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Der Vorfahre. Bernd Rosemeyer steuert 1936 beim Grand Prix in Monza einen Boliden der Auto Union. Im staatlichen Automobilkonzern Auto Union war auch die Firma Audi aufgegangen.

© IMAGO

Formel 1: VW könnte mit Audi Red Bull ablösen: "Die wollen vom ersten Tag an gewinnen"

Konkurrenz für die etablierten Rennställe in der Formel 1? VW könnte mit Audi einsteigen und Red Bull ablösen - es wäre ein neues Szenario. Gedankenspiele gibt es schon - trotz großer Risiken.

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Luca di Montezemolo ist zwar nicht mehr der Präsident von Ferrari, aber er kennt immer noch ein paar einflussreiche Leute im Motorsport. Anfang der Woche zeigte er sich jedenfalls gut informiert über die Formel 1. Im Interview mit „La Repubblica“ ging di Montezemolo nicht nur auf sein einstiges Team ein, sondern auch auf Red Bull. Der Frust beim einstigen Weltmeister-Rennstall über Motorenpartner Renault hat inzwischen ein Ausmaß erreicht, das Ausstiegsszenarien auf beiden Seiten nach sich zieht. „Red Bull ist implodiert“, sagte di Montezemolo und verriet geheimnisvoll: „Ein gemeinsamer Freund hat mir erzählt, dass Mateschitz das Team verkaufen und Audi davon überzeugen will, einzusteigen.“

Die Worte des italienischen Edelmanns sind ein weiterer Hinweis, dass ein lange verbreitetes Gerücht recht konkrete Züge annimmt: der Formel-1-Einstieg des Volkswagen-Konzerns. Im Zentrum steht dabei offenbar die VW-Marke Audi. Bei dem mysteriösen „Freund“ könnte es sich denn auch um Stefano Domenicali handeln. Unter di Montezemolo war er Formel-1-Teamchef bei Ferrari, im April 2014 ging Domenicali dann überraschend zu Audi. Seither arbeitet er eher im Verborgenen – offiziell im Geschäftsfeld mit der vagen Bezeichnung „Dienstleistung und Mobilität“, das eigens für den Italiener geschaffen wurde. Offenbar hat Domenicali eine Dienstleistung bereits erbracht. Es heißt, er habe eine Machbarkeitsstudie für ein Formel-1-Projekt der Ingolstädter ausgearbeitet.

Gedankenspiele gibt es schon

Ob diese Gerüchte denn stimmen, wollte die britische Zeitung „Auto Express“ von Audi-Vorstandschef Rupert Stadler wissen. Statt eines Ja oder Nein auf die Frage, ob Audi in den nächsten fünf Jahren in die Formel 1 einsteige, erklärte Stadler: „Das kann ich nicht beantworten.“ Sein Nachfolgesatz deutet jedoch darauf hin, dass sich Audi zumindest im Evaluationsstadium befindet: „Wir schauen uns das an, wie viele andere Dinge auch, die wir immer im Auge haben. Aber ich kann nicht Ja oder Nein sagen.“

Es gibt also zumindest Gedankenspiele, und Verhandlungen mit Red Bull laufen offenbar auch bereits. Angeblich hat der Getränkepatriarch Dietrich Mateschitz dem VW-Konzern sogar schon eine konkrete Ablösesumme von 300 Millionen Euro für sein Team genannt. Gerhard Berger, der in der Formel 1 sehr gut vernetzt ist, glaubt nicht, dass das Geld das Problem wäre. „Wenn sich VW entschließt, in die Formel 1 zu kommen, dann wollen die vom ersten Tag an gewinnen“, sagt der frühere Formel-1-Pilot. „Das geht nur mit einem Super-Team“, und das beste aller verfügbaren Teams sei Red Bull. Ein Rennstall wie den von Red Bull zu bekommen und zu übernehmen, würde den Motorenhersteller „so auf die Überholspur bringen, dass VW da sicherlich kein Preisthema daraus machen würde. Da geht es nur um Erfolg oder Misserfolg.“

Großes finanzielles Risiko

Ein Einstieg Volkswagens in die Formel 1 ist aber eher mittelfristig realistisch. Insider wollen zwar wissen, dass in Wolfsburg bereits ein mehr oder weniger fertiger Formel-1-Motor existiert. Große Teile der aktuellen Hybrid-Technologie sind im Konzern vorhanden, unter anderem durch das Engagement von Audi und Porsche in der Langstrecken-WM WEC. Beide Marken verfügen zudem über eine Formel-1-Geschichte, Audi etwa könnte an die große Auto-Union-Tradition zu Bernd Rosemeyers Zeiten anknüpfen. Am Beispiel Honda ist aber zu sehen, dass die Konstruktion eines leistungsfähigen Formel-1-Antriebs bei der derzeitigen, komplizierten Hybridformel deutlich mehr Zeit benötigt als zu früheren Zeiten.

Außerdem ist da das Vakuum an der Spitze des Volkswagen-Konzerns nach dem Machtkampf zwischen Ferdinand Piëch und Martin Winterkorn. In dieser Transformationszeit wird sich Vorstandschef Winterkorn sicher nicht zuerst an einem Projekt die Finger verbrennen wollen, das keine schnellen Erfolge garantiert und ein großes finanzielles Risiko birgt. Zumal auch der angebliche Rennsportfan Winterkorn genau verfolgen wird, ob die unter Zuschauer- und Teamschwund leidende Formel 1 ihr Image wirklich zu verbessern vermag. Kurz: Vor 2017 oder sogar 2018 dürfte eine VW-Marke kaum in die Formel 1 einsteigen.

Das größte interne Hindernis aber ist überwunden: Ferdinand Piëch. Der entthronte VW-Lenker schloss den Gang in die Formel 1 aufgrund einer Fehde mit dem Grand-Prix-Chefvermarkter Bernie Ecclestone stets kategorisch aus. Prinzipiell ist der Weg für eine VW-Marke in die Formel 1 also frei.

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