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Jung, aber erfahren. In Berlin ist die 26 Jahre alte Jana Teschke die drittälteste Spielerin im deutschen Team.

© imago/Beautiful Sports

Four Nations Cup in Berlin: Jana Teschke: Von der Mitläuferin zur Macherin

Jana Teschke hat aus ihrer Ausbootung aus der Hockey-Nationalmannschaft gelernt. In Berlin ist die 26-Jährige nun die drittälteste Spielerin.

Jana Teschke hat eigentlich schon früh gelernt, dass man kräftig anpacken muss, wenn man zur deutschen Hockey-Nationalmannschaft gehören will. Bei den Olympischen Spielen 2012 in London stand sie zwar im Kader, befand sich allerdings nur im Besitz einer sogenannten P-Akkreditierung. Das heißt, sie wäre nachnominiert worden, wenn sich eine andere Spielerin im Laufe des olympischen Turniers verletzt hätte. Für Teschke gab es damals nicht einmal ein Bett im olympischen Dorf, stattdessen musste sie jeden Tag 40 Minuten mit der Bahn aufs Land rausfahren, wo sie in einem dunklen Loch untergebracht war. Nach drei Tagen hatten Teschke und ihre Leidensgenossin Kristina Reynolds genug von diesem Leben: Sie besorgten sich eine Matratze, stellten in den Appartements ihrer Mitspielerinnen ein paar Sessel zusammen und wohnten fortan ebenfalls im olympischen Dorf.

Die Erfahrung, dass man kräftig anpacken muss, um zur Nationalmannschaft zu gehören, hat Jana Teschke vor drei Jahren noch einmal gemacht – im übertragenen Sinne. Nachdem sie bei Olympia 2012 zumindest noch auf der Tribüne gesessen hatte, flog sie nach Platz acht bei der Weltmeisterschaft 2014 sogar komplett aus dem A-Kader. Bundestrainer Jamilon Mülders hatte genug von Teschke, die ihre Fähigkeiten viel zu selten abrufen konnte und in der Nationalmannschaft mehr so nebenherlief. Die Mittelfeldspielerin vom deutschen Feld-Meister Uhlenhorster HC aus Hamburg verpasste dadurch die Champions Trophy und die Hallen-WM im eigenen Land.

Das sei „schon scheiße“ gewesen, erinnert sich Teschke an diese Zeit. Aber es habe in ihrer A-Kader-Karriere nun mal gewisse Höhen und Tiefen gegeben, sagt sie. „Ich hatte viele Phasen, die mich aus der Bahn geschmissen haben.“ Da war zum Beispiel ganz am Anfang ihrer Zeit in der Nationalmannschaft der Kreuzbandriss, den sie sich im März 2010 bei einem Lehrgang in Argentinien zugezogen und der sie die Teilnahme an der WM ein paar Monate später gekostet hat. Entscheidend ist, dass sie die richtigen Schlüsse aus solchen Rückschlägen gezogen hat.

Gegen Südkorea leitete Teschke den Siegtreffer ein

Nach der Ausbootung durch Bundestrainer Mülders stand die Hamburgerin vor der Frage, ob sie sich einfach damit abfinden solle ,oder ob sie es nun erst recht noch mal wissen wolle. „Ich habe mich für den zweiten Weg entschieden – weil ich Bock habe, hier mitzuspielen“, sagt Jana Teschke. „Und es hat sich gelohnt.“ Wenn es das überhaupt noch gebraucht hat, dann gab es vor zwei Jahren ein Erweckungserlebnis. Teschke war es, die ihrer Mannschaft mit einem verwandelten Penalty die Qualifikation für Olympia bescherte. Locker leicht umkurvte sie Argentiniens Torhüterin und schob den Ball quasi von hinten über die Linie. Danach schien Teschke erst einmal einen Moment zu brauchen, um das alles zu begreifen.

Im deutschen Kader für den Four Nations Cup in Berlin ist die 26-Jährige die drittälteste Spielerin mit den drittmeisten Länderspielen. „Dadurch habe ich eine ganz andere Rolle“, sagt sie. Das Team ist jung und unerfahren, die Hälfte der Spielerinnen ist 21 oder jünger. Da bleibt es gar nicht aus, dass Teschke mehr und mehr in die Rolle als Führungsspielerin hineinwächst.

Inzwischen gelingt ihr das immer besser. „Sie ist von der Mitläuferin zur Macherin geworden“, sagt der Bundestrainer. „Sie hat sich einmal komplett gedreht.“ Teschke habe jetzt verstanden, worauf es ankommt: Es sei nicht wichtig, welche Rückennummer man trägt und welchen Status man hat; es sei wichtig, wie man der Mannschaft am besten helfen kann. „Sie macht einfach jede Drecksarbeit.“

Am Donnerstag zum Auftakt des Turniers in Berlin gegen Irland (1:2) hat sie nach einer abgewehrten Strafecke sogar ein Tor aus dem Feld heraus erzielt, was ihr nicht allzu oft passiert. Dafür war sie auch am ersten Gegentor beteiligt, als ihr im Mittelfeld der Ball versprang und die Irinnen so schnell konterten, dass selbst Teschke nicht mehr hinterherkam. Dabei sagt sie selbst von sich: „Eine meiner stärksten Stärken ist die Schnelligkeit.“ Inzwischen besitzt sie auch die Fähigkeit, das Spiel schnell zu machen. Früher habe sie relativ viel den Ball übers Feld geschleppt, sagt sie. In der Bundesliga kann man das durchaus mal machen, auf internationalem Niveau aber ist es nur selten zielführend. Teschke spielt den Ball jetzt meistens schnell und direkt, was für ihr verbessertes Spielverständnis spricht. Beim 3:2 gegen Südkorea am Freitagabend leitete sie 140 Sekunden vor Schluss den Siegtreffer durch die 17 Jahre alte Camille Nobis ein.

Vor einem Jahr hat Jana Teschke noch gedacht, dass sie in diesem Herbst ihr Referendariat als Gymnasiallehrerin für Sport und Englisch anfangen würde. Inzwischen hat sie ein wenig umgeplant. Im Herbst, nach dem World-League- Halbfinale in Johannesburg und der EM in Amsterdam wird sie für zwei Monate nach Australien und Neuseeland fliegen, um dort Hockey zu spielen. Das Referendariat soll dann ein Jahr später beginnen – nach der Weltmeisterschaft in London.

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