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Michael Schumacher und Rubens Barrichello.

© dpa

Formel 1: Jetzt wird’s eng für Schumacher

Entschuldigung hin oder her: Michael Schumacher hat durch sein Quetschmanöver allen Kredit verspielt. Der Rekordweltmeister baut schon wieder die alte Wagenburgmentalität aus Ferrari-Zeiten auf.

Von Christian Hönicke

Für Norbert Haug ist das Quetschmanöver von Budapest schon vergessen. „Michael hat sich entschuldigt und seine Bestrafung akzeptiert“, sagte der Mercedes-Motorsportchef. „Sein ,Sorry‘ sollte nun allenthalben akzeptiert und ein Schlussstrich unter das Thema gemacht werden.“ Doch die Diskussionen um das Gebahren des Formel-1-Rekordweltmeisters Michael Schumacher haben gerade erst richtig Fahrt aufgenommen.

Beim Großen Preis von Ungarn hatte Schumacher mal wieder sein hässliches Gesicht gezeigt, von dem sich viele nach seiner Rückkehr erhofft hatten, er habe es endlich abgelegt. Bei Tempo 290 hatte er seinen ehemaligen Ferrari-Teamkollegen Rubens Barrichello beinahe in die Boxenmauer gequetscht und Empörung im gesamten Fahrerlager hervorgerufen. Direkt nach dem Vorfall war sich Schumacher keiner Schuld bewusst, er habe Barrichello schließlich genügend Platz gelassen. Einen Tag später entschuldigte er sich plötzlich. Zum ersten Mal überhaupt in seiner Karriere sagte Schumacher „Sorry“.

„Das Manöver gegen ihn war zu hart“, stand auf seiner Internetseite zu lesen. Zu dieser Einsicht sei er nach dem Videostudium gelangt. Er habe Barrichello das Überholen „natürlich schwer machen“ wollen. „Aber ich wollte ihn logischerweise nicht gefährden mit meinem Manöver. Wenn er dieses Gefühl hatte, dann sorry, das war nicht meine Absicht.“

Die Entschuldigung kam vielen verdächtig taktisch vor, nicht nur, weil sie so spät kam. In der Anhörung direkt nach dem Rennen hatte Schumacher diese Ansicht nämlich noch nicht vertreten. „Wir sprachen mit Rubens und Michael und es war irgendwie enttäuschend, wie Michael gehandelt hat“, sagte Derek Warwick. Der ehemalige Formel-1-Pilot war auf dem Hungaroring einer der vier Rennkommissare. „Wir hatten keine Wahl, als ihm die Zehn-Plätze-Strafe zu geben.“

Dabei war Schumacher offensichtlich sogar nur knapp einer Disqualifikation entgangen. „Es wäre ein besseres Beispiel für unsere jungen Fahrer gewesen, ihm die Schwarze Flagge zu zeigen“, meinte Warwick in der BBC. „Wenn noch mehr Runden übrig gewesen wären, hätten wir ihn disqualifiziert. Aber wir mussten auf den Videobeweis warten, denn alle vier Kommissare müssen sich einig sein.“ Deswegen habe man Schumacher erst nach dem Rennen bestrafen können, mit der Zurückstufung von zehn Startplätzen für das nächste Rennen am 29. August in Spa-Francorchamps. Diese Strafe nehme Schumacher in Spa praktisch aus dem Rennen, so Warwick. „Und hoffentlich wird er daraus lernen und sich erinnern, dass die neuen Stewards eine derartige Fahrweise nicht tolerieren.“

Warwick zeigte aber auch Verständnis für Schumacher. „Er ist enttäuscht über seinen Mercedes und seine eigene Leistung. Er ist ein Gewinner und er denkt nur daran, wieder Rennen und den Titel zu gewinnen. Er ist in Gedanken bestimmt schon in der Saison 2011. Er ist ein großer Champion, eine Legende, er gehört zu den Größten, und wir müssen ihm Zeit geben.“ Schumacher selbst bringt sich mit seinen Aktionen allerdings um diesen Kredit. Langsam wird es eng für ihn, nicht nur an der Boxenmauer.

Nach einem durchaus wohlwollenden Empfang bei seiner Rückkehr hat der 41- Jährige schon wieder die alte Wagenburgmentalität aus Ferrari-Zeiten aufgebaut. Während die Welt nun genüsslich auf den ehemaligen Champion einschlägt, hat der seine letzten Fürsprecher wie schon früher im eigenen Motorhome um sich geschart. Sie waren es dem Vernehmen nach auch, die den zuerst Uneinsichtigen nun zu seinem „Sorry“ geschubst haben.

Ob auch Mercedes daran aktiv beteiligt war, dazu wollte Norbert Haug nichts sagen. Er stärkt seinem Piloten öffentlich weiter den Rücken. Als Erklärung für dessen schwache Leistungen führt er immer wieder das „technische Paket“ ins Feld, das den Ansprüchen nicht genüge. Auf die Möglichkeit angesprochen, den dritten Piloten Nick Heidfeld einzusetzen, antwortete Haug: „Nick Heidfeld ist erfahren und fähig und unser dritter Fahrer. Er kommt zum Einsatz, sollte einer unserer Stammfahrer nicht antreten können.“ Das könnte schneller der Fall sein, als man meint. Eine Sperre reicht da schon aus.

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