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Coulthard

© dpa

Formel 1: Abschied ohne Loslassen

David Coulthard tritt als Formel-1-Pilot zurück. Dem Motorsport bleibt er aber wohl eng verbunden.

Eine echte Überraschung war sie nicht, die Rücktrittserklärung des David Coulthard. Mit 37 Jahren ist er schließlich derzeit der älteste Fahrer in der Formel 1. Dass der Schotte am Saisonende aufhören würde, zeichnete sich ab: in den Planungen seines Teams Red Bull, auch in seinen Verhandlungen mit dem britischen Fernsehsender BBC, dort eventuell ab 2009 einen Kommentatorenjob zu übernehmen. Seine Rücktrittsentscheidung habe er ja auch schon früher in diesem Jahr getroffen, bestätigte er dann, „da ich auf dem Höhepunkt meines Könnens abtreten möchte“. Wobei das mit dem Höhepunkt für den 13-maligen Grand-Prix-Sieger wohl auch nur die halbe Wahrheit ist: Coulthard ist sich vor dem Rennen heute in Silverstone schon bewusst, „dass ich wohl sicher nicht mehr Weltmeister werde und wohl auch unter normalen Umständen keinen Grand Prix mehr gewinnen werde“.

Am Ende vielleicht sogar ohne Cockpit dazustehen – diese Schmach wollte sich Coulthard nicht antun. So ganz kommt er vom Motorsport und seinem Team aber doch nicht los. „Ich werde als Berater von Red Bull Racing aktiv dem Sport erhalten bleiben“, sagt er, „und werde mich dabei auf die Test- und Entwicklungsarbeit der Autos konzentrieren.“ Zu Testfahrten wird er weiterhin in den Rennwagen steigen, und das Saisonfinale in Brasilien Anfang November wird auch nicht zwangsläufig das letzte Mal sein, dass Coulthard zu einem Rennen antritt. „Ich stehe einem zukünftigen Engagement in einer anderen Form des Motorsports offen gegenüber und hänge meinen Helm definitiv noch nicht an den Nagel.“

Aufhören, aber nicht so ganz – das erinnert ein bisschen an Michael Schumacher, der auch von der Formel 1 und Ferrari nicht wirklich loskommt, immer wieder mal zum Testen ins Auto steigt und sich ansonsten auf schnellen Motorrädern den Adrenalin-Kick holt, ohne den er offenbar nicht leben kann. Ein Alain Prost, 1993 aus der Formel 1 zurückgetreten, fährt heute noch im Winter Eisrennen in Frankreich, Mika Häkkinen unternahm nach seiner Formel-1-Karriere einen dreijährigen Ausflug in die DTM, der zwar bei den Fans unglaublich gut ankam, ihm selbst aber bei nur drei Siegen in der ganzen Zeit doch Frust bescherte.

Aber das endgültige Aufhören ist eben schwer, wenn man die Fahr- und Lebensgeschwindigkeit der Formel 1 gewohnt ist. Schwerer jedenfalls, als sich heute schon mit einigem Vorlauf zu einer Rücktrittserklärung durchzuringen. In früheren Zeiten, in denen die Gefahr in der Formel1 noch mehr mitfuhr als heute, in den 60ern und 70ern, als zwei bis drei Tote pro Saison eher die Regel als die Ausnahme darstellten, waren solche vorzeitigen Erklärungen wie jetzt von Coulthard Mitte der Saison verpönt, sie galten als Herausforderung des Schicksals. „Wenn du aufhören willst, dann tu es sofort“, lautete damals die Maxime, so wie es etwa Jackie Stewart tat, als er 1973 in Watkins Glen nach dem tödlichen Unfall seines Freundes und Tyrrell-Teamkollegen François Cevert seine Karriere sofort beendete und selbst das Rennen dort, das sein 100. Grand Prix gewesen wäre, nicht mehr fuhr.

Wobei Stewart zu den wenigen ganz Großen gehörte, die nach dem Rücktritt dem aktiven Rennfahren tatsächlich den Rücken zudrehen konnten. Das gelang ihm auch deshalb, weil er sich zu seiner aktiven Zeit bereits nebenher als Firmenrepräsentant vor allem für Ford, aber auch andere Firmen, ein zweites Standbein aufgebaut hatte, so dass bei ihm Leere und Langeweile gar nicht erst aufkam. Ähnlich erging es Niki Lauda, zumindest nach seinem zweiten Rücktritt. Nach seinem ersten, 1979, kam er drei Jahre später zurück, unter anderem deshalb, weil es mit dem neuen Standbein nicht klappte: Seine Fluglinie, die Lauda-Air, steckte in finanziellen Nöten. Der Verdienst von vier weiteren Formel-1-Jahren half, sie auf sicherere Beine zu stellen – und nach seinem zweiten Rücktritt 1985 ging der Österreicher voll in seiner neuen Karriere als Flugunternehmer auf. Auch wenn er den Kontakt zur Formel 1 nie ganz abreißen ließ – und bis heute als RTL-Fernsehexperte ja weiter auftaucht. Gut möglich, dass Coulthard sich für nächstes Jahr so einen Nebenjob auch noch beschafft.

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