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FLANKE aus England: Der neue starke Junge

Markus Hesselmann über den Aufstieg von Sunderlands Trainer Roy Keane. Der Ire ist erst seit einem Jahr Trainer, fordert aber schon die Großen heraus.

Von Markus Hesselmann

Die Herrscher teilen die Macht. Meister Manchester United hat nach fünf Spieltagen in der Premier League schon sieben Punkte abgegeben, der Meisterschaftszweite FC Chelsea fünf. Am Wochenende verlor Chelsea zum ersten Mal, 0:2 bei Aston Villa. Und dann lenkt da auf einmal einer die Aufmerksamkeit auf sich, die doch sonst Manchester Uniteds Alex Ferguson oder Chelseas José Mourinho gebührt. Roy Keane ist der neue starke Junge auf dem Schulhof und fordert die Älteren heraus. Nicht dass er mit seinem FC Sunderland nun gleich in die Champions League will. Aber schon jetzt gilt der 36-jährige Ire als Kandidat für einen der großen Vereine. Dabei ist er erst seit einem Jahr Trainer – ein Jahr, in dem er Sunderland zum Aufstieg führte.

Nun ist das noch keine Großtat, und es werden aus überragenden Fußballern nicht automatisch erfolgreiche Trainer. Doch bei Roy Keane sind sich die Engländer sicher: Er war ein großer Chef auf dem Platz – im irischen Nationalteam und bei Manchester United –, und er wird ein großer Chef auf der Bank. Keane tut alles, um dieser Erwartung gerecht zu werden. Das wurde schon vor der Saison klar. Während die Konkurrenz in Trainingsspielen Taktikschulung betrieb, möglichst ohne zu hart einzusteigen und Verletzungen zu riskieren, setzte Roy Keane seine Spieler bei einer Tour durch seine Heimat irischen Grätschen aus. Dann beschwerte er sich lautstark über Fußballprofis, die unter der Fuchtel ihrer Frauen oder Freundinnen stehen und lieber ins schicke London ziehen, statt zu ihm zu kommen ins erdige Sunderland im Nordosten Englands. Damit löste Keane die nächste große Debatte um die „WAGs“ (wives and girlfriends) aus. Die letzte hatte es während der WM 2006 wegen der Kauf- und sonstigen Räusche der englischen Spielerfrauen gegeben.

Und wenn Keane einmal nichts Kerniges tut oder sagt, dann fällt den Journalisten schon etwas ein. „I didn’t really get sucked into that“, sagte Keane am Wochenende, nachdem er vor und während Sunderlands mit 0:1 verlorenem Spiel bei Manchester United von den heimischen Fans gefeiert worden war. „Ich habe mich davon nicht beeinflussen lassen“ – so oder so ähnlich, jedenfalls eher erregungsfrei ließe sich dies übersetzen. „I’m no sucker says Keane“, machte das Boulevardblatt „Daily Mirror“ daraus, und schon stand Keane wieder als echter Kerl da – trotz Platz 17 in der Tabelle.

An dieser Stelle schreiben unsere Korrespondenten dienstags über Fußball in England, Spanien und Italien.

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