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© dpa

Formel 1: Weltmeister – für ein halbes Rennen

Mit dem Formel-1-Titel vor Augen strandet Lewis Hamilton im Kies – nun kommt es zum großen Finale in Brasilien.

Es lief die 31. Runde im Grand Prix von China, als sich ein Hinterreifen und viele Träume auflösten. Die Lobeshymnen auf den jüngsten, den ersten schwarzen und den ersten Neuling als Formel-1-Weltmeister waren schon vorbereitet, als Lewis Hamilton – fast schon auf der Felge fahrend – der Boxengasse entgegen schlingerte, dabei ins Kiesbett schlitterte und stecken blieb. Der designierte neue Held der Formel 1, nicht nur der absolute Wunschweltmeister des Grand-Prix-Moguls Bernie Ecclestone, entstieg seinem McLaren-Mercedes fassungslos und musste fortan mitansehen, wie seine ärgsten WM-Rivalen den Sieg unter sich ausmachten. Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen gewann in dem bei Regen gestarteten, dann aber im Trockenen beendeten Rennen am Ende ungefährdet vor Hamiltons Teamkollegen, dem amtierenden Weltmeister Fernando Alonso, und Felipe Massa im zweiten Ferrari. „Das ist ein sehr gutes Ergebnis für mich“, sagte Hamiltons Teamkollege und Intimfeind Alonso. Der Spanier und Räikkönen liegen in der WM nun nur noch vier beziehungsweise sieben Punkte hinter Hamilton – damit kommt es im letzten Saisonrennen in zwei Wochen in Brasilien zum großen Dreikampf. „Das ist eine bittere Enttäuschung für mich und das Team“, sagte Hamilton nach seinem ersten Ausfall der Saison.

Beide Parteien hatten an dem verpassten Titel gleichermaßen Anteil. Von Reifenhersteller Bridgestone hatte McLaren fünf Runden vor dem fatalen Ausrutscher bereits eine Warnung erhalten, Hamilton doch hereinzuholen, da sich ein Problem anbahne. Doch das Team ließ den 22-Jährigen auf der Strecke. „Lewis wollte dieses Rennen unbedingt gewinnen“, gab McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh zu. „Deshalb wollte er so lange wie möglich draußen bleiben, um dann bei der abtrocknenden Strecke gleich auf Trockenreifen wechseln zu können.“ Man habe aber „eine Runde zu lang“ gewartet. Hamilton gab später zu, dass „ich einen Fehler gemacht habe“. Er musste sich von Mercedes-Sportchef Norbert Haug trösten lassen, der trotzig verkündete: „So kommt es jetzt eben in Sao Paulo zum großen Finale.“ Auch Hamilton gab sich nach der ersten Enttäuschung kämpferisch: „Keine Sorge, ich kann es noch schaffen.“

Doch viel besser als in Schanghai, wo Hamilton ein halbes Rennen lang scheinbar ungefährdet dem Weltmeistertitel entgegen fuhr, können die Voraussetzungen in Brasilien gar nicht sein. Im Gegenteil: Das Rennen in Sao Paulo ist bekannt dafür, vor allem im Hinblick auf das Wetter auch mal ins Chaos abzudriften. Darauf hofft vor allem Fernando Alonso, der sich „unter normalen Umständen“ kaum eine Chance ausrechnet, den Titel doch noch zu holen: „Vier Punkte auf Lewis gutzumachen, das ist sehr schwierig.“

Wohl auch deshalb, weil der abwanderungswillige Spanier davon ausgehen muss, dass er natürlich allen Beteuerungen von Chancengleichheit der Teamkollegen zum Trotz nicht der Lieblingskandidat der McLaren-Führung für den WM-Titel ist. Er hoffe, dass er in Brasilien über das gesamte Wochenende eine gute Leistung zeigen könne, sagte Alonso – eine Anspielung auf den aus seiner Sicht unerklärlichen Rückstand zu Hamilton in der Qualifikation in Schanghai.

Dennoch könnte gerade unter widrigen äußeren Bedingungen in Sao Paulo der Fall eintreten, dass McLaren trotzdem auf Alonso setzen muss, um den Titel noch gegen Räikkönen zu verteidigen. Für Alonso, der in Schanghai sein Team heftiger als je zuvor kritisierte und McLaren-Chef Ron Dennis gar der Lüge bezichtigte, wäre das wohl die größte Genugtuung – für die Teamführung ein Fiasko. Ganz unverblümt gab Dennis nach dem Rennen zu: „Unser Hauptgegner war heute nicht Räikkönen, wir sind vor allem gegen Alonso gefahren.“

Nicht lange hinter den Titelkandidaten kam Sebastian Vettel nach seinem tränenreichen Aus in Fuji nach einer Glanzvorstellung und einer fehlerfreien Fahrt mit perfekter Strategie sensationell als Vierter und bester Deutscher ins Ziel. Nick Heidfeld kostete eine falsche Entscheidung drei oder vier Plätze. „Ich habe mir beim ersten Stopp noch einmal Regenreifen geben lassen, weil es da gerade wieder anfing – aber das ging nur für ein paar Runden, dann musste ich doch wieder rein und mir Trockenreifen holen“, ärgerte sich der BMW-Pilot, der nur als Siebter ins Ziel kam. BMW-Teamchef Mario Theissen wusste: „Es wäre besser gewesen, mit den stark abgefahrenen Regenreifen noch ein bisschen draußen zu bleiben, das hätte Nick von der Spritmenge her machen können.“ Williams-Fahrer Nico Rosberg kostete ein platter Reifen viel Zeit, so dass er nur als 16. ins Ziel kam. Ralf Schumacher (Toyota) und Adrian Sutil (Spyker) schieden nach Drehern aus.

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