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© AFP

Finale gegen China: Tischtennis-Team um Timo Boll hat Silber sicher

Deutschlands Tischtennis-Herren stehen beim olympischen Mannschafts-Turnier im Endspiel und haben Silber sicher. Nun geht es am Montag (13.30 Uhr) gegen den haushohen Favoriten China.

Wo eben noch einer spielte, liegen jetzt vier übereinander. Eine kleine glückliche Menschenpyramide. Ganz unten brüllt Timo Boll seine Freude heraus, er hat diese Anhäufung von Sportlern ausgelöst. Mit einem Sieg im letzten Spiel und dem entscheidenden Punkt zum 3:2 gegen Japan. Er hat die deutschen Tischtennisspieler damit ins Endspiel befördert, und es ist ein Traumendspiel – gegen China, den Gastgeber dieser Olympischen Spiele und die Tischtennis-Nation Nummer eins. Als Boll den letzten Punkt gemacht hatte, ließ er sich einfach fallen, seine Mannschaftskollegen Dimitri Owtscharow und Christian Süß stürmten auf ihn zu, Bundestrainer Richard Prause hinterher. „Das war eines der wichtigsten Spiele meiner Karriere. Deshalb ist danach so viel aus mir rausgebrochen", sagte Boll.

Sein Gegner im letzten Spiel war eigentlich klar unterlegen. „Von der Weltranglistenposition hätte ich denken müssen: Den putzt du jetzt 3:0 weg", sagte Boll. Der 21 Jahre alte Seiya Kishikawa steht auf Platz 63, Boll ist 6. und hatte die Weltrangliste sogar schon einmal angeführt. Doch dieses olympische Halbfinale hatte eine eigene Stimmung. Die Japaner waren schon so gut wie besiegt, nachdem zunächst Dimitri Owtscharow und Timo Boll die Deutschen 2:0 in Führung gebracht hatten. Dann verloren jedoch Owtscharow und Christian Süß das Doppel. Und Süß nutzte anschließend im Einzel gegen Kann Yo drei Matchbälle nicht. So musste Boll beim 2:2 ein schon gewonnen geglaubtes Spiel zu Ende bringen.

Doch Kishikawa erwies sich als hartnäckiger Gegner und wuchs über sich hinaus. Die Japaner und die Deutschen kennen sich gut, weil Kishikawa und auch sein Kollege, der 19 Jahre alte Jun Mizutani, regelmäßig mit ihnen im Leistungszentrum Düsseldorf trainieren. Boll ging nach Sätzen 1:0 in Führung, der Japaner glich aus, Boll gewann den nächsten Satz, wieder stellte Kishikawa Satzgleichstand her. Auch auf hart und platziert gespielte Bälle von Boll hatte er gute Antworten und ließ den Favoriten manchmal das Spiel eröffnen, um dann selbst noch fester dagegen zu spielen. „Das war Tischtennis auf allerhöchstem Niveau, verteilt über alle Spiele, so etwas sieht man selten in einem Mannschaftswettbewerb", sagte Bundestrainer Prause.

Endspiel um Gold am Montag

Der fünfte Satz musste die Entscheidung bringen. „Vor diesem Satz habe ich mir gesagt: Jetzt kannst du zeigen, ob du ein Gewinner oder Verlierer bist", erzählte Boll. „Ich wünsche keinem Menschen, dass er mit so einem Druck umgehen muss, wie ich ihn heute aushalten musste." Doch Boll erwischte in diesem Satz gleich den besseren Start und zog Kishikawa davon. Die deutschen Spieler haben nun die dritte Medaille sicher, seitdem Tischtennis bei den Spielen von Seoul 1988 ins olympische Programm aufgenommen wurde. Die letzte liegt allerdings schon zwölf Jahre zurück, Jörg Roßkopf gewann 1996 in Atlanta Bronze.

Boll ist Roßkopfs Nachfolger als bester deutscher Spieler und hat nun auch bei Olympia zu ihm aufgeschlossen. „Man bekommt ja nicht so oft die Chance, um eine olympische Medaille zu spielen", sagte Boll. Vor allem nicht um die goldene. Am Montag treffen die Deutschen nun auf die Chinesen, die sich im anderen Halbfinale 3:0 gegen die Südkoreaner durchsetzten. „Eine Chance hat man immer", sagte Christian Süß, und Boll glaubt an einen mentalen Vorteil: „Die Chinesen haben ungeheuren Druck. Sie müssen auf jeden Fall gewinnen. Wir haben dagegen unser schwerstes Spiel schon hinter uns." Egal, wie das Spiel ausgeht, Boll und seine Mannschaftskollegen haben sich für die Zeit nach den Olympischen Spielen für eine große Party verabredet. „Dann wird richtig gefeiert. Auf das erste Bier freue ich mich schon", sagte Boll, „ich habe nämlich seit einem Jahr keinen Alkohol mehr getrunken".

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