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Sport: Formel 1: Trügerische Sicherheit

Marc Surer (49) machte selbst bittere Unfall-Erfahrungen. 1980 und 1982 zog er sich in der Formel 1 schwere Beinbrüche zu, bei der Hessenrallye 1986 erlitt er schwere Verbrennungen.

Marc Surer (49) machte selbst bittere Unfall-Erfahrungen. 1980 und 1982 zog er sich in der Formel 1 schwere Beinbrüche zu, bei der Hessenrallye 1986 erlitt er schwere Verbrennungen. Der Schweizer bestritt zwischen 1979 und 1986 insgesamt 82 Grand Prix und holte dabei 17 WM-Punkte.

Der schwere Unfall von Luciano Burti in Spa-Francorchamps ist ohne schlimme Folgen geblieben. Ist die Formel 1 sicher geworden?

Zum Thema Online Spezial: Formel 1 Foto-Rückblick: Schumachers Weg zur WM Online-Gaming: meinberlin.de sucht den Formel-1-Champion! Das ist ein trügerische Sicherheit, die gleiche Illusion wie vor 1994 - vor den tödlichen Unfällen von Senna und Ratzenberger. Alle glauben, es könne eigentlich nichts mehr passieren. Aber irgendwann wird es wieder passieren, man kann darauf warten. Irgendwann muss nur mal jemand ein bisschen blöd einschlagen, ein Rad an den Kopf kriegen. Dann werden alle dastehen und fragen, wie konnte das nur passieren und fürchterlich schockiert sein.

Viele sagen, dass die fehlenden Angst bei den Fahrern die eigentliche Gefahr ist.

Auch ich habe deswegen ein schlechtes Gefühl. Es ist im Moment eine gewisse Gleichgültigkeit eingezogen. Nach dem Motto: Na ja, dann fliege ich halt ab. Und die Leute lachen noch drüber. Es kann nicht immer glimpflich ausgehen. Man muss sich nur einfach mal anschauen, mit welcher Geschwindigkeit ein Formel-1-Auto auf eine Kurve zukommt, wie kurz die Zeiten zum agieren sind, wenn etwas schief geht.

Woher kommt diese laxe Einstellung?

Ich glaube, dass da eine neue Generation von Rennfahrern heranwächst, die nicht mehr dieses konsequente Denken hat wie wir früher. Die sich nicht mehr sagt, okay, wenn ich jetzt einen Fehler mache, dann bin ich tot. Sondern, wenn ich einen Fehler mache, dann stehe ich halt im Kiesbett.

Wie war das früher?

Früher wussten wir, dass ein Rausfliegen Folgen haben würde. Wir haben miterlebt, wie Kollegen gestorben sind, immer wieder. Deswegen glaube ich auch, dass Piloten wie früher Juan Manuel Fangio unter den heutigen Gegebenheiten gar nicht schnell wären. Fangio hatte so viel Erfolg, weil er keine Unfälle hatte, weil er es geschafft hat, schnell zu sein, aber auf der Straße zu bleiben, während andere rausgeflogen sind.

Muss man die Dramen persönlich erleben, um seine Konsequenzen zu ziehen?

Ja, ich glaube schon, man muss es gesehen haben, dabei gewesen sein, sonst ist das alles so weit weg.

Können Sie sich erinnern, im Rennauto Angst gehabt zu haben?

Ja, das gab es schon. Davor, dass an einer kritischen Stelle etwas brechen könnte. Ich muss zugeben, im Regen hatte ich auch manchmal Angst. In Montreal bin ich mal neben jemandem im Regen die Gerade runtergefahren, keiner wollte nachgeben. Da habe ich mir gedacht, wenn vorne jetzt einer ein Problem hat, dann knalle ich dem voll hintendrauf und weiß wahrscheinlich nicht mal, warum ich jetzt gestorben bin.

Und wie sehen Sie das nachträglich?

Diese Konsequenz gehört einfach dazu, wenn man den Job richtig machen will.

Der berühmte Verdrängungsmechanismus der Rennfahrer?

Klar hat man diesen Mechanismus, der einem sagt, mir passiert das nicht. Man muss so denken, sonst kann man diesen Job nicht ausüben. Aber wenn es einem - wie mir - natürlich mehrfach passiert, dann verliert man den Glauben.

Michael Schumacher hatte zuletzt auch eine ziemlich üble Unfallserie.

Ja, aber er hat sich dabei nicht verletzt. Deshalb denkt er, wenn ich mit so hoher Geschwindigkeit ohne Folgen abfliegen kann, was kann mir denn dann eigentlich noch passieren? Alle Unfälle, die einen nicht verletzen, geben einem trügerische Sicherheit.

Der schwere Unfall von Luciano Burti in Spa-Franco

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