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In sich gekehrt. In letzter Zeit zeigt sich der einst so eloquente Nico Rosberg zusehends schmallippig und reserviert.

© AFP

Formel 1: Nico Rosberg: Vollgas im Rückwärtsgang

Zu viele Fahrfehler und zu viele Pannen: Seit der Kollision mit Lewis Hamilton in Spa läuft bei Mercedes-Pilot Nico Rosberg nichts mehr.

Es ist noch nicht allzu lange her, da sah Nico Rosberg schon wie der kommende Formel-1-Weltmeister aus. Nach dem Grand Prix von Belgien Ende August und der Kollision mit Lewis Hamilton lag er nach WM-Punkten so deutlich in Führung vor seinem Mercedes-Kollegen, dass viele meinten, er müsse diesen Vorsprung nur noch souverän nach Hause bringen. Seither läuft irgendwie nichts mehr.

In Monza unterliefen Rosberg unerklärliche Fahrfehler, in Singapur suchte ihn das Technikpech heim, im Regen von Suzuka war er chancenlos gegen Hamilton. In Sotschi nun unterlief ihm ein weiterer „ausgesprochen dummer Fehler“, wie er selbst zugab. Bei der Anfahrt auf die erste Kurve hatte er sich im Duell mit Hamilton so verbremst, dass er sich seine Vorderreifen und seine Siegchancen ruinierte. Warum ihm der Fehler unterlaufen war, das konnte sich Rosberg auch nicht so richtig erklären. „Es war eine einfache Kurve. Ich war ja schon vorne und hätte Lewis easy gehabt. Ich weiß nicht, wie mir das passieren konnte. Ich habe es einfach verhauen.“ Seine einzige Vermutung: „Wir sind halt zum ersten Mal auf dieser Strecke mit so viel Sprit an dieser Stelle angekommen.“ Selbst Hamilton hatte sich schon praktisch damit abgefunden, überholt zu werden: „Ich hatte die Kurve eigentlich schon als verloren angesehen. Mein Fokus lag nur noch darauf, in Kurve drei in seinem Windschatten zu hängen und dann in Kurve vier einen Konter zu starten.“

Hat Nico Rosberg sich im zusehends härter werdenden WM-Kampf verleiten lassen, aggressiver zu fahren und aufzutreten, als es eigentlich seinem Naturell entspricht? Oder spielt der heftige Anpfiff der Mercedes-Oberen nach dem Unfall von Spa, doch eine größere Rolle, als Rosberg selbst wahrhaben wollte und will?

Auf jeden Fall machte der 29-Jährige am Sonntagabend in Sotschi einen angeschlagenen Eindruck, auch wenn er versuchte, zumindest etwas Freude über den Gewinn des Konstrukteurs-WM-Titels durch Mercedes zu zeigen. Schließlich ist er einer der wenigen, die seit der Gründung des Rennstalls 2010 dabei sind. „Ich habe immer daran geglaubt, deshalb bin ich ja auch in dieses Team gekommen. Aber es hat deutlich länger gedauert, als ich dachte“, gab er zu. Und er vergaß diejenigen nicht, die die Grundlagen gelegt hatten. „Viele haben dabei mitgeholfen. Auch Norbert Haug, Ross Brawn und Michael Schumacher. Jetzt sind andere Leute am Werk, die das ganze Projekt weitergeführt haben. Das Warten hat sich gelohnt, der Erfolg ist da.“

Ob es aber auch für ihn zum großen Erfolg in diesem Jahr reichen wird? Nach Hamiltons viertem Sieg hintereinander hat er in der WM jetzt 17 Punkte Rückstand auf seinen Teamkollegen. Das Momentum, wie das so schön heißt, liegt beim Briten. Hamilton-Fan Niki Lauda ist sich ziemlich sicher, „dass Lewis sich das nicht mehr nehmen lässt“. Rosberg bemüht die Mathematik zu seinen Gunsten: „Es gibt immer noch 100 Punkte zu vergeben. Das Momentum zählt nicht mehr. Das war am Anfang der Saison mal ein Thema. Jetzt zählt jedes einzelne Wochenende.“ Durch die erstmals vergebenen doppelten Punkte beim Saisonfinale in Abu Dhabi sind Rosbergs Chancen, den Rückstand doch noch aufzuholen, außerdem größer als beim alten Wertungssystem. Mit einem Sieg dort könnte er auf jeden Fall 14 Zähler auf einen Schlag gutmachen, auch wenn Hamilton hinter ihm auf Platz zwei fährt.

Auch sein Chef Toto Wolff macht ihm Mut: „Es ist noch nichts entschieden und Nico braucht auch niemanden, der ihn aufrichtet. Der ist so stark, gerade auch mental, der kommt zurück.“ Auch weil beim jetzigen WM-Stand ja eine nochmalige Kollision für Mercedes nicht mehr ganz so dramatisch wäre und Rosberg also freier angreifen könnte? Da winken beide ab. „Ich war doch hier auch aggressiv, viel zu aggressiv sogar“, sagt der Fahrer, „das ist nicht das Thema.“ Und Wolff betont: „Das Gebot, sich im Duell nicht gegenseitig von der Strecke zu fahren, bleibt weiterhin bestehen.“

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