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Formel 1: Der Reifen als Rätselrad

Der Saisonstart in Melbourne geriet zum Glücksspiel. Vor allem das Team Red Bull um Weltmeister Sebastian Vettel hat noch Probleme.

Im Fahrerlager war geradezu Erleichterung zu spüren. Darüber, dass es Red Bull diesmal nicht besonders gut hingekriegt hatte. Denn so blieb die Spannung erhalten. Sebastian Vettel und Red Bull konnten in Australien keinen Alleingang an der Spitze starten, wie es nach dem Training und Qualifying erwartet worden war. Stattdessen kam es zum Überraschungssieg von Kimi Räikkönen.

Und es zeigte sich: Auch in diesem Jahr scheint der Schlüssel zum Erfolg in der Formel 1 zu sein, das Autos so abzustimmen, dass man genau ein schmales Temperaturfenster trifft, in dem der Reifen optimal arbeitet.

Einer der wenigen, die darüber gar nicht so überrascht waren, war RTL-Experte Christian Danner. „Ich war mir so sicher, dass Kimi hier gewinnt – ich hätte wirklich wetten sollen. Bei einer Quote von 8:1 hätte ich da richtig gut Geld verdienen können.“ Danner nahm seine Sicherheit aus Beobachtungen diverser Wintertestfahrten. Auch da waren Lotus und  Räikkönen mit den kalten Bedingungen besonders gut zurechtgekommen. Und am späten Nachmittag in Melbourne war es bei bewölktem Himmel und ständig drohendem Regen auch ungewöhnlich kalt. In der zweiten Rennhälfte sank die Streckentemperatur sogar unter 20 Grad ab. Zum Vergleich: Am Freitag im Training hatte sie noch bei 37 Grad gelegen. Die Teams fuhren da mit viel Benzin ihre längeren Fahrten, auf denen sie die Rennabstimmung des Autos austüfteln.

Die Reifen sollen sich schnell abnutzen, so lautet der Auftrag

Es ist im Prinzip immer das gleiche Spiel: Reifenhersteller Pirelli bekommt von Bernie Ecclestone und der Fia den Auftrag, Reifen zu liefern, die sich schnell abnutzen. Das soll viele Boxenstopps, unterschiedliche Strategiemöglichkeiten und spannende Rennen ermöglichen. Diese schnelle Abnutzung wird erreicht, weil der Reifen nur in bei einer bestimmten Temperatur optimal arbeitet, mit einer Abweichung von etwa fünf Grad nach oben oder unten. Ist der Reifen wärmer oder kälter, wird der Verschleiß höher, die Haftung ist nicht mehr optimal und die Rundenzeiten werden deutlich langsamer.

Die Auswirkungen sind manchmal verblüffend. Nur ein kleines Beispiel aus Melbourne: Der sehr weiche Reifen hielt zu Beginn des Rennens beim Mercedes von Nico Rosberg 14 Runden durch. Vettel musste schon nach sieben Runden wechseln. Und Adrian Sutil im Force India bekam schon nach zwei, drei Runden massive Probleme, „so dass ich Angst hatte, ich könnte gar nicht zu Ende zu fahren“. Dabei setze er den weichen Reifen erst in der Schlussphase des Rennens ein, wo er theoretisch bei einem leichteren Auto und mehr Gummi auf der Strecke problemloser funktionieren sollte. „Zum Glück hat sich das dann nach ein paar Minuten noch halbwegs stabilisiert.“

Red Bull und Sebastian Vettel bleiben gelassen

Gerade jetzt zu Saisonbeginn wird das Ganze natürlich des Öfteren zum Rätselraten, das genauso mit Glück wie mit wirklichem Können zu tun hat. Denn die Teams kennen ihre Autos und die Reifen unter unterschiedlichen Bedingungen noch nicht so genau. Das ist ein Kritikpunkt von Rennsport-Puristen, die darin eine Verfälschung des Sports zugunsten der Show sehen. Und natürlich auch immer wieder von betroffenen Teams und Fahrern, die sich dadurch um die Früchte ihrer Arbeit gebracht sehen.

Sebastian Vettel und Red Bull blieben diesmal allerdings sehr gelassen. „Wir haben aus diesem Wochenende sehr viel gelernt, das wir jetzt in Zukunft umsetzen können“, sagte Teamchef Christian Horner. Offenbar hatte Red Bull ziemlich weit neben dem angepeilten Temperaturfenster gelegen.

Weltmeister Sebastian Vettel und Red Bull hatten zum Auftakt in Australien noch Probleme mit ihren Reifen. Foto: dpa
Weltmeister Sebastian Vettel und Red Bull hatten zum Auftakt in Australien noch Probleme mit ihren Reifen. Foto: dpa

© dpa

Aber die Sorgenfalten der Verantwortlichen halten sich in Grenzen. Denn bei den meisten Rennen dürfte es nicht ganz so kalt sein wie in Melbourne. Am kommenden Wochenende in der Hitze von Malaysia kann alles schon ganz anders aussehen.

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