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Formel 1: Mister X in Singapur

Die Formel 1 kehrt an den Ort der Crashaffäre zurück und will möglichst schnell vergessen und zur Normalität zurückkehren. Doch es stellt sich die Frage, ob und wie es mit Renault weitergeht.

Nico Rosberg muss in Singapur vor allem immer wieder eine Frage beantworten: Fühlt er sich als der heimliche Sieger des Rennens vor einem Jahr an gleicher Stelle? Schließlich war er damals Zweiter hinter Fernando Alonso geworden, doch inzwischen ist klar, dass der Renault-Pilot nur aufgrund eines absichtlich ausgeführten Unfalls seines damaligen Teamkollegen Nelson Piquet Junior gewann. Im Gegensatz zu in letzter Zeit kolportierten Zitaten, dass er sich „als moralischer Sieger“ sehe, gab sich Rosberg vor Ort sehr zurückhaltend. „Das ist auch alles schon viel zu lange her“, sagte der Williams-Pilot. „Ich bin auch gar nicht in der Position, das zu fordern.“ In der Tat, denn erstens profitierte Rosberg damals selbst vom Safetycar-Einsatz nach Piquets Unfall und zweitens ist eine nachträgliche Ergebnisänderung ohnehin nicht mehr möglich. Also gab der 24-Jährige die Losung aus, die vor dem Rennen in Singapur am Sonntag die meisten seiner Kollegen teilen: „Das war negativ für den Sport, aber jetzt werden wir ein großartiges Wochenende und ein fantastisches Rennen haben, und dann ist das eine Sache der Vergangenheit.“

Ein paar Einblicke in diese düstere Vergangenheit gab es in der 20-seitigen Urteilsbegründung, die der Automobil-Weltverband Fia veröffentlichte. Neu ist darin die Rolle eines „Zeuge X“ genannten Renault-Teammitglieds, das als einziger weiterer Mitarbeiter neben Teamchef Flavio Briatore, Chefingenieur Pat Symonds und Nelson Piquet Junior von den Plänen zum absichtlichen Unfall des Brasilianers gewusst haben soll. In einem Renault-Schreiben vom 17. September verrät das Team, dass „Zeuge X“ bestätigt habe, bereits vor dem Rennen von den Plänen gewusst zu haben. So soll der Tippgeber, dessen Identität nur den Fia-Anwälten und Fia-Präsident Max Mosley bekannt ist, am Samstag dabei gewesen sein, als Briatore und Symonds den Plan diskutierten. „Zeuge X“ soll dagegen protestiert haben, wusste aber nicht, dass der Plan trotzdem umgesetzt werden würde.

Neben der Frage, wer dieser Mister X sein könnte, ist vor allem interessant, ob die milde Bewährungsstrafe für Renault genug Entgegenkommen ist, um die Franzosen in der Formel 1 zu halten. Mosley verkündet, er wisse, dass Renault bleibe – basierend auf einem Statement, das in der Anhörung vor dem Weltrat abgegeben wurde. Darin heißt es: „Wir würden gerne in der Formel 1 bleiben und einen wichtigen Beitrag zum Sport leisten.“

„Gerne bleiben würden“ heißt allerdings noch nicht, dass man mit Sicherheit bleibt – auch wenn die Fia das so darstellt, um ein bisschen öffentlichen Druck auf Renault zu machen. Der Ausstieg eines weiteren Herstellers wäre schließlich dem Image der Formel 1 alles andere als zuträglich. Aber der Konzern hat sich mit der gewählten Formulierung ein Hintertürchen offengelassen. Genauso wie mit der Bekanntgabe der Interimslösung für den Rest des Jahres : Demnach wird Renaults Technischer Direktor Bob Bell die Rolle des Teamchefs übernehmen und zugleich Technischer Leiter des Teams sein. Von 2010 ist in dem Statement nicht die Rede. Möglich, dass diese Lösung mehr Zeit bringen soll, um den angeblichen Wunsch-Teamchef Alain Prost zu installieren. Der sagt allerdings, er habe von Renault noch nichts gehört. Möglich ist also auch, dass der Zeitgewinn dazu dienen soll, einen Käufer für das Team zu finden und vielleicht doch nur noch als Motorenlieferant in der Formel 1 zu bleiben. Wenn überhaupt.

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