssen, um bis zum letzten Saisonrennen in Malaysia im Titelrennen zu bleiben. Mit einem knappen Sieg vor dem Finnen gewann Schumacher seinen ersten Titel mit Ferrari.

Auch bei der bislang letzten Entscheidung in Suzuka setzte sich Schumacher gegen einen Finnen durch. Mit neun Punkten Vorsprung auf Kimi Räikkönen kam der Deutsche zum Finale, und nach einem chaotischen Rennen genügte ihm ein achter Platz zum Titelgewinn.

Künftig wird es keine Entscheidungen mehr in Suzuka geben. Der Kurs ist zwar anspruchsvoll und bei Fahrern und Fans beliebt, erfüllt aber die infrastrukturellen Voraussetzungen nicht mehr. Zumindest wenn es um die Quote an Entscheidungen geht, kann aber auch der künftige Austragungsort des Grand Prix von Japan beeindrucken. Von den beiden bisherigen Rennen in Fuji war eines maßgeblich für die Titelvergabe: 1976 gewann James Hunt die Meisterschaft dort mit einem Punkt Vorsprung vor Niki Lauda.

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