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Sport: Frankfurt - Bayern: Friedhofsruhe im Waldstadion

Diesmal war alles anders in Frankfurt. Die Polizei hatte einen ruhigen Nachmittag.

Diesmal war alles anders in Frankfurt. Die Polizei hatte einen ruhigen Nachmittag. Keiner randalierte, keiner wollte dem Trainer an den Kragen, die Spieler konnten früh heim, keiner pfiff. Es herrschte Friedhofsruhe im Waldstadion. Dabei waren dort 57 000 Zuschauer, und die Eintracht steckt im Abstiegskampf weit unten im Keller. Und auch der Gegner konnte nicht wirklich klagen über unfaire Attacken, die Schiedsrichter Jürgen Jansen hätte unbedingt ahnden müssen. Friedel Rausch seufzte nach dem 0:2 gegen Bayern München: "Das war ein gewaltiger Rückschritt für uns. Die Mannschaft wird sich morgen von mir einiges anhören müssen. Ich freue mich schon aufs Training." Das war natürlich geschwindelt. In Frankfurt freut sich kaum noch einer - 29 Punkte, das neunte Spiel ohne Sieg, die dritte Niederlage unter dem neuen Trainer.

Zum Thema Bundesliga aktuell: Ergebnisse und Tabellen Tipp-Spiel: Wer wird Deutscher Meister? Während der Woche hatten sie alles versucht. Der Vorstandsvorsitzende Steven Jedlicki hatte sogar Frankfurter Journalisten zum Krisengespräch geladen und gefragt, was er denn tun solle, damit es besser werde und wer denn Trainer werden solle. Dabei mehren sich die Gerüchte, Werner Lorant von 1860 München habe schon längst für die nächste Saison unterschrieben. Besonders aufmerksam können die Eintrachtler ihren Kritikern nicht zugehört haben. "Wir haben kein Mittel gefunden. Die haben uns eingeschläfert", klagte Eintrachts Torwart Dirk Heinen später. An der Mittellinie schoben sich Bayern-Libero Patrick Andersson und Bixente Lizarazu den Ball unter den staunenden Blicken der Frankfurter zu. "Wenn man nicht mal eine Gelbe Karte bekommt ...", schimpfte Rausch.

So konnten die Bayern "ein ruhiges Spiel aufziehen" (Mehmet Scholl) und sogar mit ihrer B-Auswahl ohne Effenberg, Elber, Jeremies und Jancker antreten. Gute 25 Minuten lang spielten sie vor sich hin, bis Lizarazu statt zurück zu Andersson nach vorn auf Scholl spielte. Der umkurvte den hölzernen Torsten Kracht und schob den Ball zum 1:0 ins Tor. "Wir konnten jetzt kontern und die Defensive stärken", sagte Trainer Ottmar Hitzfeld. Die müden Champions-League-Kicker aus München konnten sich schonen. "Wenn wir nach einem Rückstand sehr viel hätten laufen müssen, hätten wir hier nicht gewonnen", meinte Scholl. Es reichte der Schongang. Und selbst ein so leicht erregbarer Charakter wie Manager Uli Hoeneß konnte sich wieder beruhigen. "Ein enormer Schritt nach vorn", sagte er. Hoeneß sprach sogar von Panik, die ihn ergriffen habe vor dem Spiel. "Wir können nicht mit Sorgen um die Champions League in die Spiele gegen Real Madrid gehen. Ich bin sehr froh, dass wir die vielen Ausfälle verkraftet haben. Der psychische Druck war enorm".

Von Panik kann bei der Eintracht keine Rede sein. Friedel Rausch telefonierte erst einmal mit seiner Frau, die ihm aus dem fernen Luzern bestätigte, dass er eine schwere Aufgabe übernommen habe. "Wir haben es schon oft am letzten Spieltag geschafft, das können wir auch diesmal", meinte Thomas Reichenberger. "Von Aufgabe will ich noch nicht sprechen", meinte Torwart Heinen, und es klang wie bei allen anderen auch eher wie das Pfeifen im dunklen Wald. Auf dem Feld freilich sah das anders aus. Auch bei Michael Tarnats 2:0 per Kopf in der 90. Minute nach einer Flanke von Hasan Salihamidzic. "Die älteren Spieler waren kein Vorbild", sagte Rausch. "Da war kein Biss, kein Druck, da war fast gar nichts. Einige müssen endlich kapieren, um was es geht." So hört sich keiner an, der an die große Wende glaubt; vor allem, weil sie nächste Woche in Berlin antreten müssen.

Die Bayern "gehen jetzt erst einmal ins Bett und schlafen", sagte Torwart Oliver Kahn. Müde vom Spiel in Frankfurt? "Sicher nicht", sagte Kahn grinsend. "Wir haben vorgelegt", meinte Mehmet Scholl. "Wir sind wieder dabei und haben es diesmal sogar nach einem Champions-League-Spiel geschafft zu gewinnen."

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