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Formel 1: Sorgen eines Weltmeisters

Jenson Button feiert seinen ersten Formel-1-Titel – trotzdem bleiben Zweifel, ob er wirklich der Beste war.

Das größte Problem des neuen Weltmeisters war, wie er das mit dem Feiern hinbekommen sollte. Natürlich wollte Jenson Button seinen ersten Titel in der Formel 1 zusammen mit dem Team, Freunden und Familie in Sao Paulo kräftig begießen. Doch da Button bereits an diesem Dienstag in England erwartet wird, hätte der Brite unmittelbar nach dem Rennen zum Flughafen aufbrechen müssen. Die Rettung brachte sein Teamkollege Rubens Barrichello. Der Brasilianer bot ihm trotz gerade erlittener WM-Niederlage auf seiner Heimstrecke seine Privatmaschine an. So musste Button erst montags fliegen und die WM-Party war gerettet.

Jenson Button hatte offenbar einige Mühe, zu begreifen, dass er mit 29 Jahren, nach einer Dekade in der Formel 1, endlich sein großes Ziel erreicht hatte. „Ich bin der Weltmeister“, verkündete er, „und ich werde es heute immer wieder laut sagen, damit es auch alle wissen.“ Man sah ihm, der immerhin vom ersten bis zum letzten Rennen dieser Saison die WM anführte, deutlich an, welche Last von seinen Schultern gefallen war. „Für mich war das hier wahrscheinlich das beste Rennen, das ich in meinem Leben gefahren bin. Wegen all der Emotionen, die damit verbunden waren. Ich wusste, ich muss es einfach schaffen.“

Für Button war der Titel vor allem eine riesige Erleichterung. Er konnte nun auch zugeben, dass die zuletzt zur Schau getragene Coolness nur oberflächlich gewesen war: „Es war sehr hart, die ganze Kritik zu lesen. Ich mag den Eindruck erweckt haben, dass mich das alles nicht interessiert, aber so war es nicht. In diesem Geschäft darfst du nicht zeigen, dass dich so etwas verletzt oder stresst.“

Kritik hatte es vor allem gegeben, weil Button seinen letzten Grand Prix in der Türkei gewonnen hatte – das war Anfang Juni. Danach folgten viele Enttäuschungen für den Brawn-GP-Piloten, die bei seinen Kritikern immer größere Zweifel an seinem tatsächlichen Können auslösten. Und Button selbst stellte sich die Frage, ob er den Punktevorsprung seines fulminanten Saisonauftakts bis ins Finale würde retten können. Mit seiner Aufholjagd in Brasilien aber, als er von Startplatz 14 bis auf den fünften Rang vorfuhr, zeigte der Brite wieder einmal sein Können. „Man hat ihm vorgeworfen, dass er zuletzt keine Leistung mehr gebracht hat, als das Auto nicht mehr überlegen war“, sagte der stolze Vater John Button, der selbst einst Rennfahrer war. „Hier hat er allen bewiesen, wie stark er ist, auch wenn er kämpfen muss und dass er auch überholen kann, wenn er muss.“

Kritiker, die glaubten, Button würde den Titel am Ende noch verspielen, brachte er zum Schweigen, als er in Brasilien beim Rennen vor Saisonende in einer mitreißenden Fahrt seinen Landsmann Lewis Hamilton als Weltmeister entthronte. Doch Button wird schnell klar werden, dass nun, da er nach eigener Aussage „ganz oben angekommen“ ist, einige an seiner Stärke zweifeln. Während die englische Presse ihren neuen Helden hochjubelte, spottete die spanische „Marca“: „Button ist ein Übergangs-Weltmeister.“ Und die einheimische Zeitung „Folha de Sao Paulo“ wurde nach der erneuten Niederlage ihres lokalen Heldens noch deutlicher: „Interlagos hat die Krönung eines mittelmäßigen Piloten erlebt. Button war nie ein Virtuose. Er hat den Titel erobert, weil er in einem sensationellen Auto saß.“ Im Titelrausch dürfte das Jenson Button erst einmal wenig interessiert haben.

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