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Blick für das Besondere. Sebastian Vettel verfügt über ein extrem großes Aufnahmepotenzial. So konnte er auch während des Trainings für den Großen Preis von Singapur viele wichtige Dinge wahrnehmen, ohne sich ablenken zu lassen. Foto: Roslan Rahman/AFP

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Formel 1: Warum Sebastian Vettel in Singapur zu Hause ist

Formel-1-Pilot Sebastian Vettel liegt die Strecke in Singapur besonders - nun ist er bei seinem Lieblingsrennen auf einen Sieg angewiesen.

Boris Becker nannte Wimbledon immer sein „Wohnzimmer“, für Michael Schumacher war die Rennstrecke von Spa-Francorchamps sein zweites Zuhause. Viele Sportler haben eine Liebe zu einem ganz bestimmten Ort entwickelt, an dem sie ganz besondere Erfolge feierten. Für Sebastian Vettel ist Singapur so ein magischer Ort, einer, an dem er Jahr für Jahr immer wieder herausragende Leistungen in der Formel 1 abliefert – schon zu Red-Bull-Zeiten, aber auch danach. 2015 holte er in Singapur seinen vierten Sieg im insgesamt achten Rennen, das dort ausgetragen wurde. Über das gesamte Wochenende zeigte er eine überragende Dominanz, obwohl damals die Mercedes-Silberpfeile eigentlich allen überlegen waren. 2016 dann fuhr Vettel nach einem technischen Defekt im Qualifying, durch den er von ganz hinten starten musste, mit einer bemerkenswerten Aufholjagd noch auf Platz fünf nach vorne.

Warum Sebastian Vettel in Singapur immer so besonders gut ist, kann er sich selbst nicht recht erklären. Er fühle sich auf dem Kurs einfach extrem wohl, sagt er. Und das könnte an diesem Sonntag (14 Uhr/RTL) besonders wichtig werden. Denn der Grand Prix ist vielleicht Vettels letzte Chance, in dieser Saison doch noch in das Rennen um den Titel eingreifen zu können. „Wenn die Chance da ist, sollten wir sie ergreifen“, sagt er. „Man unterschätzt die kleinen Details, die da zusammenkommen müssen.“ Auf die Details kommt es in Singapur besonders an.

Die schwierige, lange Strecke verzeiht keinen Fehler. Dazu fordert die Hitze, die hohe Luftfeuchtigkeit und das mit zwei Stunden längste Rennen des Jahres die Fahrer besonders. Faktoren, die Vettel liebt. „Es ist wohl der anspruchsvollste Grand Prix des Jahres, eine riesige Herausforderung, auf die man sich immer einerseits sehr freut“, sagt er. „Andererseits will man gar nicht unbedingt beginnen, weil es eben so anspruchsvoll ist.“ Nachtrennen liegen Vettel grundsätzlich auch sehr gut: „Ich komme mit der künstlichen Beleuchtung gut klar.“

Der Kurs in Singapur kommt Ferrari entgegen

Der Kurs von Singapur überflutet die Fahrer – speziell in der Nacht – durch die zusätzlichen Lichteffekte mit unglaublich vielen Eindrücken. Vettel kommt zugute, dass er anscheinend über ein extrem großes Aufnahmepotenzial verfügt. Er kann neben dem direkten Fahren viele wichtige Dinge wahrnehmen, ohne sich von seiner eigentlichen Aufgabe ablenken zu lassen. Als ihm 2015 ein sturzbetrunkener Fan während des Rennens fast vor das Auto lief, registrierte er sogar, dass der Mann dabei ein Handy in der Hand hatte und Fotos machte. Andere Piloten hatten beim Vorbeifahren nicht einmal bemerkt, dass überhaupt jemand auf der Strecke war.

Rein technisch gesehen, könnte es auch eine Rolle spielen, dass Singapur durch seine Charakteristik und seinen Asphalt als Strecke gilt, auf der die Reifen nur in einem sehr schmalen Temperaturfenster optimal funktionieren. Die Ingenieure, die mit Vettel arbeiten und gearbeitet haben, sagen ihm jedenfalls ein besonders gutes Gefühl für den Umgang mit den Reifen unter schwierigen Bedingungen nach. So gelten Vettel und Ferrari auch in diesem Jahr in Singapur wieder als Favorit, obwohl Mercedes zuletzt in Monza doch arg überlegen war.

Aber die Charakteristik des Straßenkurses entspricht viel mehr der von Monaco oder Ungarn, wo Ferrari in diesem Jahr die eigenen Stärken immer voll ausspielen konnte, während Mercedes eher schwächelte. Mag sein, dass das auch daran liegt, dass der 17 Zentimeter längere Radstand der Silberpfeile dann, wenn es so eng wird, eher ein Nachteil ist. Außerdem kann Mercedes auf langsamen Kursen eben doch nicht so sehr vom immer noch vorhandenen Leistungsvorteil seines Motors profitieren. Auch die Bosse der Silberpfeile, Toto Wolff und Niki Lauda, sehen Vettel und Ferrari deshalb wieder in der Favoritenposition. „Wir müssen da Schadensbegrenzung betreiben“, sagte Mercedes-Aufsichtsratschef Niki Lauda sogar.

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