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Chaotische Verhältnisse. Vor lauter Wasser, war kaum etwas zu sehen.

© dpa

Formel 1: Sebastian Vettels grausames Erwachen

Sebastian Vettel dominiert das chaotische Formel-1-Rennen in Südkorea, bis ihn ein Motorplatzer aus dem WM-Traum reißt – Alonso siegt.

An den Ablauf der dramatischen Ereignisse zehn Runden vor Schluss hatte Sebastian Vettel nur noch rudimentäre Erinnerungen. Nur so ist zu erklären, dass der Formel-1-Pilot später behauptete: „In dem Moment, in dem ich gemerkt habe, dass der Motor hochgeht, habe ich mir erst auf die Zunge und dann ins Lenkrad gebissen.“ Das Lenkrad blieb heil, im Gegensatz zum Renault-Motor seines Red Bull.

Der Heppenheimer hatte den erstmals ausgetragenen Großen Preis von Südkorea trotz völlig chaotischer Wetterverhältnisse bis zehn Runden vor Schluss dominiert. Er hatte sich nicht von Regen, Wasserlachen, schlechter Sicht und drei Neustarts nach Safetycar-Phasen aus der Ruhe bringen lassen, er sah wie der sichere Sieger aus, war kurz davor, erstmals in seiner Karriere die WM-Führung zu übernehmen, er war auf bestem Weg zum Titelgewinn. Und dann stand er am Ende mit leeren Händen da, weil der Motor in einer großen Qualmwolke verendete und den Weg frei machte für den Sieg des Ferrari-Fahrers Fernando Alonso vor Lewis Hamilton im McLaren und dem zweiten Ferrari-Piloten Felipe Massa. Und was sagte Sebastian Vettel dazu? „C’est la vie.“

Der Begriff des tragischen Helden wird manchmal ein bisschen voreilig verwendet. Aber was Vettel auf der Strecke in Yeongam widerfuhr, das prädestiniert den 23-Jährigen nun wirklich für diesen Titel. Und wie ruhig und zumindest äußerlich gelassen Vettel mit diesem bittersten von bisher schon einigen Rückschlägen in diesem Jahr umging, das brachte ihm viele Komplimente ein. Nicht nur von seinem Teamchef Christian Horner, der ihm eine bemerkenswert Haltung attestierte: „Sebastian hat schon einige solche Schläge wegstecken müssen. So einen sicheren Sieg zu verlieren, das ist schon ganz besonders hart. Aber er hat gezeigt, wie unglaublich gut er mit so etwas umgehen kann.“

„Was bleibt einem auch anderes übrig?“, fragte Vettel, als er zu seinem Team zurückging und Horner ihn tröstend in die Arme nahm wie zuvor schon Red-Bull- Sportdirektor Helmut Marko. Später entschuldigte sich auch der Motorhersteller bei Vettel und dem ganzen Team. Das nicht enden wollende Stalking der sprichwörtlichen Defekthexe ertrug Vettel mannhaft. „Das scheint ein bisschen die Story des Jahres zu sein“, sagte er und beschrieb noch einmal seine Gefühlswelt in der entscheidenden Situation. „Ich habe erst die eine Zylinderseite verloren, danach die zweite auf der Gegengeraden. Als Fernando und Lewis vorbei gefahren sind, wusste ich, dass es keinen Weg zurück mehr gibt.“ Dabei richtete er sich fast noch einmal extra auf, die Körpersprache unterstützte den Inhalt der Worte: „Ich war stolz auf mein Rennen, denn es war eines der schwierigsten Rennen in diesem Jahr, auf einer Strecke, die ich kaum kannte.“ Er habe zu jeder Zeit den Rest des Feldes im Griff gehabt, „ich habe das Rennen dominiert, Alonso immer kontrolliert. Dann hat mir der Motor einen Strich durch die Rechnung gemacht.“

So erbte wieder einmal Fernando Alonso den Sieg, der über so viel Glück wie ein Filmbösewicht lachte. Der zweimalige Weltmeister führt zwei Rennen vor Schluss die WM-Wertung mit 231 Punkten vor dem bisherigen Spitzenreiter Mark Webber (220) an, der sein Auto gleich in der Anfangsphase in die Leitplanke setzte. Vettels WM-Chancen sind angesichts von 25 Punkten Rückstand nur noch theoretischer Art. „Ich bin der Letzte, der aufgibt“, sagte Vettel. „Es wird natürlich nicht einfacher. Aber alles ist möglich – von der Herangehensweise ändert sich jetzt gar nichts.“ Die Frage ist, ob das Red Bull auch so sieht. Die Teamführung hatte beiden Piloten bis zum Schluss freie Fahrt garantiert, nun aber wäre eine Stallorder zu Webbers Gunsten sinnvoll.

Im Schatten des Dramas um Vettel wurde Michael Schumacher zum dritten Mal in dieser Saison Vierter. Er profitierte dabei aber auch von den Ausfällen an der Spitze. Sein Teamkollege Nico Rosberg, der Podestchancen gehabt hätte, war von Webber bei dessen Ausfall mit abgeräumt worden. Mit Nick Heidfeld (Sauber) als Neuntem und Nico Hülkenberg (Williams) als Zehntem holten noch zwei weitere Deutsche Punkte. Einen schwarzen Tag erwischte dagegen Adrian Sutil. Fast bei jedem Überholmanöver in eine Berührung mit einem Gegner verwickelt, warf der Force-India-Pilot sich neun Runden vor Schluss bei einer wilden Attacke gegen Kamui Kobayashi nicht nur selbst endgültig von der Strecke, sondern kassierte noch eine doppelte Strafe: Rückversetzung um fünf Startplätze beim nächsten Rennen und 10 000 Dollar Bußgeld.

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