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Formel 1: Ein Unfall und zwei späte Opfer

Im Zuge der Crashaffäre trennt sich der Rennstall Renault von Teamchef Flavio Briatore und Chefingenieur Pat Symonds.

Berlin - Flavio Briatore präsentiert gern, vor allem sich selbst. Auf seiner Internetseite gibt er unter der Überschrift „Ein erfolgreicher Manager“ seine ganz persönliche Berufsauffassung preis: „In der Formel 1 geht es nicht nur um Sport und Technologie. Was die Leute anzieht, ist der Glamour, der Lifestyle und das Drama.“ Mit all dem hat der Italiener die Formel 1 seit 1989 ganz altruistisch versorgt; selbst in der Stunde des Abschieds hielt er sich an sein Motto und legte einen dramatischen Abgang hin. Im Zuge der Unfallaffäre trennte sich Renault von seinem Teamchef Briatore und auch vom Chefingenieur Pat Symonds. Beide sollen den früheren Renault-Piloten Nelson Piquet junior 2008 beim Rennen in Singapur zu einem absichtlichen Unfall animiert haben, um dem anderen Renault-Piloten Fernando Alonso zum Sieg zu verhelfen. Briatore und Symonds „haben das Team verlassen“, teilte Renault mit. Man wolle vor der Anhörung vor dem Weltrat des Automobil-Weltverbandes Fia am Montag keine Kommentare mehr abgeben, doch die wenigen Worte klangen wie ein Schuldeingeständnis. Etwa, dass Renault „die jüngsten Vorwürfe der Fia in Bezug auf den Großen Preis von Singapur nicht anfechten will“.

Tags zuvor hatte Piquet seine Vorwürfe in einem Schreiben an die Fia erneuert und präzisiert. Er sei vor dem Rennen in Singapur vor einem Jahr in Briatores Büro zitiert worden. Briatore habe beim Treffen „sehr wenig“ gesagt, doch der ebenfalls anwesende Chefingenieur Pat Symonds habe ihn gefragt, „ob ich eine Safetycar-Phase verursachen würde“, von der Alonso profitieren würde. Piquet habe sich wegen seiner vertraglichen Situation unter Druck gesetzt gefühlt – Briatore ist auch sein Manager – und dem Plan deswegen zugestimmt. Auf einer Streckenkarte habe Symonds ihm dann gezeigt, „wo und wann ich crashen sollte“. In Runde 14 raste Piquet in die Mauer, was den Einsatz des Safetycars zur Folge hatte und den seiner eigenen Aussage nach ahnungslosen Alonso an die Spitze spülte. Vermutlich als Vergeltung für seine Entlassung im Juli dieses Jahres teilte Piquet all dies schriftlich der Fia mit.

Briatore bestritt diese Vorwürfe bis zuletzt vehement. Stattdessen ging der 59-Jährige zum Gegenangriff über, verklagte Piquet wegen Erpressung und deutete an, der Brasilianer sei homosexuell. Mit dieser Taktik hat Briatore schon einige Skandale überstanden. Vermutlich stolperte er diesmal über den als ehrlich bekannten Symonds, der im Fia-Verhör mehrfach die Aussage verweigerte, weil er „nicht lügen“ wollte. Die Fia bot ihm daraufhin genauso wie Piquet eine Kronzeugenregelung an. Die allerdings nützte ihm wenig, weil er wohl wie Briatore von Renault geopfert werden musste, um einer harten Strafe zu entkommen. Doch auch bei Straffreiheit dürfte ein Ausstieg Renaults nicht unwahrscheinlicher werden. Fest steht in jedem Fall, dass das Reglement keine nachträgliche Änderung des Ergebnisses zulässt.

In Flavio Briatore verliert die Formel 1 einen ihrer schillerndsten, aber auch umstrittensten Darsteller. Nach zwei WM- Titeln mit Michael Schumacher wurde er 1997 bei Benetton wegen finanzieller Ungereimtheiten vom Hof gejagt, drei Jahre später war er im umbenannten Renault- Team wieder da. Der neuerliche Abgang von der Grand-Prix-Bühne könnte nun ein endgültiger sein – der Öffentlichkeit vorenthalten wird sich Flavio Briatore aber wohl nicht lange. Er hat schon einmal angekündigt, dass er sich ein Engagement in der italienischen Politik vorstellen kann. Briatore sympathisiert mit der ultrarechten Partei La Destra, aber links oder rechts, sei ihm eigentlich egal. Hauptsache Flavio Briatore.Seite 22

Christian Hönicke

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