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FLANKE aus England: Die Tränen des Torwarts

Markus Hesselmann über Jens Lehmanns Abschied aus London

Von Markus Hesselmann

Seinen größten Traum konnte er sich mit dem FC Arsenal nicht erfüllen: das Finale der Champions League zu gewinnen. „Wegen dieses Spiels bin ich hiergeblieben“, sagte Jens Lehmann zur Hälfte der Saison. Nur deshalb hatte der deutsche Nationaltorwart noch ein Jahr in London drangehängt. Nun muss Lehmann zum Abschied mit ansehen, wie Manchester United und der FC Chelsea die wichtigste Trophäe im Klubfußball unter sich ausspielen. Doch selbst wenn Arsenal das Finale erreicht hätte – Lehmann wäre wohl kaum zum Einsatz gekommen. Denn sein Trainer Arsène Wenger hat ihm nach zwei Fehlern zu Saisonbeginn nicht mehr vertraut. Stattdessen stand der Spanier Manuel Almunia im Tor.

Lehmann protestierte dagegen, dass ihm ein international unerfahrener Torwart vorgezogen wurde. Zum vorzeitigen Weggang rang er sich nicht durch. Aus Rücksicht auf seine Frau und seine Kinder, die er nicht aus ihrem Lebensumfeld reißen wollte. Damit riskierte der Familienmensch Lehmann seinen Status als deutsche Nummer eins bei der EM. Zu seinem Glück sind seine möglichen Nachfolger aber nicht stabil oder nicht erfahren genug, um dem WM-Helden seinen Platz streitig zu machen.

Und einige Male spielte er dann doch noch für Arsenal. Zuletzt kam Lehmann jetzt gegen Everton für eine halbe Halbzeit zum Einsatz. Wenger gab ihm die Gelegenheit, sich von den Fans bejubeln zu lassen. Sie behalten ihn nicht als grummelnden Ersatztorwart in Erinnerung. Für sie bleibt er der Mann, der gleich in seiner ersten Saison 2003/2004 alle Spiele bestritt, als Arsenal ohne Niederlage Meister wurde. Für die Ovationen bedankte sich Lehmann jetzt mit artigen Verbeugungen. „Ich hatte ein, zwei Tränen in den Augen“, sagte er. „Dieser Abschied wird immer einen Platz in meinem Herzen haben.“

Am Ende lobte Wenger Lehmann („ein 100-prozentiger Profi“). Doch in dieser Saison nicht auf ihn zu setzen, war wohl ein Fehler. Denn Lehmann hätte seinem Team mit seiner Routine, seiner Führungsstärke und seiner Fähigkeit, wichtige Spiele durch besondere Leistungen zu entscheiden, womöglich weiterhelfen können. Bundestrainer Joachim Löw weiß das. Deshalb baut er bei der EM auf Lehmann. Dort kann der Torwart mit 38 Jahren noch einmal glänzen. Und selbst den Traum vom Gewinn der Champions League hat er noch nicht ganz aufgegeben. Jens Lehmann verlässt zwar Arsenal. Doch ob er anderswo weiterspielt – zum Beispiel bei Bayern München –, das ließ er erst einmal offen.

An dieser Stelle schreiben unsere Korrespondenten dienstags über Fußball in England, Spanien und Italien.

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