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Traum von europäischen Nächten. Trainer Armin Veh vergleicht das Erreichen der Europa League mit der Meisterschaft 2007, die er überraschend mit dem VfB Stuttgart gewann. Ein Sieg in Bremen würde Frankfurt den ersten Europapokalplatz seit 1994 sichern.

© dpa

Frankfurt gegen Bremen: Wieder laute Töne am Xylophon

Eintracht Frankfurt war in der Hinrunde die Sensation der Liga, doch als das Saisonziel 40 Punkte erreicht war, wurde es ruhig. Mit einem Sieg in Bremen könnte Frankfurt nun die Europa-League-Qualifikation perfekt machen - und müsste trotzdem leise feiern.

Eintracht Frankfurt hat ja durchaus Fans, die sich in der Vergangenheit einiges zuschulden kommen lassen haben, da kann der SV Werder Bremen nicht vorsichtig genug sein. In einem Brief teilten die Bremer den Frankfurter Fans also mit, dass sie keine Blockfahnen mit ins Weserstadion bringen dürften – und keine Xylophone. Die Anhänger wollten eigentlich zur Unterstützung der Eintracht ein „vollwertiges Konzertxylophon“ im Gästeblock anmelden. Aus Sicherheitsgründen wurde der Wunsch abgelehnt, schließlich könne das Instrument Flucht- und Rettungswege versperren.

Vielleicht wollten die abstiegsgefährdeten Bremer auch einfach nicht in die Verlegenheit kommen, sich anzuhören, wie die Frankfurter glockenhell die Europahymne „Ode an die Freude“ anschlagen – oder gar die Champions-League-Melodie. Denn mit einem Sieg in Bremen wäre Frankfurt für die Europa League qualifiziert. Selbst die Champions League wäre noch in Reichweite, falls der Tabellenvierte Schalke schwächelt. Zwei Punkte aus den letzten beiden Spielen reichen den Frankfurtern praktisch schon, um sich erstmals seit 19 Jahren über die Liga für den Europapokal zu qualifizieren.

„Das würde dieses Jahr krönen. Es wäre etwas Außergewöhnliches für die Fans und für uns“, sagt Trainer Armin Veh. Die Europa-League-Teilnahme mit einem Aufsteiger wäre für ihn „so ähnlich wie die Meisterschaft 2007 mit dem VfB Stuttgart“, die Veh ebenfalls überraschend gewann. Und für Frankfurt hätte es laut Veh schon eine andere Qualität als 2006, als sich die Eintracht, damals ebenfalls Aufsteiger, über ein verlorenes Pokalfinale zuletzt für den Europapokal qualifizierte.

Für eine erneute Sensation hat Vehs Elf gerade rechtzeitig ihre Form wiedergefunden. In der Hinrunde hatte sich Frankfurt mit angriffslustigem Kombinationsfußball laut in der Liga zurückgemeldet und war bis auf Platz vier gestürmt. In der Rückrunde wurde es leiser, die Eintracht schoss bis zum vergangenen Wochenende die wenigsten Rückrundentore. Den Stürmern Occean, Lakic und Matmour schien das Spiel der eigenen Mannschaft zu schnell zu sein, Leistungsträger wie der umworbene Sebastian Rode verloren ihre Leichtigkeit, Torwart Kevin Trapp brach sich die Hand bei einem Werbedreh mit der U21-Nationalelf. Veh selbst sorgte für Unruhe, als er erst spät die Spekulationen um einen Wechsel zu Schalke 04 mit seiner Vertragsverlängerung beendete. Zudem stellte er die Mannschaft vorsorglich defensiver ein. Sein Kader sei zu klein, um Formschwankungen und Verschleiß zu kompensieren, klagte er.

Die ganze Saison über hing ein Zettel in der Kabine, darauf stand: 40 Punkte

Die ganze Saison über hing ein Zettel in der Kabine, darauf stand: 40 Punkte. Als das Saisonziel erreicht war, wurde es auch symbolisch geändert, ein kleiner Europapokal aufgehängt. Die neue Aussicht schien die Spieler eher zu blockieren.

Veh verzichtete nach enttäuschenden Auftritten darauf, herumzutönen, Spieler mit Straftraining oder wütenden Ansprachen aufzurütteln. „Ich kann nicht jeden Tag über gewonnene oder verlorene Zweikämpfe grübeln“, sagt der 52-Jährige. Er gehe anders mit Dingen um, sei älter und erfahrener geworden. „Mit dem Spruch, die Spieler müssen Gras fressen, kann ich nichts anfangen, das ist populistischer Krampf.“ In der Ruhe fand er im kleinen Kader plötzlich doch noch Alternativen – und Solisten. Einen bald 39-Jährigen wie Ersatztorwart Oka Nikolov, der mit einem gehaltenen Elfmeter die Wende einleitete. Oder einen 17-Jährigen wie Marc Stendera, der ein Siegtor vorbereitete.

Plötzlich spielte der Rest des Orchesters rhythmisch wie in der Hinrunde. Wie Rode, der erleichtert aufdreht, seitdem der 22-Jährige angekündigt hat, den Verein 2014 zu verlassen, vermutlich Richtung Bayern München. Oder Alexander Meier, der seinen zwölf Hinrundentoren zuletzt drei Treffer hinzufügte.

So ruhige Töne Veh gegenüber der Mannschaft anschlägt, so laut tritt er bei der Klubführung auf. „Wenn ich sage, statt drei Millionen benötige ich sechs, sieben Millionen Euro zum Einkaufen, ist das notwendig, um sich in der Bundesliga zu etablieren.“ Weil er den aktuellen Kader für nicht bereit für europäische Belastungen hält, wurden bereits die Freiburger Jan Rosenthal und Johannes Flum verpflichtet. Ohne Verstärkungen laufe man Gefahr, wieder gegen den Abstieg zu spielen, sagt Veh. Er habe das „Gefühl, dass noch mehr gehen könnte oder sogar müsste, mit der Wirtschaftskraft, die hier ist“. Außer Xylophonen, die gehen noch nicht.

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