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Sebastian Vettel.

© AFP

Formel 1: Sebastian Vettel zeigt in Barcelona seine mentale Stärke

Beim großen Preis von Spanien holt Sebastian Vettel das Optimum aus seinem Auto heraus. Sein vierter Platz ist für den Formel-1-Weltmeister wie ein kleiner Sieg.

Vor einem Jahr wäre es für Sebastian Vettel eine Enttäuschung gewesen, als Vierter ins Ziel zu kommen – noch dazu einen Rang hinter seinem Teamkollegen. Beim Großen Preis von Spanien in Barcelona am Sonntag war das anders. Da freute sich der viermalige Weltmeister, als er nach seinem vierten Platz aus dem Auto stieg, offenbar mehr als über den einen oder anderen Sieg in der Vergangenheit. Und bekam auch von vielen im Fahrerlager Glückwünsche, die sonst nur nach den Siegern schauen. Vettel hatte etwas geschafft, was vor allem die ganz großen Piloten auszeichnet: Er hatte das absolute Optimum aus Situation und Auto herausgeholt – und vielleicht noch ein bisschen mehr.

Bis zum Start hatte Vettel zuvor jedoch ein Katastrophenwochenende erlebt. Am Freitag blieb sein Red Bull nach vier Runden wegen eines Elektrikdefekts stehen – ein abgeknicktes Kabel hatte einen Kurzschluss verursacht. Da es bei der Komplexität der derzeitigen Autos einen halben Tag dauert, einen Kabelbaum zu wechseln, fiel auch das zweite Training flach. Am Samstag ereilte ihn dann im Finale der Qualifikation ein Getriebedefekt. Der notwendige Getriebewechsel brachte noch einmal eine Strafe von fünf Startplätzen. Doch dann legte Vettel von Startplatz 15 eine fulminante Aufholjagd hin. Nach dem Chassiswechsel vor Barcelona fühlt sich Vettel im Auto offenbar deutlich wohler, was sich auch in den Rundenzeiten und der schnellsten Rennrunde wiederspiegelte. „Ich habe auf jeden Fall einen Schritt nach vorne gemacht“, sagte Vettel später sichtlich erleichtert. „Aber da ist noch viel mehr drin, das Auto hat Potenzial.“

Auf einer Strecke, auf der man traditionell nur sehr schwer überholen kann, schaffte er dieses Kunststück gleich mehrfach, auch gegen Konkurrenten wie Fernando Alonso oder Kimi Räikkönen und am Ende gegen Valtteri Bottas im starken Williams. Zum wiederholten Mal strafte Vettel dabei all die Lügen, die immer wieder behaupten, er könne nur von der Spitze des Feldes starke Rennen fahren. Von Genugtuung mochte er hinterher nicht sprechen. „Wenn man zwei, drei Rennen nicht ganz vorne steht, redet man schon von einer Krise, wie bei einem Stürmer, der zwei Mal nicht trifft“, sagte er. „Wenn dann der Erfolg wieder da ist, hat man alles wieder überwunden – da wird so viel geredet.“ Dennoch dürfte er sich innerlich über Kommentare geärgert haben, die nach ein paar glücklosen und von Pannen durchsetzten Rennen gleich seine fahrerischen Fähigkeiten in Frage stellten. Die „Bild“-Zeitung unterstellte ihm gar ein „Kopfproblem“ und Hilflosigkeit. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Der Sebastian Vettel von heute geht mit schwierigen Situationen äußerst souverän um. Obwohl manch Defekt an diesem Wochenende wohl vermeidbar gewesen wäre, stellte sich Vettel öffentlich vor sein Team und äußerte nur motivierende, keine kritischen Worte. Als sein Teamkollege Ricciardo auf Startplatz drei fuhr, ging er sofort zu ihm und gratulierte dem Australier.

Nach vier zum Teil scheinbar mühelosen WM-Titeln in einem starken Auto hat der Heppenheimer in dieser schwierigen Phase die Chance, auch die letzten Zweifler zu überzeugen. Doch offenbar schauen selbst die Experten nicht immer ganz genau hin, was sich hinter der Spitze so tut. Niki Lauda gratulierte dem Weltmeister am Sonntagabend in Barcelona mit den Worten: „Der alte Vettel ist zurück.“ Doch der Mercedes-Boss bekam von Vettel sofort eine passende Antwort: „Nein Niki, der war nie weg!“

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