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Funk’s not dead. Sebastian Vettel hört mal rein.

© dpa

Formel 1 - Vor dem Rennen in Singapur: Weiter Verwirrung um den Boxenfunk

Vor dem Rennen in Singapur ist wieder einmal eine Regeländerung das Hauptgesprächsthema. Und das Chaos um das Boxenfunk-Verbot zeigt: Nicht einmal die Chefs der Formel 1 verstehen ihr Reglement.

Während der ersten Runden in Singapur kam es zu einigen ulkigen Funksprüchen in der Formel 1. „Darfst du mir das jetzt sagen?“, fragten verunsicherte Fahrer ihre Ingenieure an der Box, als sie zum Beispiel um eine Auskunft zu bestimmten Sektorzeiten baten. Und Lewis Hamilton bekam von seinen Technikern zu hören: „Lass uns das nachher besprechen, wenn du wieder in der Box bist.“ Überall herrschte ein bisschen Unsicherheit, was denn nun wirklich über den Funkverkehr noch gesagt werden darf. Und was genau unter den Begriff „unerlaubte Hilfen für den Fahrer“ fällt und damit verboten ist.

Dabei hatte Charlie Whiting extra ein Papier mit 18 nun verbotenen Punkten verschickt. Der Rennleiter des Automobil-Weltverbands (Fia) wollte so das Durcheinander ordnen, das die Regeländerung ausgelöst hatte. Seinen Ursprung hat das Chaos bei Bernie Ecclestone. Der Formel-1-Chef hatte die sich häufende Kritik der Fans vernommen, wonach die Fahrer nur noch Befehle der Ingenieure ausführen würden. Ecclestone forderte deshalb, den Funkverkehr zwischen Box und Piloten weitgehend zu unterbinden. Im Grundgedanken sicher nicht verkehrt, schaut man sich die Reaktionen des Formel-1-Publikums auf die derzeitige Entwicklung der Rennserie insgesamt an.

Wie es aber danach weiterging, legt den Blick auf einige grundsätzliche Probleme der Formel 1 offen. Whiting, ein alter Ecclestone-Kumpel aus gemeinsamen Zeiten beim Rennstall Brabham, befolgte die Order seines Chefs prompt. Anfang der Woche teilte er den Rennställen mit, dass ab sofort alle Funkhinweise, die den Fahrern „Hilfestellung“ geben könnten, verboten seien. Offenbar vergaßen Whiting und Ecclestone aber, über alle Konsequenzen im Detail nachzudenken.

Kritik aus dem Fahrerlager

So waren auch Motor- und Getriebeeinstellungswerte sowie Angaben über den Sprit- und Energieverbrauch mit in das Verbot eingeschlossen. Wie das in der Praxis angesichts der heute hochkomplizierten Technik funktionieren sollte, war vielen Fahrern von Anfang an schleierhaft. „Wir fliegen die vielen Ingenieure, die wir in der Box haben und die die Daten analysieren, die uns durchgegeben werden, ja nicht zum Spaß um die Welt“, sagte Weltmeister Sebastian Vettel kopfschüttelnd. „Wenn die das so durchgezogen hätten, dann hätte das ein ziemliches Chaos gegeben“, glaubt auch Adrian Sutil.

Um zum Beispiel innerhalb der erlaubten Energiemengen zu bleiben, die pro Runde aus dem Hybridsystem abgerufen werden dürfen, benötigen die Fahrer bestimmte Daten, deren Weitergabe verboten wurde. Zahlreiche nachträgliche Disqualifikationen hätten die Folge sein können. „Da haben sich ein paar alte Männer, die nie ein Formel-1-Auto gefahren sind und auch nicht wirklich verstehen, wie ein heutiges funktioniert, irgendetwas ausgedacht“, ärgerte sich der Williams-Pilot Felipe Massa.

Regeländerungen teilweise zurückgenommen

In einem mehrstündigen Meeting vor dem Großen Preis von Singapur konnten die Teammanager schließlich auch die Fia von dieser Sichtweise überzeugen. Die Neuregelung wurde in weiten Teilen zurückgenommen. Bis Saisonende 2014 bleiben nun nur „direkte Hilfen“ für die Fahrer verboten, die zu einem Zeitgewinn und Vorteilen gegenüber den Konkurrenten führen könnten. Technische Hinweise wie Motoreinstellungen, Batterieladezustände, Energieverbrauch, aber auch Sicherheitswarnungen etwa zu Brems- und Reifenproblemen sind erst einmal weiter erlaubt. Einer der Gründe: Fünf Teams, darunter auch Red Bull, haben derzeit relativ kleine Lenkrad-Displays, auf denen eine Anzeige aller entscheidenden Daten, die die Fahrer dann selbst abrufen und auswerten müssten, gar nicht möglich wäre. Wettbewerbsverzerrung, steigende Kosten und auch Sicherheitsrisiken wären die Folge gewesen.

Komplettes Verbot ab 2015

Ab 2015 soll dann aber das komplette Verbot greifen. Bis dahin könnten sich die Teams auf die neuen Regeln einstellen und ihre Displays dementsprechend anpassen, argumentiert die Fia. Wozu das dann bei der heute nun einmal sehr komplizierten Technik führen wird, ist allerdings eine andere Frage. „Das Risiko, dass Unfälle passieren, weil Fahrer zu sehr damit beschäftigt sind, ständig irgendwelche Daten am Lenkrad auszulesen, ist natürlich nicht auszuschließen“, meint Sutil. Dabei erzählt die Fia in ihren Sicherheitskampagnen doch gerade jungen Auotofahrern immer wieder, im Straßenverkehr doch bitte ihre Hände und Augen nicht auf ihre Smartphones zu richten.

Bernie Ecclestone möchte offenbar sogar noch über das Funkverbot hinausgehen und auch die Telemetrie verbieten – also die Datenübertragung vom Auto zur Box, seit den 80ern ein immer weiter verfeinerter Standard. Wie das dann noch zum gerade von den in der Formel 1 vertretenen Herstellern geforderten High-Tech-Standard in der Königsklasse passen soll? Das wäre dann die nächste Frage.

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