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Sport: Flucht in den VIP-Raum

Lauterns Problemfall Sforza sieht sich vor allem als Opfer

Von Oliver Trust

Kaiserslautern. Der Tag nach Enttäuschungen hat etwas Bleischweres. Vor allem, wenn man Letzter in der Tabelle der Fußball-Bundesliga ist. Da passt es, dass sich die Profis des 1. FC Kaiserslautern am Sonntag unter grauen Regenwolken zum Auslaufen trafen. Aber Eric Gerets liebt Herausforderungen. Und der 1. FC Kaiserslautern ist eine. Gerets trainiert diese Mannschaft, und er spricht von kleinen Fortschritten nach dem 0:0 gegen 1860 München. Jetzt steht er auf dem Trainingsplatz und ruft: „Arbeit, Arbeit, Arbeit.“ Die werde monatelang dauern.

Die zweite Hälfte gegen die Münchner ließ bei Gerets und seinen Spielern Hoffnungen keimen. „Da stand eine Mannschaft auf dem Platz, die gewinnen wollte", sagte Thomas Hengen. Der Kapitän war froh, dass er Abwehrchef spielen durfte und die Experimente mit Ciriaco Sforza, dem Neuzugang vom FC Bayern München, beendet sind. Auch über Sforza steht wenig Nettes in der Zeitung. „Sein Armutszeugnis“, hatte „Bild“ getitelt und dann aufgezählt: keine Tore, keine Schüsse – „nur noch ein großes Problem“. Und dann fragte das Blatt auch noch: „Stürzt er Lautern in den Abstiegskampf?“

Am Samstagmorgen, als jeder am Frühstückstisch die „Bild“-Zeile lesen konnte, beschlossen Gerets und Sforza, dass der Schweizer pausieren soll gegen die Münchner. Es sei für die Mannschaft besser, wenn er fehle, sagte Sforza dem Trainer. Der fand den Schweizer die ganze Woche über schon „nicht glücklich“ wegen der „nicht immer fairen“ Kritik in den Zeitungen. Am Sonntagmittag ging Sforza schriftlich an die Öffentlichkeit: „Diese Entscheidung hat nichts mit ,Bild’ zu tun. Ich kann mit Kritik umgehen. Was aber gerade in der vergangenen Woche über meine Person gesprochen und geschrieben wurde, vor allem über Inhalte meines Vertrages, ist nicht mehr zu akzeptieren.“

Vielleicht war nicht alles ganz fair, aber Sforza hatte ein großes Mundwerk gehabt, als er zu den Pfälzern gekommen war. Der Schweizer hatte sich als „erfolgreicher Führungsspieler“ angekündigt. Aber was er bot, war gemessen an diesen Worten erbärmlich. Da stieg dann wohl auch die Wut in der Mannschaft auf die selbst ernannte Führungsfigur. Am Samstag, während des Spiels, verkroch sich Sforza im VIP-Raum, kam 20 Minuten zu spät auf die Tribüne und ging 15 Minuten vor Abpfiff. Am Sonntag war er beim Training dabei, begleitet vom Vorwurf, ein Feigling zu sein. Reden wollte er nicht, er ließ mitteilen, er brauche Geduld. Kein Wort über seinen Vertragspassus, dass er nach 2004 Sportdirektor werde. Dafür meldete sich, erwartungsgemäß, Kurt Beck, der Ministerpräsient von Rheinland-Pfalz.. Es war ja noch ein paar Minuten Wahlkampf. „Ich fordere von allen Disziplin“, sagte er.

„Eine clevere Vertragsverlängerung“, sagte der designierte Vereinschef Rene C. Jäggi zu Sforzas Abmachung. Gibt es keine derartige Position, dann „musst du als Verein zahlen“ (Jäggi). Einen Sportdirektor soll es nicht geben, obwohl auch Mario Basler eine Zusage des zurückgetreten Klubschefs Jürgen Friedrich haben will. „Wir brauchen keinen Sportdirektor, das mache ich mit Gerets. Für mich ist der Trainer eine zentrale Figur“, sagte Jäggi. Und irgendwie werde man sich mit Sforza da schon einigen. Aber eigentlich hat der Verein im Moment ganz andere Probleme mit ihm.

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