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Bernd Schuster

© AFP

Flanke aus Spanien: Schuster macht sich Freunde

Julia Macher über die Harmonie bei Werders Gegner Real Madrid.

Es war nur ein kleiner Nebensatz. Als die Journalisten Bernd Schuster vor dem Anpfiff des Champions-League-Spiels Real Madrid gegen Werder Bremen nach seinem großen Traum fragten, sagte der Coach mit glänzenden Augen: „Ich habe jedes Jahr davon geträumt, einmal den Europacup in den Händen zu halten. Solche Momente sind wichtiger als jeder Euro, jeder Dollar, jede Mark.“ Das machte auch dem Letzten die Arbeitsteilung bei den Königlichen klar: Bernd Schuster ist der Mann für die Emotionen, um den schnöden Mammon kümmert sich der Präsident. Mit unterschiedlichen Mitteln kämpfen beide für das gleiche Ziel: den Pokal in der Champions League.

Ramon Calderon hat für den Fall, dass Kapitän Raul im Mai in Moskau den Pokal tatsächlich in die Höhe recken sollte, jedem Spieler 600 000 Euro in Aussicht gestellt, zusätzlich zu den Prämien der Uefa. Selbst für das verschwenderisch anmutende Real ist das eine Rekordsumme. Doch der Klub kann es sich offenbar leisten. Nach der am Wochenende präsentierten Bilanz nahm Real Madrid in der letzten Saison stolze 351 Millionen Euro ein, 20 Prozent mehr als in der vorangegangenen. Erstmals seit Jahrzehnten wurde auch wieder Gewinn gemacht, und zwar gleich 44 Millionen Euro. Mindestens ebenso sehr wie über die gut gefüllten Kassen freute sich der oberste Chef der Weißen über das gute Verhältnis zu seinem Trainer. Nicht nur, dass Real Madrid mit drei gewonnenen Spielen den besten Saisonauftakt seit 16 Jahren feiert, unter Schuster sei die Mannschaft endlich „eine Freundesclique“. Das war ein großes Lob für den Deutschen, der sich in seinen zwei Monaten im Bernabeu-Stadion als pädagogisch versierter Klassenlehrer entpuppt hat. Geschickt hat er die Ikonen des Klubs eingebunden: Raul erklärte er schon zum Saisonstart zu den Unantastbaren. Guti, der lange Zeit nur als Ersatz im Mittelfeld auflief, hat in seiner zwölften Saison endlich einen Stammplatz im Kader und bedankte sich beim Deutschen mit einem Tor beim Ligaspiel gegen Villarreal.

Doch auch ums Wohl der Neulinge sorgte sich Schuster. Bereits im Trainingslager steckte er seine neuen Spieler zu Routiniers ins Doppelzimmer: Christoph Metzelder zu Fabio Cannavaro etwa und Pepe zu Sergio Ramos. Wer Schrank und Dusche teilt, so die Hoffnung von Herbergsvaters Bernd, tauscht auch Erfahrungen aus; mit einem Paten an der Seite kann Heimweh erst gar nicht aufkommen. Die Strategie scheint aufzugehen: „Ich habe mich noch nie so wohl gefühlt wie im weißen Trikot“, sagte Neuling Wesley Sneijder.

So viel Harmonie war selten im Haus der Königlichen. Und es scheint, als habe auch Ramon Calderon seine Bissigkeit dauerhaft abgelegt. Seit Schuster mischt er sich in sportliche Angelegenheiten nicht mehr ein. Als der Deutsche kürzlich nach Abschluss des Transfermarktes nach seinem Landsmann Michael Ballack rief, schwieg der Präsident. Ex-Coach Fabio Cappello hätte dafür zumindest eine Rüge erhalten.

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