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Formel 1

© dpa

Formel 1: Hat Alonso McLaren erpresst?

Die Spionage-Affäre der Formel 1 ist auch ein Resultat interner Machtkämpfe. Immer unwahrscheinlicher ist, dass Fernando Alonso auch 2008 noch für McLaren fahren wird.

Der Knall ist verhallt, die Rauchwolken verziehen sich und allmählich bietet sich dem Betrachter ein Blick auf das Schlachtfeld. Nachdem die Spionage-Affäre in der Formel 1 um McLaren-Mercedes und Ferrari mit der harten wie inkonsequenten Bestrafung McLarens ihren Höhepunkt erreicht hat, kommen langsam die Hintergründe zum Vorschein. Immer deutlicher beginnt sich abzuzeichnen, dass die beispiellose Affäre, die der Formel 1 als Ganzes großen Schaden zugefügt hat, vor allem den blank liegenden Nerven und internen Querelen bei den beiden betroffenen Teams zu verdanken ist.

So war es vermutlich der schief hängende Haussegen bei McLaren selbst, der dem Team schlussendlich die Rekordstrafe von 100 Millionen Dollar inklusive Abzug aller Konstrukteurspunkte einbrockte. Teamchef Ron Dennis hat inzwischen zugegeben, dass er es war, der den Automobil-Weltverband Fia informierte, „als mir bewusst wurde, dass neue Beweise existieren könnten“. Bewusst geworden ist ihm das beim Rennen in Ungarn, als der interne Streit wegen der Blockade-Aktion des McLaren-Piloten Fernando Alonso gegen seinen Teamkollegen Lewis Hamilton eskaliert war. Dennis ließ durchblicken, dass Alonso ihn quasi erpresste. Demnach soll der Spanier Dennis mitgeteilt haben, wenn er nicht aus seinem Vertrag herauskäme, könnte er einige E-Mails mit brisanten Informationen publik machen. Jene Mails also, in denen Alonso, Testpilot Pedro de la Rosa und der inzwischen entlassene Chefdesigner Mike Coughlan technische Details der Ferrari mit Nigel Stepney, der undichten Stelle bei den Italienern, diskutierten. Angesichts der Spannungen im Team und der bekannten Unzufriedenheit Alonsos mit seiner Situation fühlte sich Dennis wohl so unter Druck gesetzt, dass er, um weiteren Schaden abzuwenden, sofort selbst Fia-Präsident Max Mosley informierte. Erst nach dem Rennen hatte sich Alonso beruhigt, „er kam in mein Büro und hat sich entschuldigt“, sagte Dennis. Doch da war es bereits zu spät.

Unter diesen Umständen scheint es kaum noch vorstellbar, dass Alonso auch 2008 für McLaren fahren wird. Angeblich soll der Spanier in Ungarn sogar Formel-1-Boss Bernie Ecclestone gefragt haben, wie er denn zu seinem früheren Rennstall Renault zurückkehren könne. Durch die Verurteilung McLarens ist der Weg für den Weltmeister aus seinem noch bis 2009 laufenden Vertrag nun frei.

Ein paar Meter weiter im Fahrerlager sieht es nicht besser aus. Durch die rote Ferrari-Zentrale verläuft inzwischen ein tiefer Graben zwischen Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo und Ferrari-Sportdirektor Jean Todt, der inzwischen das ganze Team in zwei Fraktionen teilt. Montezemolo, dessen Karriere im Mutterkonzern Fiat ins Stocken geraten ist, würde bei Ferrari gern wieder größeren Einfluss ausüben. Dabei steht ihm Todt im Weg, genauso wie möglicherweise bei der Rückkehr von Technik-Guru Ross Brawn zu Ferrari. So bekam Todt von Montezemolo massiven Druck: Er solle Erfolge vorweisen und die Probleme im Team lösen, angefangen von den ständigen Indiskretionen bis zu den technischen Problemen in diesem Jahr. Dass die Schwäche der Roten im Frühsommer zumindest teilweise auf einen mehrwöchigen Ausfall des hauseigenen Windkanals durch einen Wartungsfehler zurückzuführen war, half Todt in diesem Machtkampf natürlich nicht. Vermutlich änderte Todt deswegen seine Strategie und drängte trotz erstinstanzlichen Freispruchs mit Vehemenz auf eine Verurteilung McLarens. Mit dem Krieg nach außen, am besten gekrönt durch einen triumphalen Sieg, wollte er von Problemen im Inneren ablenken. Es wird sich zeigen, ob der Sieg groß genug war, um Todt die Stelle zu retten.

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